Geschichten aus der Nachbarschaft

Nachbarinnen und Nachbarn erleichtern unser Leben, helfen, wenn das Salz ausgeht, tragen schwere Einkaufstaschen die Treppen hoch. Oder aber sie machen uns die Hölle heiss, beklagen sich über ein nicht ordnungsgemäss angebrachtes Schuhgestell, schimpfen über lautes Kinderlachen, petzen bei der Verwaltung. 

Nachbarschaft ist ein soziales Phänomen, das zwar alle kennen, aber ganz unterschiedlich aufgefasst wird. Über die Feiertage erzählen Angehörige der Beobachter-Redaktion, was sie mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn erlebt haben.

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Meine Freundin zog kürzlich in einen – fast schwellenlosen – Neubau. Ihre neuen Nachbarn: Ein älteres Ehepaar. Leider wurde der Seniorin die einzige Schwelle weit und breit schon bald zum Verhängnis. Sie stolperte darüber, verletzte sich am Halswirbel und wurde hospitalisiert. Ihr Mann musste für einige Zeit ohne sie auskommen.

Ohne sie, aber nicht ohne nachbarliche Unterstützung. Den Augentropfendienst übernahm meine Freundin. Täglich um Punkt sieben Uhr läutete, klopfte und hämmerte sie – der Mann hörte nicht mehr so gut – an seiner Tür und träufelte ihm exakt vier Tröpfchen zwischen die Lider.

Inzwischen sind die beiden Senioren wieder vereint – und nicht nur um eine Halskrause, sondern auch um eine nachbarliche Freundschaft reicher.

Welcher Nachbarschaftstyp sind Sie?

Die Distanzierten (47 Prozent der Bevölkerung)

Ihnen sind Abstand, Diskretion und Unabhängigkeit wichtig, sie möchten weder gestört werden noch jemandem zurLast fallen. Im Notfall sind sie aber zur Stelle. Und ab und zu schätzen sie auch zweckorientierte Treffen.

Die Inspirationssuchenden (30 Prozent)

Für sie stehen Toleranz und anregende Begegnungen im Vordergrund. Inspirationssuchende schätzen kollektive, sinnerfüllte Aktionen und Vielfalt und suchen den Blick überden eigenen Tellerrand hinaus.

Die Beziehungspflegerinnen und -pfleger (14 Prozent)

Sie wünschen sich ein freundschaftliches, fast familiäres Verhältnis in einer homogenen, harmonischen Nachbarschaft. Sie legen Wert auf enge Kontakte, Gemeinschaftsaktivitäten und gegenseitige Unterstützung im Alltag.

Die Wertorientierten (9 Prozent)

Sie möchten unter Leuten leben, die ähnliche Ansichten teilen. Statt enger Beziehungen wünschen sich Wertorientierte respektvolle Distanz und einen rücksichtsvollen Umgang miteinander. Sie sind hilfsbereit. Im Alltag reicht ihnen ein gelegentlicher Austausch im Treppenhaus.

Quelle: «Hallo Nachbar:in. Die grosse Schweizer Nachbarschaftsstudie» des Gottlieb-Duttweiler-Instituts, August 2022. Um die Studie einzusehen, hier klicken.