Lebensmittel von ausserhalb der EU gibt es fast in jeder Schweizer Küche. Ob Paprika oder Pfeffer, 9525 Tonnen Gewürze wurden im Jahr 2021 in die Schweiz importiert. Das meiste stammt aus dem globalen Süden. 

Wie nun bekannt wurde, enthält jedes dritte importierte Lebensmittel von ausserhalb der EU Pestizidrückstände. Dies zeigt eine Analyse der Nichtregierungsorganisation Public Eye. Sie hat die Daten des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) aus dem Jahr 2021 ausgewertet.

In den 1419 untersuchten Lebensmitteln wurden insgesamt 57 verschiedene Wirkstoffe von Pestiziden nachgewiesen, die hierzulande verboten sind. Besonders häufig wurden die giftigen Substanzen in Gewürzen, Küchenkräutern sowie verschiedenen Gemüse- und Obstsorten gemessen. Überwiegend stammen die Produkte aus Thailand, Indien, der Türkei, China oder Brasilien. Anders sieht es bei solchen aus dem EU-Raum aus. Hier wurden fast keine Spuren verbotener Pestizide gefunden.

Stärkere Importkontrollen

In der Schweiz sieht das Gesetz für Lebensmittel eine faktische Nulltoleranz bei Pestizidrückständen vor. Wenn der Verzehr der behandelten Lebensmittel laut Bundesrat als «gesundheitlich unbedenklich» eingeschätzt wird, kann dies jedoch mit «Einfuhrtoleranzen» umgangen werden. 

Das heisst: Solange für Konsumentinnen keine gesundheitliche Gefahr besteht, wird ein gewisser Wert von Pestizidrückständen in Lebensmitteln toleriert – auch wenn diese in der Schweiz verboten sind. 

Die Grünen-Politikerin Christine Badertscher will das ändern. In einer Motion fordert sie eine strengere Einhaltung der Nulltoleranz und ein striktes Verbot von Rückständen von in der Schweiz nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln. Die Nichteinhaltung gefährdet nicht nur die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten, sondern schaffe auch ungleiche Ausgangsbedingungen für Schweizer Betriebe, die ohne diese Produkte auskommen müssen. Zudem würden auch die Umwelt und die Bauern in den Herkunftsländern unter den Folgen der Pestizide leiden.

Unterstützt wird die Motion vom Schweizer Bauernverband und zahlreichen Schweizer Produzentenorganisationen. In einem Brief, der dem Beobachter vorliegt, fordern sie die Schweiz auf, «sich ihrer Verantwortung auch gegenüber anderen Ländern bewusst zu sein und einen sorgfältigen Umgang mit den Ressourcen zu fördern».

Die Schweiz und die Pestizide

Das beinhaltet auch den Schweizer Export von Pestiziden. Denn obwohl der Einsatz bestimmter Pestizide in der Landwirtschaft aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes verboten ist, werden sie oft in Europa hergestellt und in Länder mit schwachen Standards exportiert. So liefert zum Beispiel die Pestizidherstellerin Syngenta mehrere hierzulande verbotene Pestizide ins Ausland, wie eine Recherche von Public Eye ergab.

Frankreich kennt bereits ein Exportverbot für Pestizide, die für die Gesundheit gefährlich sind. In Deutschland ist eines in Arbeit. In der Schweiz sind laut dem Bundesrat Abklärungen im Gange. Auf eine Anfrage der Grünen-Ständerätin Lisa Mazzone hält Bundesrat Albert Rösti jedoch fest: «Pestizide gehören zu den volkswirtschaftlich bedeutendsten Produkten im Aussenhandel der Schweiz.» Zudem seien bereits mehrere Wirkstoffe verboten worden. 

Auch den Vorstoss von Badertscher lehnt der Bundesrat ab. Die Schweizer Vorgaben zu Rückständen von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln seien im internationalen Vergleich bereits heute schon sehr streng.

Vertagte Abstimmung

Der Nationalrat hingegen hat die Motion mit 120 zu 63 Stimmen vergangenes Jahr angenommen. Links-Grün und die Mitte-Parteien stimmten dafür, SVP und FDP dagegen. Nun hätte der Ständerat in dieser Sommersession darüber entscheiden sollen. Aus Zeitgründen wurde dies aber vertagt. «Das ist natürlich sehr schade», sagt die Initiantin Badertscher. «Wir wären bereit gewesen.» Auf wann genau die Abstimmung verschoben wird, steht noch nicht fest. Badertscher ist aber überzeugt: «Es kommt gut.»