Das ist passiert

Februar 2018, 22.30 Uhr, Lausanne. Der grossgewachsene Mike Ben Peter geriet unweit des Bahnhofs in eine Präventionskontrolle gegen Drogenhandel und wurde von einem Polizisten angehalten. Mike Ben Peter habe sich verdächtig verhalten, heisst es später von Seiten der Polizei. Er habe ein Säckchen hinter einem Auto hervorgeholt.

Der 40-Jährige soll sich lautstark gewehrt haben, als die Polizisten ihm Handschellen anlegen wollten. Gewalttätig sei er aber nicht geworden, heisst es in der Anklageschrift. Letztlich hätten fünf Polizisten den Nigerianer zu Boden gedrückt und mehrere Minuten lang in Bauchlage fixiert. Mike Ben Peter soll keine Luft mehr bekommen und wenig später einen Herzstillstand erlitten haben. Trotz Herzmassage durch die Polizisten und Eintreffen des Rettungsdienstes starb Mike Ben Peter Stunden später im Spital.

Bei der Kontrolle fanden die Polizisten Kokainkügelchen in und neben Mike Ben Peters Mund. Selbst konsumiert hat er die Substanz nicht. Laut der Autopsie hatte der Mann keine Drogen im Blut.

Racial Profiling

Der Tod von Mike Ben Peter sorgt für heftige Kritik. Polizeimassnahmen aufgrund der Hautfarbe, Sprache oder ethnisch-kulturellen Herkunft werden von Menschenrechtsorganisationen als Racial Profiling kritisiert. Dass dieses in der Schweiz Thema ist, zeigt ein im Herbst veröffentlichter Bericht der Uno über das rassistische Verhalten der Polizei in der Schweiz. Dazu untersuchte eine Expertengruppe in Genf, Lausanne und Zürich die Situation von Menschen mit afrikanischen Wurzeln. Sie berichtet von brutalen Verhaftungen, rassistischer Profilerstellung oder verbalen Herabsetzungen. 2022 suchten in der Schweiz 35 Personen aufgrund von Racial Profiling eine Beratungsstelle auf. Das zeigen Zahlen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR).

Oftmals ohne Konsequenzen

Wenn die Betroffenen oder deren Angehörige vor Gericht ziehen, entscheidet dieses nur selten zu ihren Gunsten, schreibt das «Thuner Tagblatt». Für die angeklagten Beamtinnen und Beamten bleiben die Verfahren in den meisten Fällen ohne Konsequenzen.

Im Fall von Mike Ben Peter wurden die Polizisten nicht suspendiert, wie die «Berner Zeitung» berichtet. Die Vorwürfe wiegen allerdings schwer. Als Mike Ben Peter bereits in Handschellen auf dem Boden lag, hätten die Polizisten ihn mit den Knien in die Rippen und den Genitalbereich getreten, schreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage. Dadurch hätten sie dem Verdächtigen mehrere Rippen gebrochen, und er habe Hämatome erlitten. Laut der Anklageschrift wurde Pfefferspray eingesetzt. 

Unabhängige Zeugen gibt es keine. Die Ärzte des Rechtsmedizinischen Instituts der Westschweiz sagten gegenüber dem «Tages-Anzeiger», das Zusammenspiel mehrerer Faktoren – die Bodenlage, eine Herzkrankheit, Stress und das Körpergewicht des Mannes – habe den tödlichen Verlauf der Kontrolle begünstigt.

Bauchlage stark umstritten

Tatverdächtige bei Polizeikontrollen in eine Bauchlage zu bringen, ist höchst umstritten. Nur bei aktivem Widerstand darf eine Person zu Boden gedrückt werden und «schonend» in Bauchlage gebracht werden, zitiert der «Tages-Anzeiger» den Rechtsmediziner Ulrich Zollinger. Wenn die Person auf dem Boden liegt, kann sie in der Stresssituation schnell in Atemnot geraten. Mit zusätzlicher Druckeinwirkung kann dies tödlich enden. Schweizer Polizisten lernen in ihrer Ausbildung verschiedene Techniken zur «Neutralisierung» von potenziellen Gefährdern kennen. Sie wissen um die Gefahren der Bauchlage als Fixiertechnik. 

Ob die Polizisten im konkreten Fall verhältnismässig gehandelt haben oder nicht, ist noch unklar. Das Urteil des Strafgerichts des Bezirks Lausanne steht noch aus.

Fälle wie der von Mike Ben Peter sorgen für Verunsicherung gegenüber der Polizei. Diese kann mit einer groben Kenntnis der eigenen Rechtslage minimiert werden. Was sind die eigenen Rechte, wenn sich eine Polizeikontrolle anbahnt? Und welche Rechte hat die Polizei bei einem Einsatz? Der Beobachter weiss Rat.