Paula Lampart* (Name geändert) mag keinen Koriander. Ihr wird übel, wenn sie ihn nur riecht. Während eines Restaurantbesuchs im «Nooba» an der Europaallee in Zürich verzog sie deshalb ihr Gesicht, als sie ihre Tom-Kha-Gai-Suppe mit dem grünen Kraut serviert bekam, obwohl sie ausdrücklich ohne bestellt hatte.

Die Servicefachkraft muss dies überhört haben – und bat Paula Lampart nun, die Suppe trotzdem auszulöffeln. «Sie sagte, sonst würden ihr die Kosten für die falsche Bestellung vom Lohn abgezogen.» Die Suppe kostet immerhin 20 Franken. Zwar ist nicht bekannt, wie hoch der Stundenlohn im «Nooba» ist, das zur Restaurantkette Two Spice gehört. Der Mindestlohn in der Gastrobranche beträgt knapp 19 Franken bei Angestellten ohne Berufsbildung.

Paula Lampart fragte eine zweite Mitarbeiterin, ob falsche Bestellungen vom Lohn abgezogen würden. Die bestätigte die Praxis. «Sie sagte noch, das sei bei ihnen im Restaurant mündlich so geregelt – und dass ihre Arbeitskollegin nicht hätte darüber sprechen sollen.»

Denn rechtens ist das Vorgehen nicht. «Das wirtschaftliche Risiko muss vom Arbeitgeber getragen werden», sagt Claudia Stöckli, Branchenleiterin Gastgewerbe bei der Gewerkschaft Syna. «Bei einer fehlerhaften Bestellung ist es oft unmöglich, den Ursprung des Fehlers zu deklarieren und somit das Servicepersonal dafür verantwortlich zu machen. Manchmal ist der Kunde selbst die Ursache, manchmal liegt der Fehler beim Küchenpersonal.» Ist der Ursprung des Fehlers klar, komme es auf den Einzelfall an, sagt Beobachter-Arbeitsrechts-Expertin Katharina Siegrist. «Dann fragt sich, ob der Schaden fahrlässig verursacht wurde.»

Restaurant hebt Regelung per sofort auf

Christian Pfund, Mitglied der Geschäftsleitung von Two Spice, bestätigte die Vorwürfe gegen den Geschäftsführer des Restaurants. «Wir haben mit ihm gesprochen, und er gab den Fehler zu. Es handelt sich aber um einen Einzelfall.» Der Geschäftsführer habe bei falschen Bestellungen die Entschädigungen für die Warenkosten verlangt, um Foodwaste zu vermeiden.

Das Restaurant gibt es seit rund einem Jahr. Der Chef habe zu Beginn viel Essen wegwerfen müssen, weil das Personal noch ungeübt gewesen sei. Dafür habe er eine Lösung gesucht. «Wir haben die Regelung per sofort aufgehoben.»

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