Mark Twain sah sein Laster mit einem Augenzwinkern. «Mit dem Rauchen aufzuhören , ist kinderleicht. Ich selbst habe es schon hundertmal geschafft», soll der bekannte US-Autor gesagt haben.

Walter Noser erging es ähnlich. «Seit 2008 war ich etwa sieben Jahre ohne Zigarette. Dann habe ich mich auf einsamer Reise in Berlin abends in einer Kneipe von einer herumliegenden Zigarette verführen lassen.»

Seither ist Noser wieder starker Raucher. Der langjährige Beobachter-Berater arbeitet heute bei der Kesb Winterthur-Andelfingen. Die Zigarette ist ihm zum Ritual geworden – nicht nur in Stresssituationen: morgens beim Aufstehen, in der Pause bei der Arbeit, beim Bier mit Freunden, abends vor dem Schlafengehen. Ein Ritual, das das Aufhören erschwert. «Der schwierigste Teil der Raucherentwöhnung ist die Frage, wie man Situationen verhindern oder verändern kann, in denen man bislang zur Zigarette gegriffen hat», sagt Isabella Sudano, die seit 16 Jahren in der Kardiologie des Zürcher Unispitals die Sprechstunde zur Tabakentwöhnung leitet.

Dass sich die Entwöhnung lohnt, muss man heute niemandem mehr erklären. Mehrere Krebsarten, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Hirnschlag sowie lebensverkürzende Atemwegserkrankungen wie COPD sind nachgewiesene Nebenwirkungen des Rauchens Tabak Das Spiel mit dem Feuer . Raucherinnen und Raucher leben im Schnitt zehn Jahre weniger lang als Rauchfreie. «Daran ändert auch eine Reduktion des Tabakkonsums nichts. Das zeigen jüngere Studien», sagt Isabella Sudano.

Spontan mit dem Rauchen aufhören, geht kaum

Das Hauptproblem beim Aufhören ist nicht allein das Nikotin. Es wirkt zwar beruhigend und führt zu einem positiven Grundgefühl. Eine Zigarette ist damit wie ein Belohnungssignal, das vor allem in Stresssituationen den Grundstein für die Abhängigkeit legt. «Der andere Teil des Problems ist die psychische Komponente, die Gewohnheit», sagt Sudano. Sie sei der Hauptgrund für einen Rückfall, auch Jahre nach einem erfolgreichen Rauchstopp.

Wer den Entzug im Alleingang versucht, hat es entsprechend schwer. In Studien schneiden Nikotinersatzpräparate oder ein Spontanentschluss zum Rauchstopp sowie sanfte Methoden wie Akupunktur oder Hypnose am schlechtesten ab. «Nur etwa jeder Zwanzigste schafft es damit», sagt Isabella Sudano.

«Der Nikotinentzug war für mich kein Problem. Viel schwieriger war der psychische Entzug.»

Walter Noser, Starkraucher und ehemaliger Beobachter-Berater

Manche versuchen eine Verhaltenstherapie in Eigenregie mit Fachliteratur, Apps oder Youtube. Dazu braucht es aber viel Selbstdisziplin. Zudem hat man keine Ansprechpartner, wenn man unterstützende Medikamente will, die Entzugssymptome effektiver lindern. Nikotinersatzprodukte als Pille, Pflaster, Kaugummi, Lutschtablette oder Spray sind zudem teuer – Entzugswillige wenden sie aus Spargründen oft zu gering dosiert an, und so helfen sie nicht.

Haben Sie einen Weg gefunden, mit dem Rauchen aufzuhören? Erzählen Sie uns davon in den Kommentaren unten.

Gruppen können für einen Rauchstopp helfen

Ein professionelles Programm, das meist über drei Monate läuft und oft von der Krankenkasse bezahlt wird, zeigt in wissenschaftlichen Untersuchungen viel bessere Erfolgsquoten. Das konnte etwa die Eagles-Studie zeigen, 2016 in 16 Ländern mit über 8000 Probanden durchgeführt. Die Testpersonen erhielten eine Entwöhnungsberatung, dazu entweder das Medikament Champix oder Zyban, ein Nikotinpflaster oder ein Placebo. Am Ende war etwa jede dritte Person, die neben der Betreuung auch Medikamente erhielt, nach 24 Wochen rauchfrei. In der Gruppe mit Beratung und Placebo schaffte es nur etwa jede siebte Person.

Walter Noser absolvierte 2008 einen dreimonatigen Entwöhnungskurs in einer Suchtgruppe, ohne Medikamente und Pflaster – der Erfolg hielt sieben Jahre lang an. «Der Nikotinentzug war für mich kein Problem. Viel schwieriger war der psychische Entzug – da hat die Gruppe geholfen», erzählt Noser.

Intensive Träume und Übergewicht

Der Vorteil der professionellen Entwöhnung ist, dass sie auf Raucherinnen und Raucher zugeschnitten ist. Viele lassen sich Medikamente verschreiben, Noser entschied sich für Champix. Er bekam davon «abnorme Träume», andere kämpfen mit Übergewicht oder Schwermut. Auch die Alternative Zyban hat teilweise heftige Nebenwirkungen . Zurzeit ist Champix wegen Verunreinigungen in der Produktion allerdings bis auf weiteres nicht auf dem Markt. Und bei Zyban gibt es Lieferengpässe.

Manche benutzen wegen der Nebenwirkungen nur Nikotinersatzmittel. «Betroffene suchen sich mit ärztlicher Hilfe das richtige Mittel aus und besprechen immer wieder, wie sie sich in ihrem Alltag von der Zigarette lösen können», sagt Isabella Sudano. Der Ersatz kann sein, einen Spaziergang im Grünen zu machen, die Lieblingsmusik zu hören, Leute zu beobachten, Yoga. Wichtig sei es, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Auf Dauer verändert sich die Routine, die einen einst zur Zigarette greifen liess.

Auch Walter Noser will es jetzt noch mal wissen. «Rauchen passt nicht zu meiner Vorstellung eines selbstbestimmten Lebens», sagt er. Ausserdem sei er bald der Einzige in seinem Bekanntenkreis, der noch rauche. «Aber allein mit meinem Willen schaffe ich es nicht. Ich brauche Unterstützung und ein Konzept.»

Rauchstopp-Beratungsstellen in den Regionen

Mehr zu Sucht bei Guider

Von Sucht ist schnell mal die Rede. Doch was bedeutet es, süchtig nach etwas zu sein? Was geschieht mit unserer Psyche, wenn wir süchtig werden? Und wo finden Angehörige von Süchtigen Hilfe? Finden Sie als Beobachter-Abonnent Antworten auf diese und weitere Fragen.

Der Beobachter-Gesundheits-Newsletter. Wissen, was dem Körper guttut.

Lesenswerte Gesundheitsartikel mit einem wöchentlichen Fokusthema. Jeden Montag.

Jetzt gratis abonnieren