Teilzeitarbeit ist seit der wirtschaftlichen Boomphase Ende der 1980er-Jahre ein wesentliches Merkmal des Schweizer Arbeitsmarkts – und sie wird immer wichtiger. 2024 waren 38,7 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit tätig, hatten also ein Pensum von weniger als 90 Prozent. Dies geht aus den neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) hervor. 1991 lag der Anteil Teilzeitbeschäftigter noch bei rund 25 Prozent.    

Partnerinhalte
 
 
 
 

Bei Frauen deutlich häufiger

Die Aufteilung zwischen den Geschlechtern bleibt einseitig. Von den insgesamt 1,9 Millionen Teilzeiterwerbstätigen waren im vergangenen Jahr 1,35 Millionen Frauen – fast dreimal so viele wie Männer.

Die Familiensituation hat dabei den stärksten Einfluss auf den Beschäftigungsgrad der Frauen. 44 Prozent von ihnen geben Kinderbetreuung sowie «andere familiäre oder persönliche Verpflichtungen» als Grund für ihr Teilzeitpensum an. Bei den Männern tun dies nur rund 15 Prozent. Die traditionellen Rollenbilder widerspiegeln sich somit auch in der Erwerbsstatistik.

Europaweit an zweiter Stelle

Dennoch: Die Männer legen langsam zu. Unterdessen hat mehr als jeder fünfte männliche Beschäftigte (21,1 Prozent) in der Schweiz kein volles Pensum mehr; 1991 war es erst jeder dreizehnte. Damit wächst der Anteil der Teilzeit arbeitenden Männer schneller als derjenige der Frauen.

Egal, welches Geschlecht man betrachtet: Im internationalen Vergleich belegt die Schweiz einen Podestplatz (siehe Grafik oben). Im EU-Raum arbeiten nur in den Niederlanden mehr Erwerbstätige mit einem reduzierten Beschäftigungsgrad als hier. Gesamteuropäisch liegt die Quote nicht einmal halb so hoch wie in der Schweiz, und in einigen Ländern im Süden und vor allem in Osteuropa ist Teilzeitarbeit gar eine Randerscheinung.

Nicht bei allen überwiegen die Vorteile

Der Blick auf die Ländertabelle lässt vermuten, dass Teilzeitarbeit eine Wohlstandserscheinung ist. Das trifft teilweise auch zu; für weniger Stress und mehr Privatleben auf Lohn zu verzichten, können sich nicht alle leisten. So weist die neue BFS-Erhebung für die Gruppe der hochqualifizierten Berufe («intellektuelle und wissenschaftliche Berufe») mit einem Anteil von 43,4 Prozent eine der höchsten Teilzeitquoten auf.

Auf der anderen Seite arbeiten viele Frauen und Männer unfreiwillig in dieser Beschäftigungsform. In der Statistik wird dies bei Dienstleistungsberufen wie Verkäuferin oder Verkäufer und bei Hilfsarbeitskräften sichtbar: Diese Sparten weisen mit 53,7 respektive 53,5 Prozent die höchsten Teilzeitraten auf. Auch Alleinerziehende sind überdurchschnittlich oft zu kleineren Pensen gezwungen.

Diese Personengruppen sehen sich häufig mit den negativen Auswirkungen von Teilzeitarbeit konfrontiert: tieferen Löhnen, geringeren Aufstiegsmöglichkeiten, prekären Anstellungsbedingungen oder Nachteilen in der Altersvorsorge. Diese Aspekte sind ein Grund dafür, dass Fragen zum Thema Teilzeit beim Beobachter-Beratungszentrum ein Dauerbrenner sind.

Offensive aus Gewerkschaftskreisen

Auch Travail Suisse, der Dachverband der Arbeitnehmenden, wirft seit kurzem ein besonderes Augenmerk auf die Teilzeitarbeit. Erst diesen Juni verabschiedete er ein Positionspapier mit 19 Forderungen für eine «Modernisierung des Schweizer Modells». 

Dabei geht es etwa um Erleichterungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Verbesserungen in Bezug auf die Altersvorsorge oder um bessere Saläre in Niedriglohnbranchen. Insgesamt müsse es das Ziel sein, die Teilzeitarbeit «gerechter und für alle zugänglicher zu machen», schreibt Travail Suisse.