Als Urs Moser den Brief öffnet, traut er seinen Augen nicht. «Strafbefehl» steht da. Er habe gegen das Gesetz verstossen. Weil er in Deutschland ein Gerät online bestellte, das in der Schweiz verboten ist. Er wird zu einer Busse von 200 Franken verurteilt und muss zudem 400 Franken Gebühren zahlen. Moser, der in Wirklichkeit anders heisst, ist erbost. Vor allem über die Formulierung der Aargauer Staatsanwaltschaft: Er habe vorsätzlich und willentlich gehandelt. Das sei nicht richtig, sagt Moser. Er habe ja nicht absichtlich eine Straftat begangen.

Vor einigen Wochen entdeckte der 65-Jährige auf dem Onlineshop Amazon ein preiswertes Angebot für einen Radarwarner. Im Netz wird dieser als Schutzengel im Verkehr angepriesen. Weil er vor Radarfallen, Bauarbeiten und Unfällen warnt, könne man sich voll auf das Fahren konzentrieren. Moser liest zwar, dass die Benutzung solcher Geräte in gewissen Ländern verboten sei, doch da Amazon eine Lieferung in die Schweiz anbietet, geht er davon aus, dass seine Bestellung kein Problem darstellt.

Aufgepasst beim Onlineshopping

Ein Trugschluss, wie er im Nachhinein feststellt. Nicht nur die Benutzung eines solchen Geräts ist verboten, auch Kauf, Import und Export werden in der Schweiz gebüsst. So lautet die Bestimmung, die im Fall von Moser über den Artikel 98a des Strassenverkehrsgesetzes geregelt ist: «Mit Busse wird bestraft, wer Geräte einführt, die dazu bestimmt sind, die behördliche Kontrolle des Strassenverkehrs zu erschweren.»

Der Onlinehandel kann zur Falle werden. Bei Plattformen wie Amazon, Wish oder Aliexpress kommt man mit wenigen Klicks an Produkte, die in der Schweiz verboten sind. Dass man sich schon mit einer Bestellung strafbar macht, wissen Kundinnen und Kunden oft nicht. Ähnlich wie Moser erging es einem 73-jährigen Berner, der seiner Tochter ein 14-teiliges «Emergency Survival Kit» schenken wollte. Dieses enthielt ein Springmesser, das aufgeklappt länger als 12 Zentimeter misst und für dessen Besitz es in der Schweiz eine Bewilligung braucht. Der Mann wurde laut der «Berner Zeitung» wegen Verstosses gegen das Waffengesetz zu einer Busse von 120 Franken und einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Bezahlen muss er ausserdem die Gebühren von 500 Franken.

«Es obliegt der Kundin, zu klären, ob ein online bestelltes Produkt in der Schweiz verboten ist oder nicht.»

Simon Erny, Sprecher beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit

Eine Übersicht über in der Schweiz verbotene Waren und Produkte gibt es nicht. «Alles aufzulisten, ist ein Ding der Unmöglichkeit», sagt Simon Erny, Sprecher beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). «Ein Verbot hat mit der Beschaffenheit, den Inhaltsstoffen, der Grösse oder Funktionalität eines Gegenstandes zu tun und ist über unterschiedliche Gesetzesbestimmungen geregelt.» Erny verweist auf die Infoseite des BAZG. Dort werden die verbotenen oder bewilligungspflichtigen Produkte in folgende Kategorien aufgeteilt. Wobei die Aufzählung nicht abschliessend ist:

In der Schweiz verbotene oder bewilligungspflichtige Produkte:
  • Tiere und Pflanzen: Tiere, auch Haustiere, können nicht ohne weiteres in die Schweiz gebracht werden. Je nach Tierart und Herkunftsland braucht es eine entsprechende Bewilligung. Viele geschützte Tierarten oder Pflanzen dürfen gar nicht in die Schweiz eingeführt werden. Ebenso wenig Souvenirs, die solche Pflanzen- oder Tierbestandteile enthalten. 
  • Fälschungen: Produktfälschungen dürfen nicht in die Schweiz gebracht werden. Egal, ob neu oder bereits gebraucht. 
  • Kulturgüter: Gegenstände wie eine antike Skulptur, welche die Kultur und Geschichte einer Gesellschaft widerspiegeln, müssen für die Einfuhr bewilligt werden. 
  • Waffen: Die Einfuhr von Waffen oder Waffenbestandteilen oder Munition ist bewilligungspflichtig. Das gilt auch für Wurfmesser, Dolche oder Elektroschockgeräte.
  • Feuerwerkskörper: Bestimmte pyrotechnische Artikel wie Böller, Petarden oder Knallfrösche dürfen nicht in die Schweiz gebracht werden. 
  • Medikamente: Für die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland gibt es umfangreiche Bestimmungen. Die Heilmittelbehörde Swissmedic rät davon ab, Medikamente im Ausland online zu bestellen. 
  • Radarwarngeräte: Produkte, die Geschwindigkeitskontrollen ausfindig machen, sind in der Schweiz verboten
  • Fernmeldeanlagen: Eine Funkanlage, die in der Schweiz verwendet werden soll, muss eine Reihe von Auflagen erfüllen. Ansonsten darf sie nicht importiert werden. 
  • Störsender: Geräte, die das Funksignal von Radios, Fernsehen, Handys oder GPS stören, dürfen nicht in die Schweiz eingeführt werden. 

Mitarbeitende des BAZG überprüfen die Pakete, die via Onlineshopping vom Ausland in die Schweiz gelangen. Bei Verdacht auf ein illegales Produkt informieren sie die zuständige Behörde. Diese entscheidet über weitere Abklärungen und allfällige Massnahmen. Wie oft verbotene Produkte übers Internet verschickt und am Zoll gestoppt werden, kann Erny nicht sagen. Der Onlinehandel wird in den Statistiken nicht spezifisch ausgewiesen. «Produkte, die grösstenteils online bestellt werden und regelmässig am Zoll in grosser Zahl sichergestellt werden, sind verbotene Messer, Schlagstöcke oder ähnliche Waffen. Und gefälschte Markenartikel.» Im Jahr 2022 wurden 37’664 Fälschungen am Zoll gestoppt, die in die Schweiz importiert werden sollten. 

Im Verdachtsfall: Aussage verweigern

Schweizer Onlineshoppern gibt Erny folgenden Tipp: «Es obliegt der Kundin, zu klären, ob ein online bestelltes Produkt in der Schweiz verboten ist oder nicht.» Wer sich unsicher sei, könne sich telefonisch bei der zuständigen Behörde erkundigen. Sich gegen ein Strafverfahren zu wehren, dürfte schwierig sein, so die Einschätzung des Beobachter-Beratungsteams. Wer anstatt der bestellten Ware eine Vorladung für eine Einvernahme bei der Polizei erhält, solle am besten die Aussage verweigern. Der Adressat werde zwar in der Regel als Besteller vermutet. Wenn man Glück habe, werde das Verfahren dennoch eingestellt.

Seriöse Onlineplattformen verbieten zwar den Verkauf von illegalen Produkten. Doch es gelingt den Anbietern offenbar nicht, die unterschiedlichen Länderbestimmungen einzuhalten. Amazon wollte die Fragen des Beobachters nicht kommentieren.