«Fliegen liegt nicht in der Natur des Menschen.» Dieser Gedanke schiesst Claudia Müller jedes Mal durch den Kopf, wenn sie einen Flug bucht. «Meine Angst, ein Flugzeug zu besteigen, wird immer grösser», klagt sie. Dabei weiss sie, dass das Flugzeug nach wie vor zu den sichersten Verkehrsmitteln zählt. «Diese Tatsache hilft mir aber nicht, die Angst zu überwinden.»

Nicht die Furcht vor einem Absturz oder einem Terroranschlag plagt die 42-jährige Zürcher Krankenschwester – es ist «eine Art Beifahrersyndrom»: das Gefühl, das eigene Wohl in die Hand einer fremden Person legen zu müssen. «Ich rechne immer mit dem Schlimmsten», sagt Müller.

In der Schweiz leidet jeder Dritte unter Flugangst, der so genannten Aviophobie, oder hat Stress beim Fliegen, schätzen Experten. Die ersten Symptome beginnen oft Wochen vor dem Flugtermin: feuchte Hände, Herzrasen, Schweissausbrüche – in seltenen Fällen sogar regelrechte Panikattacken.

Bettina Schindler, Psychologin FSP, hat sich auf das Thema Flugangst spezialisiert: «Oft sind unruhige Flüge oder allgemein schlechte Erlebnisse beim Fliegen die Auslöser der Panik.» In speziellen Seminaren hilft Schindler den Betroffenen, die Angst zu überwinden. Dabei setzt sie auf das Zusammenspiel von Aufklärung über die Technik und Verhaltenstherapie. «Die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer erlernen einerseits Strategien zur Angstbewältigung. Anderseits werden sie mit Entspannungsmethoden vertraut gemacht.» Beruhigende Wirkung haben auch die technischen Ausführungen des Piloten, der am Seminar teilnimmt. Erfahrungen zeigen, dass das Wissen über Abläufe und Geräusche beim Fliegen die Ängste deutlich reduzieren kann.

Laut Bettina Schindler besteigen neun von zehn Teilnehmern nach dem Seminar das Flugzeug zwar mit leichtem Unbehagen, aber ohne Panikattacken. Zu diesen neun möchte auch Claudia Müller gehören: «Der Stress vor jedem Flug verdirbt mir nämlich die Freude am Reisen.» Damit soll jetzt definitiv Schluss sein.