Vier Wochen nachdem Lisa ihren Freund Peter verlassen hat, erhält Sie eine WhatsApp-Nachricht, die ihr Angst macht. Seit der Trennung hatte er sie beschworen, zu ihr zurückzukehren. Nun zieht er alle Register: «Es kommt sonst nicht mehr gut.» Wenn sie nicht zu ihm zurückkomme, könne er für nichts mehr garantieren. Spätestens mit dieser subtilen Suiziddrohung weist Peters Verhalten Stalking-Charakter auf. 

Was ist Stalking?

Der Begriff Stalking stammt ursprünglich aus dem englischen Jägerjargon. «To stalk» heisst «sich heranschleichen». 

Eine allgemeingültige Definition des Begriffs existiert nicht. Grundsätzlich versteht man unter Stalking das wiederholte Verfolgen und Belästigen eines Menschen, so dass dessen Sicherheit bedroht und seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt wird. 

Mögliche Handlungen von stalkenden Personen

Allgemein wird zwischen drei Stalking-Handlungen unterschieden (nicht abschliessend)

 

Kommunikation

  • Ständige Telefonanrufe zu jeder Tages- und Nachtzeit (Telefonterror). 
  • Massenhaftes Zusenden von SMS, WhatsApp-Nachrichten oder E-Mails sowie ständige Belästigungen in Internet-Chaträumen oder sozialen Netzwerken. 
  • Unerwünschte Geschenke. 
  • Schädigung des Opfers in sozialen Netzwerken Facebook So schützen Sie Ihre Daten durch Veröffentlichung von privaten Informationen und Inhalten sowie Aufgabe von Anzeigen im Namen des Betroffenen. 
  • Kontaktversuche bei Freunden und Bekannten des Opfers. 

 

Aggression

  • Rufschädigung durch Verbreiten unwahrer Aussagen gegenüber dem Betroffenen und seinen Angehörigen, Nachbarn oder Arbeitskollegen sowie Falschanschuldigungen gegen das Opfer bei Polizei oder Arbeitgeber. 
  • Beschimpfungen und Drohungen gegen das Opfer, darunter auch (mehr oder weniger) subtile Suizidandeutungen. 
  • Sachbeschädigung am Eigentum des Betroffenen (Beschädigen von Autotüren, Fensterscheiben, Briefkästen etc.). 
  • Tätlichkeiten, Körperverletzung oder sexuelle Gewalt. 

 

Verfolgung

  • Auflauern des Opfers. Stalker kundschaften im Vorfeld dessen Tagesablauf aus, auch über das Ausspionieren seiner Online-Aktivitäten.
Was tun als Opfer

Das Allerwichtigste vorweg: Seien Sie aktiv, und zwar frühzeitig. Es ist bekannt, dass viele Stalker von ihrem Tun ablassen, sobald Behörden involviert sind. Weitere Tipps, die sie als betroffene Person beachten müssen: 

 

  • Grenzen setzen – und zwar klar und deutlich 

Opferberatungen empfehlen, der Tatperson ein einziges Mal deutlich und unmissverständlich klar zu machen, dass Sie keinen Kontakt (mehr) wünschen. Tun Sie das am besten vor Zeugen. 

Danach unbedingt konsequent bleiben und alle Kontaktversuche ausnahmslos ignorieren. Zögerliches Verhalten oder Rückzüge können von der stalkenden Person falsch interpretiert werden. 

 

  • Umfeld informieren 

Beziehen Sie Ihr privates und geschäftliches Umfeld mit ein. Bei Stalking kann Öffentlichkeit schützen. 

 

  • Tagebuch führen 

Halten Sie alle Handlungen des Täters schriftlich fest. Notieren Sie Datum und Uhrzeit, sichern Sie E-Mails und Briefe, machen Sie Fotos und Screenshots von Chatverläufen und bewahren Sie Geschenke und Grusskarten auf. 

Es gilt: Je genauer Sie den Stalking-Verlauf aufzeichnen, desto besser kann dessen Verlauf rekonstruiert werden. Das dient der Beweissicherung und verschafft Ihnen bessere Karten vor den Behörden. 

 

  • Unterstützung suchen 

Schämen Sie sich nicht, professionelle Hilfe zu suchen. Es gibt eine Vielzahl an Opferberatungsstellen (siehe Abschnitt unten). Holen Sie sich auch in Ihrem privaten Umfeld Hilfe. Bei der Suche nach Hilfe gilt allgemein: Lassen Sie sich nicht von Standardfloskeln («Das kann doch gar nicht so schlimm sein.») einschüchtern. Aussenstehende tun sich häufig schwer damit, die Tragweite des Problems zu erfassen. 

 

  • Sie sind nicht schuld 

Wie bei anderen Gewaltdelikten neigen auch Stalking-Opfer vereinzelt dazu, die Schuld bei sich zu suchen. Wurde dem Täter vielleicht zu viel Hoffnung gemacht? Hier sei gesagt: Stalking kann jede und jeden treffen. Das Opfer trägt keine Schuld für das, was der Täter macht. 

Was tun als Angehörige eines Opfers

Wenn eine Ihnen nahestehende Person von Stalking betroffen ist, sollten Sie nicht in Aktionismus verfallen und den Täter aufsuchen, sondern sich auf die seelische Unterstützung des Opfers konzentrieren. 

 

  • Nicht aktiv einmischen

Angehörige von Stalking-Opfern verspüren oft den Drang, den Täter zur Rede zu stellen oder zwischen Täter und Opfer zu vermitteln. Opferberatungen raten strikt davon ab, Kontakt mit dem Täter aufzunehmen. Auch Kontaktversuche durch die stalkende Person sollten von den Angehörigen konsequent abgeblockt werden. Wenn das Opfer seinem Stalker bereits deutlich gemacht hat, dass es keinen Kontakt wünscht, wird er auch nicht auf Dritte hören. Unüberlegtes Handeln von Angehörigen – wie beispielsweise Drohungen oder gar Gewalt gegen den Täter – verschärft die Situation und macht es für das Opfer noch schwieriger. 

 

  • Betroffene Person unterstützen

Statt sich auf den Täter zu konzentrieren, ist es die wichtigste Aufgabe der Angehörigen, das Opfer zu unterstützen. Viele Betroffene fühlen sich durch Stalking hilflos und erleiden einen Verlust ihres Selbstwertgefühls. Die Folge ist ein sozialer Rückzug. Wichtig ist es, dem Opfer zuzuhören und seine Aussagen nicht in Frage zu stellen. Stalking-Opfer leiden häufig darunter, dass ihre Schilderungen auf Unverständnis stossen. Machen Sie dem Opfer keine Schuldgefühle. Betroffene Personen plagen sich in den meisten Fällen ohnehin schon mit Selbstvorwürfen. Die einzige Person, die Schuld am Stalking trägt, ist die stalkende Person selbst. Vermeiden Sie daher Sätze wie: «Vielleicht hast du ihm/ihr ja einen Grund gegeben?». 

Helfen Sie der betroffenen Person, Beratungsstellen zu finden (siehe Abschnitt unten). Bieten Sie der betroffenen Person an, jederzeit für sie da zu sein, ohne sie zu bedrängen. 

Rechtslage – Stalking

Anders als etwa in Deutschland existiert in der Schweiz der Straftatbestand «Stalking» (noch) nicht. Allerdings erfüllen einzelne Handlungen des Stalkings andere Straftatbestände. Zu den häufigsten gehören: 

 

  • Drohung (Art. 180 StGB) 

Dabei ist es irrelevant, ob die Tatperson ihre Drohung wahr macht oder nicht. 
 

  • Nötigung (Art. 181 StGB)

Hier ist entscheidend, ob eine konkrete Handlung des Täters vorliegt, die das Opfer zu einer Verhaltensänderung zwingt. Beispielsweise zwingt das regelmässige Auflauern am Arbeitsweg das Opfer dazu, seinen Arbeitsweg zu ändern. 
 

  • Missbrauch einer Fernmeldeanlage (Art. 179 StGB)

Hier gelten nicht nur Anrufe, in denen das Opfer bedroht wird. Auch wiederholte Anrufe, bei denen der Täter nichts sagt, gelten als Belästigung.  
 

  • Ehrverletzung (Art. 173 StGB) 

Beschimpfungen sind verbal, schriftlich, durch Bilder oder Gebärden möglich und werden dem Opfer gegenüber vor Drittpersonen geäussert. Ausschlaggebend dabei ist nicht das Empfinden des Opfers, sondern wie Drittpersonen die Äusserungen wahrnehmen können. 
 

  • Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB)

Hier ist das Wort «Haus» nicht wörtlich zu nehmen. Hausfriedensbruch fängt schon an, wenn der abgegrenzte Garten (durch Zaun, Hecke, Mauer o.Ä.) betreten wird. 
 

  • Körperverletzung (Art. 122 StGB) 

Wichtig ist hier, dass der Gewaltakt weder eine Verletzung noch bleibende Schäden verursachen muss, um als Straftatbestand zu gelten. Zudem kann eine Körperverletzung auch bei Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit vorliegen. 
 

  • Sexuelle Nötigung (Art. 189 StGB)

Diese kann in Worten, Gesten oder in Taten ausgeführt werden. Ausschlaggebend ist dabei nicht die Intention des Täters, sondern wie die Handlungen vom Opfer wahrgenommen werden. 

Beratungsstellen
  • In jedem Kanton gibt es eine kantonale Opferberatungsstelle, die Opfer in psychischen, finanziellen und rechtlichen Fragen berät. Für Zürich: Opferberatung Zürich, Gartenhofstrasse 17, 8004 Zürich: +41 44 299 40 50 

 

Schweizweit

3 Tipps: Stalker loswerden

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Werden Sie von einem aufdringlichen Verehrer belästigt und bedroht? Wir haben Ihnen 3 Tipps.
Quelle: Beobachter Bewegtbild
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