Genug ist genug, findet eine Mehrheit des Nationalrats. Er hat diese Woche einem Boni-Verbot für Banker zugestimmt. Die Spitzen von systemrelevanten Banken sollen in Zukunft keine variablen Vergütungen mehr erhalten. So würden Fehlanreize vermieden, die unter anderem zum Untergang der CS geführt hätten, begründete Prisca Birrer-Heimo (SP) ihren Vorstoss. SP, Grüne und ein Grossteil der Mitte waren dafür, SVP, FDP und GLP wie der Bundesrat dagegen.

Doch kann der Staat privaten Firmen überhaupt vorschreiben, wie sie ihre Angestellten zu entlöhnen haben?

Grundsätzlich ja. Indem das Parlament als Gesetzgeberin ein entsprechendes Gesetz erlässt. Zwar garantiert die Verfassung die Wirtschaftsfreiheit. Ein derartiger Eingriff ist deshalb «nicht unheikel», sagt Thomas Geiser, ehemaliger Professor für Arbeitsrecht an der Universität St. Gallen. In der Schweiz gibt es aber kein Verfassungsgericht Verletzung von Grundrechten Wer kann die Behörden rascher bremsen? , das eine Verletzung der Verfassung ahnden könnte. Darüber hinaus hält Geiser ein Boni-Verbot nicht für verfassungswidrig, «wenn es entsprechend begründet und ausgestaltet wäre».

Boni-Obergrenzen in der EU

Beim Boni-Verbot, das der Nationalrat will, findet das der Professor aber schwierig – vor allem, weil es viele Einschränkungen macht. So soll das Verbot nur für die höchste Chefetage und den Verwaltungsrat systemrelevanter Banken gelten. «Wann genau aber ist eine Bank systemrelevant? Welcher Teil der Bank? Wer bestimmt das?», fragt Geiser. Ist es die UBS AG als Ganzes? Nur die UBS Schweiz? Oder sogar nur ein Bereich davon? All das müsste ein Gesetz festlegen und begründen.

Zwar gibt das Schweizer Bankengesetz (Art. 10 a) heute den Bundesbehörden bereits die Möglichkeit, Boni ganz oder teilweise zu verbieten, wenn die Bank «direkte oder indirekte staatliche Beihilfe erhält». Und auch die EU hat Boni-Obergrenzen für Banken erlassen. Trotzdem hält es Thomas Geiser für unrealistisch, dass es zu einem Boni-Verbot kommt. «Man wird einsehen, wie kompliziert es ist, das umzusetzen, und versuchen, das Problem anders zu lösen.»

Besser Löhne begrenzen?

Der St. Galler Professor bringt eine Neuversion der 1:12-Initiative ins Spiel, die das Stimmvolk 2013 abgelehnt hat. Der höchste Lohn in einer Firma dürfte nicht mehr als das Zwölffache des tiefsten betragen. Das würde die Höhe der Boni automatisch begrenzen. «Die Höhe ist schliesslich das Problem, nicht die Form der variablen Vergütung an sich.» Denn erst ab einer bestimmten Höhe würden Boni Fehlanreize setzen und risikoreiches Verhalten fördern, so Geiser. 

Er ist überzeugt: Ein solches Gesetz wäre deutlich einfacher umsetzbar als ein Boni-Verbot, wie es der Nationalrat wünscht. Zumindest in rechtlicher Hinsicht. Denn das Gesetz würde alle Firmen betreffen. Die Frage ist, ob es auch politisch eine Chance hätte. «Wenn man die Differenz auf 1 zu 30 festlegt, durchaus», glaubt Geiser.

Als Nächstes liegt der Ball nun beim Ständerat. Stimmt auch er dem Boni-Verbot zu, muss der Bundesrat dem Parlament einen Vorschlag ausarbeiten.