Damals, in den 1990er- und den Nullerjahren, war Patrick «Brusti» Armbruster immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wegen eines schlimmen Unfalls hatte er seinen Traum vom Profi-Snowboarder aufgeben müssen.

Der heute 46-Jährige griff zum Fotoapparat und später zur Filmkamera und dokumentierte seine Freunde aus der wilden Snowboard-Community. Die Szene war noch relativ klein, aber sie entwickelte sich gerade zum Lebensgefühl einer ganzen Generation.

Das Boarden war den Kinderschuhen entwachsen, die coolen Sportler wurden von unzähligen Teenagern als Helden verehrt.

Ihr Kleidungsstil und ihre lässige Attitüde waren total angesagt.Brusti war mit den Stars der Szene – mit Terje Håkonsen, Travis Rice, Shaun White – und Schweizer Grössen wie Michi Albin, Gian Simmen und Nicolas Müller unterwegs. Backcountry, in den Halfpipes, aber auch an Partys und in Hotelzimmern auf der ganzen Welt.

 Die Snowboard-Tour der ISF (International Snowboard Federation) startete jeweils in Laax. Der Schwede Ingemar Backman gehörte zu den Skandinaviern, die das Freestyle-Snowboarden dominierten, 1995.

Die Snowboard-Tour der ISF (International Snowboard Federation) startete jeweils in Laax. Der Schwede Ingemar Backman gehörte zu den Skandinaviern, die das Freestyle-Snowboarden dominierten, 1995.

Quelle: Patrick Armbruster

«Wir waren Rockstars», so fasste es Gian Simmen einmal zusammen. Zigaretten, Alkohol, Marihuana und manch anderes Mittel gehörten bei vielen dazu. Natürlich auch zerlegte Zimmer.

Mit seiner Firma Absinthe Films schuf Armbruster Snowboard-Filme mit Kultstatus. Der erste Film erschien noch als VHS-Kassette, die späteren als DVDs. Es war die Zeit des Hypes. Snowboard-Stars verdienten mehrere Hunderttausend Franken im Jahr mit Wettbewerben, Werbung, Sponsoren, Film- und Fotoauftritten. Und mit ihrem Style.

Das Boarden ist olympisch, die Tricks sind krasser, die Sprünge ­­höher.

Patrick Armbruster

Firmen rissen sich darum, die verrückten Jungs auszustatten. «Bei den Drehs und Fotoshootings waren wir aber meist unter uns», sagt Armbruster. Das sei der Grund, warum in seinem Buch nur wenige Frauen abgebildet sind.

Anders an den Events, dort waren beide Geschlechter vertreten und freundschaftlich verbunden.Heute sind die Rock-’n’-Roll-Athleten mit den bunten Mützen Sportprofis. Und die Frauen selbstverständlicher Teil der Szene. Das Boarden ist olympisch, die Tricks sind krasser, die Sprünge höher. Ohne Helm fährt heute niemand mehr.

 Patrick Armbruster, 46, Snowboard- Fotograf und Gründer von Absinthe Films, ist heute Mitinhaber von Hotels in Brasilien und Architektur-Fotograf. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Patrick Armbruster, 46, Snowboard-Fotograf und Gründer von Absinthe Films, ist heute Mitinhaber von Hotels in Brasilien und Architektur-Fotograf. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Quelle: ZVG

Patrick Armbruster, in drei Worten erklärt: Was ist Snowboarden für Sie?
Freundschaft, Freiheit, Abenteuer.


Freiheit?
Die Freiheit, die Welt mit Kollegen zu bereisen. Wir waren in den USA, in Alaska beispielsweise, in Chile, Japan oder in Skandinavien, in Österreich und natürlich hier in der Schweiz. Wir sassen fast jede Woche im Flieger, vor 20 Jahren war das Umweltbewusstsein noch nicht so ein Thema. Im Vordergrund stand die Mission, den besten Schnee zu finden, um die besten Aufnahmen machen zu können. Es war ein Klassenlagergefühl, alle kannten alle, wunderbar.


Sie waren mit Stars wie Travis Rice oder Terje Håkonsen unterwegs. Und mit dem jungen Shaun White.
Ja, die Szene war klein, wir hatten alle diesen Pioniergeist. Man ging an Events, um Gleichgesinnte zu treffen. Nicolas Müller habe ich als 14-Jährigen kennengelernt. Er ist für mich einer der grössten Fahrer aller Zeiten. Sein Style war schon damals phänomenal, ich habe ihn dann für unser erstes Snowboard- Filmprojekt angefragt. Mit 17 flog er mit uns nach Riksgränsen in Schweden. Sein Vater kam zum Flughafen und sagte, ich solle gut auf seinen Sohn aufpassen. Wir filmten seinen Part an einem einzigen Tag, unglaublich. Andere brauchen einen ganzen Winter für so etwas. Es war eine tolle Zeit.


Da klingt Wehmut mit.
Vielleicht. Ich bin dankbar, dass ich das alles erleben durfte. Mein Bildband ist der Versuch, dieses Lebensgefühl zu dokumentieren. Ich hatte Aktenschränke voller Dias und Ordner voller Negative. Ich habe beides in jahrelanger Arbeit digitalisiert, und daraus ist das Buch entstanden, das diese Zeit wieder aufleben lässt. 


Kann man heutiges Snowboarden mit dem damaligen vergleichen?
Das Level ist unglaublich gestiegen. Alles ist viel technischer, es geht nur noch darum, noch mehr Drehungen zu schaffen. Wir haben die Kicker und Halfpipes selbst gebaut, heute ist das professionalisiert. Aber es gibt immer noch kleine Crews mit Rebellentum, die ihr eigenes Ding machen wollen. Das ist toll.


Boarden Sie noch?
Ja, es gibt nichts Besseres als einen Tag mit Powder.

An den Swiss Cups traf sich die Snowboard-Szene Mitte der 1990er-Jahre jedes Wochenende zu einem Contest. Zu einem Wochenende mit Freunden. Fabien Rohrer und ich schossen nach dem Final Fotos in der Pipe, hier im Hoch Ybrig, 1995.

An den Swiss Cups traf sich die Snowboard-Szene Mitte der 1990er-Jahre jedes Wochenende zu einem Contest. Zu einem Wochenende mit Freunden. Fabien Rohrer und ich schossen nach dem Final Fotos in der Pipe, hier im Hoch Ybrig, 1995.

Quelle: Patrick Armbruster
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