Dezember, Mitte der Neunzigerjahre, in einer kleinen Freiburger Gemeinde. Als junger Vater muss ich ein Fenster für den lokalen Adventskalender dekorieren. Es ist ein sehr kleines Fenster, es bietet keinen Platz für eine grosse Inszenierung. Auch nicht für einen Tannenbaum.

Zu Hause hängen im Kinderzimmer zwei kleine Bären herum. Bei genauerem Hinsehen finde ich noch drei weitere. Es ist unglaublich, wie viele dieser putzigen Tiere eine durchschnittliche Schweizer Familie besitzt. Der Bärenkult unserer Vorfahren – er ist nicht unterzukriegen.

Das Puppenhaus samt Teddybären wird beschlagnahmt. Die Kinder sind begeistert, aber eine erwachsene Stimme dämpft meinen Enthusiasmus: «Das ist ja gut und nett – aber was haben Bären mit der Advents- und Weihnachtszeit zu tun?» Wir befinden uns auf Freiburger Boden – der Einwand ist durchaus berechtigt.

In meiner Verzweiflung suche ich nach religiösen Anknüpfungspunkten – und muss lange in meiner alten Bibel blättern, bis ich fündig werde. Im Alten Testament entdecke ich folgende Passage: «Besser einer Bärin begegnen, der die Jungen geraubt sind, als einem Toren in seiner Torheit.» Komisch, denke ich noch. Ich hätte an dieser Stelle wohl eher Kamele erwartet, aber egal: Die Bärenfamilie und dazu ein Schild mit diesem Spruch darauf – und mein Adventsfenster ist perfekt. Und politisch korrekt.

Als ich das Bibelzitat abschreibe, entdecke ich die eigentliche Überraschung. Der Satz steht im Buch der Sprichwörter: Sprüche 17, Vers 12. Das Fenster, das ich dekorieren soll, ist für den 17. Dezember vorgesehen …

Schon allein einen Bären in der Bibel zu entdecken, war erstaunlich. Aber dann noch einen, verknüpft mit den Zahlen 17 und 12 – das konnte kein Zufall sein. Seit 30 Jahren suche ich nach der Bedeutung dieses kleinen Zeichens.

Liebe Friedenswünsche an alle.

Zur Person
Michel Huissoud