Ob im Berg oder in Gewässern: Die Schweiz hat ein Problem mit Munition, die im vergangenen Jahrhundert von der Armee entsorgt wurde. Das ehemalige Munitionslager in einer Felswand bei Mitholz wird im Rahmen eines milliardenteuren Projekts geräumt. Viele Bewohnerinnen und Bewohner müssen das Dorf im Berner Oberland deshalb verlassen.

8000 Tonnen Altlasten auf dem Seegrund

Noch gänzlich unklar ist hingegen, was mit den rund 8000 Tonnen militärischer Munition geschehen soll, die zwischen 1918 und 1964 in Gewässern entsorgt wurden. Betroffen sind namentlich der Thuner-, der Brienzer- und der Vierwaldstättersee. Dort liegen die Altlasten in 150 bis 220 Metern Tiefe im trüben Wasser, teils unter meterdicken Sedimentschichten.

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Laut mehreren Risikoanalysen geht von der unbenutzten Munition keine Bedrohung aus. Zuletzt kam 2020 ein Bericht des Verteidigungsdepartements (VBS) zum Ergebnis, dass durch die Sprengstoffe «keine negativen Auswirkungen auf die Wasserqualität» zu befürchten seien.

Ein Gefahrenpotenzial bleibt trotzdem bestehen. Falls beim fortlaufenden Monitoring des Seewassers eine Freisetzung von Schadstoffen festgestellt würde, könnte eine Bergung der versenkten Munition zum Thema werden. Bloss weiss niemand so recht, wie das geht.

Ideen für mehr Know-how gesucht

Deshalb beschritt Armasuisse, das Bundesamt für Rüstung, im Sommer 2024 einen ungewöhnlichen Weg: Es startete einen öffentlichen Ideenwettbewerb und lockte mit einem Preisgeld von 50’000 Franken. Gefragt waren Vorschläge, wie die Munition ohne Risiko für Mensch und Umwelt an die Oberfläche geholt werden könnte.

Unmittelbar sei keine Bergung geplant, versicherte Armasuisse. Es gehe bei der Ideensammlung in erster Linie um den Aufbau von Wissen über mögliche Methoden – vor allem aus der Industrie und der Wissenschaft erhoffe man sich Inputs. Die Militärbehörden selbst hatten Techniken wie Bergemagnete, Siebgreifer oder Unterwassersauger ins Spiel gebracht.

Launige Vorschläge: Delfine und Schulkinder

Die mit allerhand Brimborium lancierte Aktion erwies sich als Erfolg. Innert der gesetzten Frist gingen bis Februar 2025 gegen 100 Ideen ein. Die drei besten würden bald vorgestellt, hiess es damals. Doch seither herrscht bei Armasuisse Funkstille.

Die ursprünglich für April geplante Präsentation wurde auf Ende Mai verschoben. Dann hiess es vage, sie «verschiebe sich» abermals. Jetzt ist September, und Armasuisse-Sprecher Kaj-Gunnar Sievert schreibt auf Anfrage des Beobachters: «Die Evaluation der eingereichten Ideen nimmt mehr Zeit in Anspruch als angenommen. Entsprechend verzögert sich die Bekanntgabe der Wettbewerbsergebnisse bis auf weiteres.»

Das Nichtwissen regt die Fantasie an. Der «Sonntagsblick» etwa unkte, es habe unter den eingereichten Ideen auch solche, die «eher aus Absurdistan stammen könnten». So schlage jemand vor, Delfine zur Bergung der Munition einzusetzen. «Andere wollen Schulkinder mit magnetischen Angelruten ausstatten, um die Bomben zu heben.» 

Etwas aus der Zeit gefallen

Diese launige Betrachtung ist ein Fingerzeig, dass der experimentelle Ideenwettbewerb – damals ausgetüftelt in den «Innovationsräumen VBS» – in Zeiten einer verschärften Sicherheitslage und von Beschaffungsproblemen bei der Armee unterdessen reichlich schief in der Landschaft steht. 

Zur Sache an sich gebe es «keine weiterführenden Informationen», schreibt der Armasuisse-Sprecher. Es ist zu vermuten, dass das VBS derzeit andere Prioritäten setzt, als im Trüben nach alter Munition zu fischen.