Wenn man heute ein Steuersystem erfinden würde, gäbe es dort keinen Eigenmietwert. Dazu ist seine Besteuerung zu kompliziert: Der Staat muss den Wert für jede Liegenschaft festlegen, ihn periodisch anpassen, Einsprachen prüfen und Lösungen für Härtefälle finden. Er muss unzählige Rechnungen kontrollieren: Welche Ausgabe für den Unterhalt ist steuerlich abzugsberechtigt, welche nicht? Und das ist nur der administrative Krampf.

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Auch wenn Fachleute es logisch finden, Steuern dafür zu zahlen, dass man im Eigenheim wohnt – die meisten Betroffenen verstehen es nicht. Für sie geht es vor allem um ihr Zuhause, nicht um ein Anlagevehikel. Was sie aber kapieren: Ein System, in dem man den Eigenmietwert mit Schuldzinsen kompensieren kann, belohnt Schuldner. Eigentlich ist es irre: Wer seine Hypothek abbezahlt, ist der Dumme.

Eigenmietwert: Gut für die Banken

Profitieren tun hingegen die Banken. Für sie sind die Hypotheken lukrativ. Und sie machen weitere Geschäfte mit dem Geld, das Eigentümerinnen anlegen können, weil sie ihre Schulden nicht abbauen. Wie immer bei Steuerabzügen profitieren Reiche davon am meisten.

Einst wollte die Linke den Eigenmietwert abschaffen. Heute verteidigt ihn die SP. Diese Kehrtwende hat viel mit der Angst vor Steuerausfällen zu tun. Nur: Ob Eigentümer als Gruppe bei einem Systemwechsel dem Staat künftig weniger, gleich viel oder mehr abliefern, hängt stark vom Zinsniveau ab. Wie das in Zukunft aussieht, weiss niemand.

Nun ist die historische Chance da, ein untaugliches System abzuschaffen. Das ist das Entscheidende.

Hinweis: Beobachter-Redaktor Matthias Pflume ist seit fast zehn Jahren Eigentümer und war zuvor Mieter. Den Eigenmietwert fand er schon damals fragwürdig.