Und plötzlich reden alle davon, im Leben noch etwas anderes machen zu wollen. Oder: etwas ganz anders. Nur was?

Teenager zum Beispiel. Junge Leute, die vor der Berufswahl stehen, ratlos, weil künstliche Intelligenz gerade die Arbeitswelt auf den Kopf stellt und ihnen niemand sagen kann, welcher Job denn nun genau Zukunft hat. Und welcher nicht.

Dann ist da die Generation Z; ein wenig älter, nur wenig schlauer. Aufgewachsen zwischen Kriegen, Klimakrise und einer Pandemie, scheinen sie nur zu wissen, was sie nicht wollen: 60 Stunden pro Woche im Büro schuften. «Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass das das Leben ist?», meinte kürzlich ein Mann namens Julian Kamps, Mitte 20, nach gerade einmal 21 Tagen in seinem ersten Vollzeitjob in der Werbebranche. Sein Post auf Instagram ging augenblicklich viral.

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Verbreitete Angst vor Jobverlust

Und es ist auch die Generation ihrer Eltern, die da spricht. Frauen und Männer, die noch 10, 20 Jahre arbeiten sollten, aber genauso besorgt in ihre berufliche Zukunft blicken; ausgelaugt, desillusioniert – und von der KI womöglich bald wegrationalisiert. Gemäss einer Umfrage des Beratungsunternehmens EY denken sieben von zehn Arbeitnehmenden in der Schweiz, dass der Einsatz von KI zu einem Arbeitsplatzabbau führen wird. Fast die Hälfte befürchtet, dass auch ihr eigener Job gefährdet ist.

Die Welt bietet – beruflich und generell – wenig Orientierung gerade. Und in unsicheren Zeiten, das belegen Studien, steht den Menschen der Sinn nach was Sinnstiftendem. Und so träumen viele Menschen – über die Generationen hinweg – plötzlich von einem Leben als Gemüsebäuerin. Oder von einer Lehre als Zimmermann. Clubferien auf Ibiza weichen der Idee, einen Camper auszubauen. Hauptsache, etwas mit den Händen: Denn wo sieht man am Ende klarer, was man geleistet hat, als im eigenen Handwerk?

«Viele Jungen merken, dass man auch ohne Krawatte Karriere machen kann.»

Matthias Engel, Baumeisterverband

Diese neue Lust auf Selbstwirksamkeit, sie zeigt sich nicht nur in den öffentlichen Keramik- und Strickateliers, die in den Städten wie Pilze aus dem grauen Asphalt schiessen. Sie schlägt sich auch in der Statistik nieder; gerade bei den Berufseinsteigern. Zehn Prozent mehr Lehrlingseintritte bei den Maurern zählte der Baumeisterverband (SBV) 2024.

Auch bei den Gipsern hat die Anzahl Schüler «markant zugenommen». Und bei den Gebäudetechnikern gehts ebenfalls wieder aufwärts, erstmals seit 2018. Für Matthias Engel vom SBV ist klar: «Viele Jungen merken, dass man auch ohne Krawatte Karriere machen kann.» Die Bauberufe bieten vielfältige Aufstiegschancen und zunehmend auch gesellschaftliche Anerkennung.

Die Schreinerin in Ausbildung

Der grosse Weiher liegt still in der frühmorgendlichen Sonne. Dahinter der Wald. Es läuft Radio Melody und riecht nach Staub und Holz. Auf dem Werktisch liegen eine Packung Ovomaltine-Riegel und ein paar Äpfel.

Rosa Krapf – Cap, langer Pferdeschwanz, im Mund drei Schrauben – ist im zweiten Lehrjahr als Schreinerin bei der V. Burger AG – als einzige Frau im Betrieb. «Ich habe drei Brüder, ich bin den Umgang gewohnt», sagt die 17-Jährige.

Mogelsberg 28.10.2025
KI kann mich mal – ich werde Handwerker

Rosa Krapf, ist in der Lehre zur Schreinerin.
Fotografiert am 28.10.2025 in Mogelsberg.

© Samuel Schalch

«Ich liebe Baustellen. Viel mehr als die Arbeit in der Bude»: Rosa Krapf

Quelle: Samuel Schalch

Ihre aktuelle Baustelle: die Saunaduschen in der Badi Drei Weieren in St. Gallen. Die alten Wände in der Badi sind morsch geworden. Es ist September, bald startet die Saison, bis dahin muss alles fertig sein. Ob Baustellen immer so schön seien? «Nein», sagt sie. Aber friedlich seien sie oft. «Ich liebe Baustellen. Viel mehr als die Arbeit in der Bude.»

Trotz der kühlen Morgentemperatur trägt Rosa Krapf kurze Arbeitshosen. Schon als Kleinkind wollte sie Handwerkerin werden: «Unser Nachbar war Schreiner, ich habe ihm oft beim Möbelbauen geholfen.» Holz ist ihr Lieblingsmaterial. Die Tage sind lang und anstrengend. Und doch geht Krapf dreimal pro Woche ins Handballtraining. «Ich brauche das als Ausgleich», sagt sie.

Mogelsberg 28.10.2025
KI kann mich mal – ich werde Handwerker

Rosa Krapf, ist in der Lehre zur Schreinerin.
Fotografiert am 28.10.2025 in Mogelsberg.

© Samuel Schalch

«Unser Nachbar war Schreiner, ich habe ihm oft beim Möbelbauen geholfen»: Rosa Krapf

Quelle: Samuel Schalch

Knapp ein Viertel der jungen Leute, die 2024 mit der Schreinerlehre angefangen haben, sind inzwischen Frauen. Ein Rekord – und ein weiteres Indiz dafür, dass das Handwerk gerade an neuer Attraktivität gewinnt.

KV-Lehre wird weniger beliebt

Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) untersucht regelmässig die Bildungsentscheidungen von Jugendlichen am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit. Gleichzeitig fühlt das SBFI den Puls auf dem Lehrstellenmarkt.

Laut neuster Ausgabe des sogenannten Nahtstellenbarometers gibt es im Baugewerbe weniger unbesetzte Lehrstellen als in den Jahren zuvor. Zudem hat sich die Land- und Forstwirtschaft quasi vom Mauerblümchen zu einem «festen Bestandteil des Lehrstellenmarktes entwickelt» – und hält dieses hohe Niveau nun bereits das dritte Jahr in Folge. In den Top Ten der beliebtesten Lehrberufe 2025 tauchen neben Schreiner und Polymechanikerin neu auch Automobilmechatronikerin und Elektroinstallateur auf.

Auffällig ist im Gegenzug der anhaltende Rückgang bei der kaufmännischen Ausbildung. Sie ist zwar nach wie vor Top 1 bei jungen Frauen wie Männern – doch ihre Zahl hat sich fast halbiert. Im August 2022 wählten rund 20 Prozent der befragten Jugendlichen die KV-Lehre, diesen Sommer waren es noch 12 Prozent.

«Wir waren erstaunt, wie sensibel Jugendliche auf Veränderungen reagiert haben.»

Daniel Goller von der Forschungsstelle für Bildungsökonomie der Universität Bern

Büro-, Buchhaltungs- oder Sekretariatsfachkraft sind Berufe, die bereits jetzt sehr stark von den Veränderungen durch KI betroffen sind – das Handwerk hingegen kaum. Dies zeigt die neuste Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. Und die neusten Daten des Nahtstellenbarometers deuten darauf hin, dass sich die Jugendlichen dieser Entwicklung bereits sehr bewusst sind.

Daniel Goller von der Forschungsstelle für Bildungsökonomie der Universität Bern bestätigt dies. Er hat anhand von Suchanfragen auf Berufsberatung.ch untersucht, wie technologische Veränderungen die Berufswahl beeinflussen. «Wir waren erstaunt, wie sensibel Jugendliche auf Veränderungen reagiert haben», sagt Goller.

Nach der Einführung der kostenlosen ChatGPT-Version Ende November 2022 ging die Nachfrage nach allen Berufen tendenziell zurück. Besonders stark betroffen waren jedoch Lehrberufe mit hohen kognitiven Anforderungen, etwa Kaufmann/-frau, während der Rückgang bei handwerklichen Berufen deutlich kleiner war. Viele fürchten die Automatisierung, sagt Goller. «Es gibt Studien, die zeigen, dass Menschen bereit wären, rund 20 Prozent weniger Lohn zu akzeptieren, wenn dadurch ihr Automatisierungsrisiko geringer wäre.»

Der Sanitär-Lehrling

Einen Tag in der Woche ist Leonard Selimi nicht auf der Baustelle, sondern in der Berufsschule Zürich und trägt statt Arbeitskleidung einen Hoodie.

Beobachter - Die KI wälzt den Arbeitsmarkt um. Welche Jobs wird es in Zukunft noch geben? Welche Skills sind dann noch gefragt? Die Antwort ist uralt und fast schon frech einfach: das Handwerk. Merkt man das bereits auf dem Arbeitsmarkt und bei den …

«Der Job ist sehr aktiv, das gefällt mir – und sehr vielfältig»: Leonard Selimi

Quelle: Joan Minder

Der 17-Jährige hat diesen Sommer die Lehre als Sanitär begonnen, er sitzt zappelig auf seinem Stuhl: «Ich konnte schon in der ersten Klasse nicht stillsitzen.» An seiner rechten Hand hat er einen Verband: «Ein Stück Rohr ist auf meine Hand gefallen», meint er lachend.

Er habe die Ausbildung zum Sanitär bewusst gewählt, weil sie viele Weiterbildungsmöglichkeiten bietet. Inzwischen ist Selimi in der sechsten Woche. Und es gefällt ihm gut. «Der Job ist sehr aktiv, das gefällt mir – und sehr vielfältig.» Später will Selimi mal Teamleiter werden, da werden seine sozialen Fähigkeiten gebraucht. «Man denkt immer, Baustellen seien unsozial, dabei hilft man sich gegenseitig sehr», sagt er. 800 Franken plus 250 Franken Spesen verdient er im ersten Lehrjahr. Der Lohn sei für ihn ein weiterer Pluspunkt.

Beobachter - Die KI wälzt den Arbeitsmarkt um. Welche Jobs wird es in Zukunft noch geben? Welche Skills sind dann noch gefragt? Die Antwort ist uralt und fast schon frech einfach: das Handwerk. Merkt man das bereits auf dem Arbeitsmarkt und bei den …

Wenn der Wasserhahn tropft, kann ich ihn jetzt auch bei mir daheim selbst reparieren.»

Quelle: Joan Minder

66 Lehrlinge haben in der Baugewerblichen Berufsschule Zürich (BBZ) diesen Sommer die Lehre zum Sanitär angefangen; 22 mehr als 2024. Ein Trend? Marc Bättig, Abteilungsleiter an der BBZ, bleibt vorsichtig. Doch klar sei: «Mit einer Ausbildung als Sanitär ist man das ganze Leben brauchbar. Wasser muss immer ins Gebäude kommen.» Und Leonard Selimi sagt: «Wenn der Wasserhahn tropft, kann ich ihn jetzt auch bei mir daheim selbst reparieren.»

Ein Problem, das lösbar ist; ein willkommener Gegenpol zum Gefühl von Ohnmacht, das die Leute beschleicht, wenn sie die Krisen dieser Welt durch Social Media betrachten. Ausgerechnet in der Generation, die als handysüchtig gilt, scheint das Handfeste gerade neues Gewicht zu bekommen.

Auch Meike Wiemann-Hügler, Dozentin und Projektleiterin an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ), beobachtet diesen Wandel. Sie hat an der Uni St. Gallen zu neuen Arbeitswelten geforscht. «Wenn ich mit jungen Leuten spreche, höre ich oft: ‹Ich will etwas mit Sinn machen, etwas, bei dem ich sehe, was am Ende herauskommt.›»

Von der Werberin zur Winzerin

Von der Entstehung bis zum Produkt. Von der Weintraube bis zum fertigen Wein. Genau das wollte auch Angela Cristofari. Die Zürcherin sattelte mit 32 Jahren um und begann die Lehre zur Winzerin.

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«Den Wein zu degustieren, den ich mit hergestellt habe – das liebe ich»: Angela Cristofari

Quelle: Joan Minder

Sie sitzt im Café, vor ihr der Cappuccino mit Kuhmilch, lange, lockige Haare, ein Goldvreneli um den Hals. «Den Wein zu degustieren, den ich mit hergestellt habe, und zu wissen, wie viel Arbeit dahintersteckt – das liebe ich.» Zuvor hatte Cristofari zehn Jahre in der Werbebranche gearbeitet. Meetings, Deadlines, Druck. Nach fünf Jahren bereits reduzierte Cristofari ihr Pensum und begann mit Töpfern. Eine entschleunigende Arbeit. Ein Gegensatz zur stressigen Werbebranche: «Die Arbeit mit den Händen hat mir so gutgetan.»

Eines Tages stellte sie sich dann die entscheidende Frage: «Will ich das wirklich die nächsten zehn Jahre machen?» Die Antwort lieferte eine Bieler Winzerin, Anne-Claire Schott. Auf sie war Cristofari gestossen, als sie sich im Internet über Winzereien informierte – fasziniert von der Welt des Weins und vom Handwerk dahinter. «Eine tolle Frau, die biodynamisch arbeitet. Das hat mich so inspiriert.»

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«Plötzlich war ich wieder Anfängerin. Tollpatschig.»

Quelle: Joan Minder

Auf ihrem Weingut, im idyllischen Dorf Twann, ging Cristofari im Februar 2023 einen Tag schnuppern, ohne bereits an eine Ausbildung zu denken. Doch es kam, wie es offenbar sollte; Schott bot ihr eine Lehrstelle an – und Cristofari kündigte bei der Werbeagentur. «Eine Bauchentscheidung. Wahrscheinlich hätte ich es nicht getan, wenn ich zu viel darüber nachgedacht hätte.»

Dazu gehörte eine gesunde Portion Naivität – und die verkürzte zweijährige Lehre, die für sie entscheidend war. «Drei Jahre mit so wenig Geld hätte ich mir schlicht nicht leisten können.»

«Mein Kopf war so frei wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr.»

Angela Cristofari, 32

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle sei die Lehre gewesen. «Plötzlich war ich wieder Anfängerin. Tollpatschig. Mir wurde gesagt, was ich tun sollte – da fühlte ich mich zurückversetzt in meine erste Lehre im KV», meint Cristofari lachend. Und gleichzeitig war es toll, mit so vielen Menschen in der Klasse zu sitzen, die die gleiche Leidenschaft teilten.

Zeit zur Eingewöhnung brauchte auch ihr Körper: neun bis zehn Stunden täglich arbeiten, manchmal in derselben Körperhaltung über Wochen. «Ich brauchte mindestens ein halbes Jahr, um mich an die Arbeit zu gewöhnen. Aber mein Kopf war so frei wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr.» Die Freude, die sie dabei erfüllte, sei unersetzlich gewesen.

Das zweite Lehrjahr absolvierte Cristofari in Uetikon am See. Mittags in den Zürichsee springen, die Jahreszeiten in der Natur spüren – das hob jeden Zweifel auf. Anfang 2026 wird Cristofari nun eine 50-Prozent-Stelle bei einem Winzer im Aargau antreten, zudem hat sie noch ein kleines Pensum im Kulturbereich. Ihr Traum ist es, eines Tages eine eigene Parzelle mit Reben zu besitzen, auf der sie Biodiversität leben und herumexperimentieren kann – ein kleiner Garten Eden.

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Ihr Traum ist eine eigene Parzelle mit Reben.

Quelle: Joan Minder

Pilotprojekt zieht unterschiedlichste Menschen an

Den Wunsch, noch einmal etwas ganz Neues anzufangen, kennen viele. Doch das Tempo, mit dem sich die künstliche Intelligenz gerade durch den Arbeitsmarkt pflügt, hat diesem Gefühl eine ganz neue Dringlichkeit verliehen.

Bereits 2019 hat der Bundesrat beschlossen, gemeinsam mit den Kantonen ein kostenloses Angebot für die berufliche Laufbahnberatung von Arbeitnehmenden über 40 Jahren ins Leben zu rufen. Daraus entstanden ist das Beratungsangebot Viamia.

Ein ganz konkretes Pilotprojekt, das in die gleiche Kerbe haut, ist Holzbau Quest an der Gewerblichen Berufsschule Wetzikon: eine Zweitausbildung zum Zimmermann in nur zwei Jahren – ausschliesslich für Quereinsteigerinnen. «Ein 30-Jähriger bringt andere Erfahrungen mit als ein 15-Jähriger – und das Tempo ist ein anderes», erklärt Jürg Hugener, Fachgruppenleiter.

Fächer wie Sport oder Allgemeinbildung werden weggelassen, der Abschluss bleibt derselbe. Das Projekt zieht Menschen aus den unterschiedlichsten Berufen an – von Architektinnen bis zu Politikwissenschaftlern. «Das tut der Branche gut», so Hugener. Ziel ist bereits die Eröffnung eines weiteren Standorts.

Vom Pfarrer zum Zimmermann

Auch Mario Parpan hat den Weg des beruflichen Neustarts gewählt. Der ehemalige Theologe machte die Lehre zum Zimmermann, ebenfalls auf zwei Jahre verkürzt. Heute führt er eine kleine Zimmerei in Tafers FR. Während des Gesprächs ölt er Fensterbänke für die Fassade eines Mehrfamilienhauses. «Das schützt das Holz vor Witterungen», sagt er.

Beobachter - Die KI wälzt den Arbeitsmarkt um. Welche Jobs wird es in Zukunft noch geben? Welche Skills sind dann noch gefragt? Die Antwort ist uralt und fast schon frech einfach: das Handwerk. Merkt man das bereits auf dem Arbeitsmarkt und bei den …

«Es brauchte Mut, neu anzufangen, wir waren mitten in der Familienplanung»: Mario Parpan

Quelle: Joan Minder

Obwohl Parpan viel zu tun hat, spricht er ruhig. Schwarze, kurze Haare, kräftige Hände – man sieht ihnen die Arbeit an. Der 57-Jährige liebt Restaurierungen, den Moment, wenn Altes auf Neues trifft: «Da versinke ich in der Arbeit.»

Vor seiner Tätigkeit als Zimmermann arbeitete Parpan in einer Pfarrei in Düdingen: Jugendarbeit, Entwicklungsarbeit und Predigten am Sonntag. Dabei kam immer wieder die Sehnsucht auf, etwas mit den Händen und vor allem draussen zu machen. «Es brauchte Mut, noch einmal neu anzufangen. Meine Frau und ich waren damals mitten in der Familienplanung», sagt er.

Beobachter - Die KI wälzt den Arbeitsmarkt um. Welche Jobs wird es in Zukunft noch geben? Welche Skills sind dann noch gefragt? Die Antwort ist uralt und fast schon frech einfach: das Handwerk. Merkt man das bereits auf dem Arbeitsmarkt und bei den …

Der 57-Jährige liebt Restaurierungen, den Moment, wenn Altes auf Neues trifft: «Da versinke ich in der Arbeit.»

Quelle: Joan Minder

Seinen Enkelkindern zu erzählen, er habe im Leben nicht das gemacht, was er wirklich wollte, sei dann aber keine Option gewesen. Deshalb hat er im Jahr 2001 die Lehre zum Zimmermann begonnen. Parpan arbeitete lange in einem 50-Prozent-Pensum auf dem Bau und gab daneben Religionsunterricht – ein Arbeitsmodell, das ihm entsprach.

Teilzeitarbeit ist in der Baubranche jedoch selten: Laut Bundesamt für Statistik arbeiten nur 15,8 Prozent reduziert. Dozentin Meike Wiemann-Hügler von der HWZ sieht darin ein Hindernis für mehr Vielfalt: Flexiblere Strukturen seien nötig, um das Handwerk gerade für Frauen attraktiver zu machen. Mit 51 Jahren übernahm Parpan dann die Geschäftsleitung seines Betriebs; Teilzeit war keine Option mehr.

Rosige Aussichten auf dem Bau

Computergestützte Maschinen und KI verändern auch das Handwerk. Als Zimmermann sitzt man heute mehr am Bildschirm als früher – doch unersetzlich bleibt es trotzdem. «Ohne Handwerker keine Dächer, keine Toiletten, kein Zuhause», sagt Hubert Dietrich vom Verband Holzbau Schweiz. «KI kann das nicht ersetzen.» Auch Wiemann-Hügler sieht in der technologischen Entwicklung kein Risiko für die Branche. Im Gegenteil: «Handwerksberufe gehen längst Hand in Hand damit.»

Ob sich der Trend durchsetzen wird, ist ungewiss. Klar ist aber: Wer nicht genau weiss, wohin die berufliche Reise führen soll, findet auf dem Bau rosige Aussichten. Der Baumeisterverband erwartet bis 2040 im Bauhauptgewerbe einen Fachkräftemangel von 16 Prozent – jede sechste Stelle wird unbesetzt bleiben. Für all diejenigen, die einen Neustart wagen wollen: Handwerk ist gefragt – morgen vielleicht mehr denn je.

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