Fake News im Gazastreifen
Im Internet wimmelt es von Falschmeldungen über den aktuellen Krieg in Israel. So erkennen Sie, was stimmt und was nicht.
Im Internet wimmelt es von Falschmeldungen über den aktuellen Krieg in Israel. So erkennen Sie, was stimmt und was nicht.
Wie schon im Krieg gegen die Ukraine missbrauchen Kriegshetzer und politische Agitatoren auch beim Krieg zwischen Hamas und Israel die sozialen Medien. Mit Fake News, also Falschmeldungen, versuchen sie, gegen die gegnerische Kriegspartei zu hetzen oder politische Gegner zu diskreditieren.
Insbesondere auf X, dem früheren Twitter, werden viele Fake News verbreitet. EU-Kommissar Thierry Breton forderte deswegen unlängst von X-Besitzer Elon Musk ein strikteres Vorgehen gegen illegale Inhalte bei seinem Kurznachrichtendienst.
Stimmt es zum Beispiel, dass Israel Phosphorbomben über dem Gazastreifen abgeworfen hat, wie eine gewisse Hareem Shah behauptet? Laut Videomaterial der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ja. Das angebliche Beweisbild stammt aber vom 23. März 2023, als Russland die ukrainische Stadt Wuhledar mit Brandmunition beschoss. Herausgefunden hat das der BBC-Journalist Shayan Sardarizadeh.
Ähnliches behauptet der Post eines gewissen Malik Naeem:
Doch dieses Bild zeigt kein Kriegsgeschehen. Es ist vielmehr ein Screenshot aus einem Computerspiel.
Geradezu zynisch mutet ein Video an, das angeblich Besucher des Festivals zeigt, bei dem die Hamas ein Massaker verübte. Man sieht schreiende Menschen, die anscheinend vor dem Angriff der Terroristen davonrennen. «Festivalgänger rennen um ihr Leben», steht darüber. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Konzert des US-Musikers Bruno Mars, das mehrere Tage vor der Hamas-Attacke in Tel Aviv stattfand – und die Leute rennen, um sich einen guten Platz zu sichern.
Ebenfalls um eine zivile Begebenheit handelt es sich hierbei:
Gezeigt wird keine kriegerische Apokalypse, wie die Überschrift behauptet, sondern ein Feuerwerk nach einem Fussballspiel in Algerien. Zusätzlich wurde das Video noch bearbeitet, damit es dramatischer aussieht.
Um Politpropaganda, die nicht direkt mit dem Konflikt in Nahost zu tun hat, handelt es sich höchstwahrscheinlich hierbei:
Der Post behauptet, US-Präsident Joe Biden habe für Israel bis zu acht Milliarden Dollar an Verteidigungsgütern gesprochen. Das Original war am 25. Juli 2023 für die Ukraine ausgestellt worden, es wurden der Betrag, der Name des begünstigten Landes sowie das Datum geändert.
Wer solche Posts vorschnell teilt, spielt den Hetzern in die Hände. Darum ist es wichtig, den Wahrheitsgehalt zu prüfen, so gut es geht – und im Zweifelsfall eine Nachricht nicht zu verbreiten.
So erkennen Sie Fakes
Ein paar Verhaltensregeln und Recherchetechniken helfen, Fake News zu erkennen und einzudämmen. Schauen Sie Videos und Bilder sehr genau an. Tragen die Leute der Jahreszeit entsprechende Kleider? Passen abgebildete Gebäude in die Gegend, in der das Bild angeblich aufgenommen wurde? Entdecken Sie Bildelemente, die nicht zur Szenerie passen? Folgen Sie mit der «Reverse»-Suche der Spur eines Bilds. Dazu speichern Sie das Bild auf Ihrem Computer und gehen dann zum Beispiel auf Images.google.com oder Yandex.com/images und laden es dort hoch.
Woher stammt die Nachricht? Posten Sie nur Inhalte aus vertrauenswürdigen, überprüfbaren Quellen. Fake News verbreiten sich nicht zuletzt so schnell, weil sie auf den ersten Blick glaubwürdig und plausibel erscheinen. Versuchen Sie deshalb, herauszufinden, von wem die Nachricht ursprünglich verbreitet wurde, und fragen Sie sich: Ist diese Person oder Quelle vertrauenswürdig?
Haben die Ereignisse tatsächlich so stattgefunden? Ein einzelner Post auf Facebook oder Twitter reicht nicht, um etwas als wahr einzustufen. Suchen Sie unbedingt nach weiteren, voneinander unabhängigen Schilderungen und Quellen. Aber Achtung: Völlig gleich lautende Meldungen bedeuten letztlich nur, dass andere die Nachricht einfach kopiert haben. In seriösen Redaktionen gilt das Zwei-Quellen-Prinzip. Eine Nachricht darf nur weiterverbreitet werden, wenn sie von mindestens zwei unabhängigen Quellen bestätigt wurde. Suchen Sie deshalb auch in etablierten Print- und elektronischen Medien nach der entsprechenden Nachricht.
Kontrollieren Sie die Zahlen. Mit Statistiken lässt sich viel Unfug anstellen. Die dafür verwendeten Daten sind häufig auch auf offiziellen Websites einsehbar, etwa bei statistischen Ämtern oder auf anderen Behörden-Websites. Klären Sie ab, ob die Zahlen stimmen und das aussagen, was behauptet wird.
Überprüfen Sie Zitate, die jemandem zugeschrieben werden. Dazu setzen Sie einfach das entsprechende Zitat in Anführungszeichen in das Suchfeld einer Suchmaschine wie Google oder Duckduckgo.
Factchecking ist eine journalistische Disziplin, die einiges an Erfahrung voraussetzt. In den vergangenen Jahren sind verschiedene Projekte entstanden, die mit professionellen Mitteln Behauptungen, Bilder und Videos aus dem Netz überprüfen. Eine Auswahl:
Mimikama.at
Der österreichische Verein entlarvt seit 2011 Falschmeldungen im Internet. Wie schon zu Corona und zum Ukrainekrieg sind seine Einträge auch in Sachen Nahostkonflikt sehr aktuell.
Correctiv.org
Das spendenfinanzierte Recherchezentrum aus Essen und Berlin ist bekannt für sehr gründliche Analysen von Internet-Posts.
Bellingcat.com
Diese Site hat unter Faktencheckern mittlerweile schon fast Legendenstatus. Die Mitarbeitenden des internationalen Recherchekollektivs analysieren in unermüdlicher Kleinarbeit und mit forensischen Methoden Berichte aus Krisengebieten. Gute Englischkenntnisse und ein langer Atem helfen bei der Lektüre.