Es begann 2015 mit dem Kauf einer Stirnlampe. Ein Kunde freute sich über den Rabatt im Ochsner Sport in Nyon: nur 34.90 statt 59.90 Franken koste das Produkt. Nach dem Kauf stellte der Kunde fest, dass das ursprüngliche Etikett überklebt worden war. Auf dem Preisschild darunter stand schon 34.90 – offenbar als regulärer Preis. Hatte Ochsner Sport den Originalpreis mit einem fiktiven höheren überklebt, um einen inexistenten Rabatt angeben zu können?
 

Kein Einzelfall

Mit diesem Verdacht wandte sich der Kunde ans Staatssekretariat für Wirtschaft Seco. Das Seco beauftragte daraufhin die Waadtländer Gewerbepolizei mit einer eingehenden Untersuchung von Ochsner-Sport-Filialen. Der Chef der kantonalen Gewerbepolizei, Albert von Braun, sagte im Westschweizer Fernsehen RTS: «Wir haben festgestellt, dass es sich beim Sachverhalt dieses Kunden nicht um einen Einzelfall handelte. Nicht konforme Etiketten wurden auf zahlreichen Artikeln in allen untersuchten Filialen der Kantone Waadt, Wallis und Fribourg gefunden.» Viele Etiketten hätten irreführenderweise einen Rabatt aufgezeigt, sagt von Braun gegenüber RTS.

Da ein potenziell schweizweites Problem vorlag, übernahm das Seco daraufhin eine Koordinationsrolle mit «dem Ziel, eine rasche, ökonomische und korrekte Umsetzung der Preisbekanntgabeverordnung PBV zu erreichen». Das Staatssekretariat mahnte Dosenbach-Ochsner AG, die Muttergesellschaft von Ochsner Sport, im Juli 2016 ab, unter Hinweis auf die Strafbestimmungen des Gesetzes über unlauteren Wettbewerb. Das Unternehmen müsse dafür sorgen, dass die beanstandeten Missstände behoben würden, sonst würden Sanktionen drohen.

Man habe mit den Behörden umfassend kooperiert und alle Massnahmen zur Einhaltung der PBV sofort ergriffen, sagt die Pressesprecherin von Ochsner Sport. Im Oktober 2016 sei die Umsetzung abgeschlossen gewesen.

Sieg vor Gericht

Die Westschweizer Konsumentenorganisation FRC (Fédération romande des consommateurs) erstattete zusätzlich im September 2016 Anzeige bei der Waadtländer Staatsanwaltschaft wegen Verstosses gegen die Preisbekanntgabeverordnung. Und bekam im August 2018 Recht, wie jetzt bekannt wurde. 

Das Unternehmen bedauert auf Anfrage die festgestellten Verfehlungen und akzeptiert die ausgesprochene Busse. Trotzdem hält Ochsner Sport daran fest, dass es sich um Einzelfälle gehandelt habe, die Jahre zurückliegen würden.

Der Sportartikelhändler weist daraufhin, dass wegen der Berichterstattung in der Romandie ein falscher Eindruck entstanden sei: Ochsner sei nicht verurteilt worden, weil es einen täuschenden Vergleich mit dem eigenen Preis deklariert habe. Vielmehr habe man mit einem höheren Konkurrenzpreis verglichen.

Dies ist gemäss der in der Schweiz geltenden Preisbekanntgabeverordnung tatsächlich zulässig, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Konkurrenz diesen höheren Preis wirklich verlangt. Zur Verurteilung kam es, weil es Ochsner Sport nicht gelang zu beweisen, dass die Konkurrenz die betreffenden Artikel tatsächlich zu einem höheren Preis im Sortiment hatte. 

Nur ein Versehen

Die Etikette, die die Geschichte überhaupt ins Rollen gebracht hatte, erklärt Ochsner Sport so: «Das vom Kunden gekaufte Produkt wurde fälschlicherweise zunächst mit einer Etikette versehen, welche lediglich den reduzierten Preis aufführte und nicht auch den regulären Preis, zu dem das Produkt vorher im Verkauf war.» Ochsner habe das mit neuen Etiketten korrigiert, bevor es in Verkauf gelangte. «In wenigen Filialen wurde bedauerlicherweise die fehlerhafte ursprüngliche Etikette nicht ersetzt, sondern mit der korrekten lediglich überklebt.»

Trotzdem: auch auf dem Etikett des Anstosses ist nicht vermerkt, ob es sich um einen Konkurrenz- oder Selbstvergleich oder eine sonstige Reduktion handelt. Laut Verordnung wäre das zwingend.  
 

Verschärfte Regeln gefordert

Robin Eymann, zuständig für Wirtschaftspolitik bei der FRC, freut sich über den Sieg: «Wir sind froh über die Verurteilung von Ochsner, und dass damit der Betrug bewiesen ist.» Über die Busse für Ochsner Sport zeigt sich die Organisation jedoch konsterniert. Lediglich 4000 Franken muss der Schweizer Marktführer für Sportartikel als Strafe zahlen.

Es sei stossend, dass ein Milliarden-Unternehmen, das nachweislich auf nationaler Ebene getäuscht habe, eine solch lächerliche Busse erhalte. Dies zeige deutlich die Grenzen des geltenden Rechts auf, findet Eyman von der FRC. Zudem bezeichnet er das Strafmass als Schlag für die Behörden: «Wieso sollte die Polizei für ein solches Resultat monatelang ihre knappen Ressourcen einsetzen?» 

Konsumentenschützer sind sich einig: Eine Verschärfung der Regulierung sei dringend nötig. Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz SKS sagt: «Grössere Unternehmen bezahlen solche Bussen aus der Kaffeekasse, was sie kaum hindern wird, auf die irreführende Praxis zu verzichten. Wie im Kartellgesetz sollten Unternehmen prozentual nach Gewinn bestraft werden. So würde ein Verstoss gegen Gesetze allen gleich weh tun, egal wie gross die Firma ist.» 

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