Die Migros verkauft derzeit kistenweise «marktfrische» Schweizer Äpfel der Sorten Gala oder Braeburn. Coop bietet die «frischen» Schweizer Apfelsorten Golden oder Greenstar feil. Die Äpfel sind allerdings bereits ein Jahr alt. Sie wurden nicht diesen August von den Bäumen gepflückt, sondern im letzten Spätsommer oder Herbst.

Die «frischen» Galas, Braeburns und Goldens lagerten bis zu zwölf Monate in gekühlten, sauerstoffarmen Lagerhäusern und wurden mit dem chemischen Wirkstoff 1-Methylcyclopropen begast, damit sie nicht reifen. Das energieintensive Verfahren ermöglicht es, die Äpfel 13 Monate lang «knackig, saftig, geschmackvoll und frisch» zu halten, wie die Migros sagt.

Die Konsumenten erfahren davon allerdings nichts. Die Grossverteiler deklarieren nur das Abpackdatum des Lagerhauses. Sie zeigen weder das Erntedatum an noch die Begasung mit dem Reifehemmer 1-Methylcyclopropen. Denn das ist nicht obligatorisch.

Weniger Vitamine

Von einer Irreführung der Konsumenten wollen die Detailhändler aber nichts wissen. Man bewerbe die alten Äpfel als «marktfrisch», weil sich deren Qualität nicht von erntefrischen Äpfeln unterscheide, sagt die Migros.

«Die Deklaration «frisch» steht bei Äpfeln für ein Produkt, das unverarbeitet, nicht gekocht und nicht tiefgekühlt ist sowie ohne Konservierungsstoffe auskommt», lautet die etwas seltsame Argumentation von Coop.

Und der Schweizer Obstverband erklärt: «Der Vitamingehalt nimmt mit zunehmender Lagerdauer etwas ab, die Früchte bleiben aber knackig und gesund.» Schweizer Lageräpfel seien trotz Begasung frei von Konservierungsmitteln.

Wer trotzdem lieber wirklich frische Äpfel kauft, muss laut Migros und Coop beim Verkaufspersonal um Auskunft bitten. Das Wort «neue Ernte» verwenden die Detailhändler nur in einzelne Filialen und nur versuchsweise.

«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.

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