Das Wort «Wildwuchs» fällt mehrmals an diesem Nachmittag in Bern. Die zwei Dutzend CBD-Experten sind sich einig: Gegen den «Wildwuchs» muss man vorgehen. Initiiert hat die Veranstaltung die Schweizerische Normen-Vereinigung. Sie brachte die Hanfproduzenten, die sonst in einem harten Konkurrenzkampf stehen, an einen Tisch. Nach zwei Stunden Diskussion formulieren sie ihr Ziel: CBD soll normiert werden.

CBD-Produkte boomen, der Stoff wird als Wundermittel gehandelt. Warum aber will sich eine Branche selber regulieren, bei der momentan alles zum Besten steht?

Es ist kein Rauschmittel 

Das Kürzel CBD steht für Cannabidiol, einen Inhaltsstoff der Hanfpflanze, der bei Epilepsie, Angstzuständen und Schmerzen helfen kann. Verkauft wird es in Form von Blüten, Pulver, Ölen oder Pasten. Damit lässt sich gutes Geld verdienen. Und ganz legal, solange der Gehalt an berauschendem THC unter einem Prozent liegt. Cannabidiol berauscht nicht, aber es beruhigt.

Eine Beschränkung gibt es allerdings: Die Hanfläden dürfen CBD nicht als Heilmittel anpreisen. So halten es das Bundesamt für Gesundheit und das Heilmittelinstitut Swissmedic in einem Merkblatt fest. Denn wenn CBD als rezeptpflichtiges Arzneimittel verkauft wird, untersteht es strengen Anforderungen. Momentan gibt es nur einen Apotheker in der Schweiz, der eine Ausnahmebewilligung für die Abgabe besitzt.

«Wir wollen ein Zeichen setzen und zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen.»


Claudio Buholzer, Präsident der IG Hanf

Bei der Deklaration lassen sich die Hanfläden entsprechend viel einfallen. Die Beschreibungen auf den Verpackungen der Tinkturen, Kapseln oder Pasten sind alles andere als einheitlich. Varianten gibt es bei den Produktkategorien («Chemikalie», «Kosmetika», «Rohstoff») und den Inhaltsstoffen. Jeder Verkäufer deklariert den CBD- und den THC-Gehalt aufgrund eigener Analysen.

«Normen könnten alle Schritte vom Anbau bis zum Vertrieb einschliessen», sagt Sebastian Streb von der Firma Medropharm, der in Bern dabei war. Das Unternehmen entwickelt Cannabis-Präparate für die Medizin und vertreibt über eine Tochterfirma auch CBD-Blüten. Streng genommen müsste alles normiert werden, bis hin zur Ausbildung des Gärtners. Wünschbar fände er auch Grenzwerte für Pestizide, Insektizide oder Schwermetalle. «In erster Linie müssen jetzt aber einheitliche Analysemethoden für die Cannabinoide her.»

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Einheitliche Analysemethoden

Diese Meinung teilt Andreas Sigrist, Geschäftsleiter des Analyselabors Simec. «Damit man Inhaltsstoffe auf einer einheitlichen Ebene vergleichen kann, braucht es zuverlässige, geprüfte Methoden.» Zuerst müsse man nun aber das gesamte Produktspektrum erfassen. «Es braucht angepasste Methoden für die Aufarbeitung und die Analytik der einzelnen Kategorien wie Blüten, Extrakte oder Öle.»

«Auf der Grundlage der Normen könnte später ein Label für Hanfprodukte entstehen. Wie Bio Suisse bei Lebensmitteln», sagt Claudio Buholzer, Präsident der IG Hanf. Die Interessengemeinschaft wurde dieses Jahr gegründet und zählt 45 Mitglieder, vor allem CBD-Läden und -Produzenten. «Wir wollen ein Zeichen setzen und zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen. Es geht darum, den Kunden sichere Produkte zu verkaufen.»

Nur eine Frage ist für Buholzer noch offen: Wer soll das alles bezahlen? Darauf wird die Normen-Arbeitsgruppe aus CBD-Experten eine Antwort finden müssen. Sie soll in wenigen Wochen gegründet werden. Damit ist klar: Auf ein Cannabis-light-Label müssen Konsumenten noch länger warten.

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