Seit Beginn der laufenden Legislatur müssen die Mitglieder von National- und Ständerat angeben, welche ihrer Interessenbindungen bezahlt sind und welche sie ehrenamtlich ausüben. Die Transparenzplattform Lobbywatch hat nun erstmals ausgewertet, wie viele bezahlte Mandate im eidgenössischen Parlament vorhanden sind, welche Parteien davon profitieren und von welchen Branchen diese bezahlten Mandate stammen.

Das Ergebnis: 37 Prozent aller ausserparlamentarischen Tätigkeiten von National- und Ständerat:innen werden von Verbänden oder Unternehmen entschädigt.

Bei den Parteien gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Fraktion Mitte-EVP und der SVP. Bei den National- und Ständerät:innen der SVP sind 47 Prozent aller Mandate bezahlt, bei den Ratsmitgliedern der Mitte 46 Prozent. Auf dem dritten Platz folgt die FDP-Fraktion, in der 38 Prozent der Mandate gegen Entschädigung ausgeübt werden. Die GLP folgt mit 33 Prozent. Deutlich weniger Geld lässt sich für die Mitglieder der SP und der Grünen holen. Sie kommen nur auf 25 (SP), respektive 23 Prozent (Grüne) bezahlte Mandate.

Massives Ungleichgewicht 

Schlüsselt man die bezahlten Mandate nach Branchen auf, zeigt sich folgendes Bild: Firmen und Verbände im Bereich Energie bezahlen am häufigsten Ratsmitglieder für Posten in Verwaltungsräten oder anderen Gremien. 60 Prozent aller Mandate aus der Energiebranche sind entschädigt. Knapp dahinter folgen bei den bezahlten Mandaten die Wirtschaft und die Landwirtschaft mit je 56 Prozent, der Bereich Verkehr mit 46 Prozent und die Gesundheitsbranche mit 45 Prozent.

Am Ende der Rangliste finden sich Mandate aus dem Bereich Umwelt, wo lediglich 18 Prozent aller Engagements gegen Bezahlung ausgeübt werden, sowie Kultur (8 Prozent) und Aussenpolitik/Aussenwirtschaft (3 Prozent).

«Unsere Analyse zeigt erstmals in aller Deutlichkeit auf, dass gewisse Branchen offensichtlich wesentlich mehr Geld einsetzen können, als andere.»

Otto Hostettler, Co-Präsident Lobbywatch

Die Datenanalyse von Lobbywatch zeigt ausserdem, dass männliche Ratsmitglieder wesentlich stärker von bezahlten Engagements profitieren als weibliche. Nur 29  Prozent aller bezahlten Mandate in National- und Ständerat werden von Frauen ausgeübt, dies bei einem Frauenanteil im Parlament von 39 Prozent. Einzig in den Branchen Kultur, Aussenpolitik/Aussenwirtschaft und Soziale Sicherheit haben die weiblichen Ratsmitglieder mehr bezahlte Mandate als die männlichen.

Aus der Lobbywatch-Analyse wird klar, dass in gewissen Bereichen der eidgenössischen Politik ein massives Ungleichgewicht besteht, was die finanziellen Mittel angeht. Weil aufgrund fehlender Transparenzvorschriften keine Aussagen über die Höhe der Entschädigungen möglich sind, lässt sich dieses finanzielle Ungleichgewicht aber nicht beziffern. 

«Unsere Analyse zeigt erstmals in aller Deutlichkeit auf, dass gewisse Branchen offensichtlich wesentlich mehr Geld einsetzen können, als andere», sagt Lobbywatch-Co-Präsident Otto Hostettler: «Zudem zeigt sich, dass bürgerliche Politikerinnen und Politiker wesentlich mehr bezahlte Mandate ausüben als National- und Ständerät:innen auf linksgrüner Seite.» Co-Präsident Thomas Angeli fügt an: «Die bestehenden Transparenzregeln reichen nicht aus, es braucht Transparenz über die Höhe der Entschädigungen.»

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Quelle: Lobbywatch

Dieser Beitrag erscheint hier dank einer Kooperation von Beobachter.ch mit Lobbywatch Schweiz. Lobbywatch Schweiz ist ein nichtkommerzieller Verein und betreibt ein webbasiertes Recherchetool für Medienschaffende sowie einen Blog. Die Plattform Lobbywatch thematisiert Interessenbindungen zwischen National‐ und Ständeräten zu Firmen, Vereinigungen und Institutionen. Gleichzeitig wird der Einfluss dieser Verbände, Organisationen und Firmen analysiert. Die Beobachter-Journalisten Otto Hostettler und Thomas Angeli sind Co-Präsidenten von Lobbywatch. 

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Otto Hostettler, Redaktor
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