Nach einem Spitalaufenthalt war klar: Theresa Huber*, 93, kann nicht mehr allein zu Hause wohnen. Und so organisierte ihre Tochter Karin Krenzer* eine Betreuerin – über die Agentur Seniorenbetreuung24.ch.

3900 Franken sollte die 24-Stunden-Hilfe monatlich kosten. Hinzu komme Kost und Logis für die Pflegerin. Die Frau werde aus der Slowakei kommen Slowiss Verdächtig billige Arbeitskräfte , spreche aber fliessend Deutsch, versprach man ihr.

Familie Krenzer freute sich. Es folgte die grosse Enttäuschung. Irena Kozak* sprach kaum Deutsch, selbst einfache Abläufe liessen sich kaum mit ihr besprechen. «Und es verschwanden Dinge aus der Wohnung der Mutter. Beweisen konnten wir nichts. Aber einmal erwischte ich sie sogar in meiner eigenen Wohnung, die über der meiner Mutter liegt», so Karin Krenzer.

«Nur zu Besuch»

Eines Tages erwähnte Irena Kozak beiläufig, sie sei vom Vermittler angewiesen worden, sich nicht als Arbeitnehmerin, sondern als Besucherin auszugeben. Da reichte es Karin Krenzer Ausländische Pflegebetreuung Wer billig betreuen lässt, riskiert hohe Bussen . Sie schickte die Betreuerin weg, kündigte den Vertrag mit Seniorenbetreuung24 und kürzte die offene Rechnung um einige hundert Franken. «Darauf hörten wir nie mehr etwas von den Vermittlern. Umso mehr vermuteten wir, dass mit der Firma etwas nicht stimmt.»

Karin Krenzer hat sich nicht getäuscht. Seniorenbetreuung24 verleiht ihr Personal in der Schweiz illegal. «Den Betreibern fehlt die Bewilligung», bestätigt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Die Website ist mittlerweile inaktiv.

Der Anbieter bewegt sich im Dunstkreis von Marco und Reto Marti und ihrer Firma Slowiss. Die Schweizer Brüder haben schon verschiedene dubiose Personalverleihe betrieben, etwa unter den Namen Care24.ch und Getcare.ch. Sie wurden in der Schweiz bereits einmal verurteilt und gebüsst.

 

1990 Franken kostet die Vollzeitbetreuung bei Getcare.ch

 

«Nach endlosem Hin und Her konnten wir gemeinsam mit dem Bundesamt für Polizei die Schliessung der Website Getcare.ch erwirken», sagt Ueli Greub, Zuständiger beim Seco. «Doch am nächsten Tag war sie schon wieder online. Einfach mit einem Bindestrich.» Die Adresse, die auf der Website als Sitz der neuen «Firma» angegeben ist, wechselt innert Wochenfrist vom Zürcher Seefeld, wo noch nicht einmal ein Briefkasten mit ihrer Anschrift zu finden war, ins thurgauische Salenstein und wieder zurück nach Zürich. Anrufe auf die «Basler» Telefonnummer werden ins Ausland umgeleitet.

Und das Angebot ist unschlagbar billig: Die Arbeitskräfte werden für 1990 Franken verscherbelt – ein klares Zeichen, dass bei der Vermittlung nicht alles mit rechten Dingen zugeht.

Spuren verwischt?

Die Kontrolle wird dadurch erschwert, dass die Brüder Marti mittlerweile direkt aus der Slowakei wirken und die Firmen in der Schweiz nicht im Handelsregister eingetragen sind. Es lässt sich auch nicht eruieren, wem die Internetadressen gehören. Sie wurden – wohl zu Verschleierungszwecken – über einen Dienstleister neu registriert.

Reto und Marco Marti behaupteten schon früher gegenüber dem Beobachter, sie hätten heute weder mit Seniorenbetreuung24 noch mit Getcare etwas zu tun, da sie die Firmen abgegeben hätten. Allerdings führt das slowakische Handelsregister die beiden nach wie vor als Inhaber von Slowiss Invest und Slowiss. Auch die Webagentur Brickstone gehört ihnen. Sie hat die fraglichen Internetauftritte erstellt. Die Brüder Marti waren bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

So finden Sie heraus, ob Ihre Pflegehilfe legal ist

Wer wissentlich eine illegale Pflegehilfe beschäftigt, kann mit einer Busse bis zu 40'000 Franken bestraft werden. Es lohnt sich also, zu klären, ob die Vermittlung eine Bewilligung besitzt. Das kann man unter avg-seco.admin.ch.

* Namen geändert

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Raphael Brunner, Redaktor
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