Ihr Kind brauche keinen Vater – weder bei der Erziehung noch auf Papier, fand eine unverheiratete Mutter aus dem Kanton Freiburg. Deshalb weigerte sie sich, den Namen des Erzeugers bekannt zu geben. Die Greyerzer Behörden sahen dies jedoch anders und ernannten gegen den Willen der Mutter einen Beistand. Obwohl sich diese gerichtlich wehrte und auf den Schutz ihres Privatlebens berief, wurde der Entscheid sowohl vom Freiburger Kantonsgericht als auch vom Bundesgericht in Lausanne befürwortet (Urteil 5A_220/2016). Ausschlaggebend sei das Wohl des Kindes: Nur wenn der Vater bekannt ist, können Unterhalts- und Erbschaftsanspruch geregelt werden. Des Weiteren solle das Kind bereits in frühen Jahren die Chance haben, eine Beziehung zum Vater aufzubauen. Zu einem späteren Zeitpunkt sei es zunehmend schwierig, die Vaterschaft nachzuweisen, so zum Beispiel, wenn der Erzeuger ins Ausland ziehe oder sterbe.

4 Fragen an Beobachter-Expertin Karin von Flüe
  1. Bei der letzten Sorgerechtsrevision im Jahr 2014 wurde der Zwangsbeistand für Kinder unverheirateter Mütter abgeschafft. Weshalb entschied die Kesb in diesem Fall dennoch gegen den Willen der Mutter? 
    Karin von Flüe: Es handelt sich um einen Sonderfall, da die Mutter den Erzeuger zwar kennt, aber nicht mit Namen nennen will. Laut ZGB darf die Kesb immer dann einen Beistand stellen, wenn es die Verhältnisse erfordern.

  2. Was bedeutet das konkret? 
    von Flüe: In diesem Fall könnte man damit argumentieren, dass die betroffene Mutter nur aus Eigeninteresse handelt. Die Kesb aber hat den gesetzlichen Auftrag, die Interessen des Kindes zu schützen. Darunter fallen das Recht, seine Wurzeln zu kennen, die finanzielle Absicherung und das Recht auf regelmässigen Kontakt zu beiden Elternteilen.

  3. Ist es wahrscheinlich, dass die Behörden den Vater ohne die Hilfe der Mutter finden? 
    von Flüe: Das dürfte aussichtslos sein. Ich würde die Mutter zu einem Gespräch bei der Kesb aufbieten. Mit guten Argumenten lässt sie sich im besten Fall überzeugen, den Erzeuger zu nennen. Wenn nicht, würde sie vielleicht einer Kompromisslösung zustimmen.

  4. Wie könnte diese aussehen? 
    von Flüe: Der Name des Vaters wird bei einem Notar oder an einer anderen Stelle deponiert und erst zugänglich gemacht, wenn das Kind volljährig ist – diese Praxis wird sogar schon angewendet. Zu diskutieren wäre noch, ob das Kind erst mit 19 Jahren Zugang erhält, nachdem die Frist für eine Vaterschaftsklage abgelaufen ist. Wichtig ist, dass es später zumindest die Möglichkeit hat, den Namen seines Erzeugers zu kennen. Gesetzlich hat jeder Mensch das Recht auf Kenntnis seiner Abstammung.

Karin von Flüe

Quelle: Thinkstock Kollektion
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