Als er das Couvert öffnete, traute er seinen Augen nicht: 270 Franken für die Offerte einer Sanitärfirma, die den Auftrag nicht erhalten hatte. «Das zahle ich bestimmt nicht», sagt Roland Morger, dessen Namen wir geändert haben. Es ging um den Ersatz eines Abwasserrohrs vom Keller seines Hauses in die Kanalisation. Kosten: rund 2500 Franken. Morger hatte im Juni eine Offerte eingeholt, sich dann aber für ein anderes Unternehmen entschieden.

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«Dass die nicht berücksichtigte Firma plötzlich Geld für ihre Offerte will, finde ich frech», so Morger. Das sei für eine einfache Offerte auch nicht üblich, das hätten ihm mehrere Fachleute bestätigt. Er verweist auch auf ein Merkblatt des Beobachters zu Offerten von Handwerkern.  

Doch im Fall von Morger bestand der Sanitär auf seiner Rechnung. Nach einer Auseinandersetzung per Mail folgte eine dritte Mahnung per Brief. Um die Sache zu Ende zu bringen, überwies Morger 150 Franken. «Ich wollte einen Schritt auf die Firma zugehen, obwohl ich eigentlich gar nichts zahlen müsste.» Er hoffte, die Sache sei damit erledigt.

Er irrte sich. Kurz darauf meldete sich das Inkassobüro Intrum mit Mahnungen plus Gebühren über 271 Franken – und drohte mit einer Betreibung. «Diese Rechnung werde ich bestimmt nicht bezahlen», so Morger genervt.

Offerten sind in der Regel kostenlos

Nicole Müller, Rechtsberaterin beim Beobachter, sagt: «Wenn ein Kunde eine Offerte verlangt und der Handwerker zusagt, handelt es sich in der Regel um ein kostenloses Auftragsverhältnis.» Ausser es wurde etwas anderes vereinbart. Es gibt aber auch Ausnahmen: «Wenn die Offerte besonders aufwendig ist und beispielsweise anspruchsvolle Pläne erstellt werden oder Geräte und Gegenstände demontiert werden müssen, kann eine Offerte etwas kosten.» Ein weiterer Grund könnte eine besonders lange Anreise sein. In Morgers Fall kam der Sanitär aus dem Nachbardorf, nur vier Minuten Autofahrt entfernt.

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Die Firma des Sanitärs sieht sich im Recht. «Auch wir verrechnen einfache Offerten nicht. Im vorliegenden Fall mussten wir aber mehrmals vor Ort fahren, um die nötige Aushubarbeit im Garten mit einem Partnerunternehmen zu besprechen», sagt eine Sprecherin. Die Offerte sei darum mit einem besonderen Aufwand verbunden gewesen. Und der sei – wie in der Rechnung ausgewiesen – nicht einmal vollständig verrechnet worden.

Morger wendet ein, dass der Firma, die den Auftrag erhalten hat, eine einmalige Besichtigung genügt habe. Die Offerte sei dann vom Büro aus erstellt worden.

Sanitärfirma weist Kostenpflicht nun aus

«Ob eine Entschädigung geschuldet ist, müsste letztlich eine Richterin entscheiden», sagt Rechtsberaterin Müller. Auf jeden Fall lohne es sich, die Kostenfrage immer vorab zu besprechen. «Am besten fragen Kunden gleich zu Beginn, ob für die Offerte etwas verlangt wird.» Zu Auseinandersetzungen darüber kommt es immer wieder. Besonders seit Kunden über Internetportale Gratisofferten mit wenigen Klicks einholen können.

Immerhin: Inzwischen hat die Sanitärfirma eine Kostenpflicht für aufwendige Offerten in die allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihrer Website geschrieben. Weil dort oft nicht nachgeschaut wird, wäre es besser, Interessenten auch persönlich darauf hinzuweisen.

Eine gute Nachricht hat die Firma für Roland Morger: Sie will den Fall baldmöglichst abschliessen.

Quellen