Die Polizei konnte nur noch den Tod der 65-Jährigen feststellen. Der mutmassliche Täter, der 78-jährige Ehemann, wurde ebenfalls leblos im gemeinsamen Wohnhaus in Truttikon ZH gefunden. Das war Anfang November. Nach aktuellem Kenntnisstand dürfte der Mann seine Ehefrau und danach sich selbst getötet haben, wie die Kantonspolizei Zürich mitteilte.

Das Tötungsdelikt war kein Einzelfall. Seit Beginn des Jahres wurden in der Schweiz mindestens 25 Frauen durch Männer umgebracht. Im Durchschnitt stirbt jede zweite Woche eine Frau durch einen Mann. Oft sind die Täter Ex-Partner, Familienmitglieder, Bekannte. 
 
Die Schweizer Gesellschaft hat ein Problem, und es heisst Männergewalt. Männer, die Frauen töten. Männer, die Frauen vergewaltigen. Männer, die Frauen schlagen. Laut dem Bundesamt für Statistik sind Opfer von vollendeten Tötungsdelikten in einer ehemaligen oder bestehenden Paarbeziehung fast ausschliesslich Frauen (93 Prozent). Während die Tatverdächtigen vorwiegend männlich sind.

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Die ganz normale Normalität 

Es gäbe also – von Mann zu Mann – einiges zu sagen. Aber wir Männer schweigen. Femizide werden wie private Tragödien behandelt. Und nicht als systemisches Problem. Wir tun einfach so, als wären das Einzelfälle, die nichts miteinander zu tun haben.

Das stimmt aber nicht. Es gibt einen gemeinsamen Nenner. Und der lautet: Täter sind Männer. Dagegen braucht es politische Massnahmen. Und es braucht mehr Engagement von uns Männern im privaten und im öffentlichen Raum, um gegen Männergewalt vorzugehen. 

Hier eine nicht vollständige Liste von Vorschlägen, wo wir anfangen könnten:

Was Männer gegen Männergewalt tun können

  • Darüber sprechen. Und zwar mit anderen Männern. «Hast du von diesem Femizid in Truttikon gehört?» Oder: «Dominique Pelicot hat seine Frau betäubt und von mindestens 51 Männern vergewaltigen lassen. Wie kann es sein, dass keiner intervenierte?» 
  • Sich selbstkritisch beobachten: Wann habe ich mich gegenüber einer Frau übergriffig verhalten? 
  • Übergriffige Freunde, Kollegen, Chefs nicht ignorieren, weil sie «schon immer so waren». Oft beginnt physische Gewalt mit verbalen Abwertungen. Studien zeigen: Männer hören eher auf Männer, die gegen Abwertung einschreiten. 
  • Übergriffige Männer nicht direkt «sozial ächten», wenn sie Grenzen überschreiten. Das kehrt das Problem unter den Teppich und tabuisiert die Gewalt. Besser ist, in einen Austausch zu kommen – unter Männern. 
  • Die Polizei informieren, wenn es Anzeichen für einen bevorstehenden Gewaltausbruch gibt. In vielen Kantonen gibt es ein speziell geschultes Bedrohungsmanagement, um potenzielle Gefährder präventiv anzusprechen.
  • Hilfe suchen. Es gibt zahlreiche Angebote für Männer, die gewalttätige Verhaltensmuster an sich selbst beobachten und darunter leiden. Zum Beispiel das Mannebüro Züri, die Fachstelle Gewalt in Bern oder Konflikt.gewalt in verschiedenen Kantonen. Die Angebote sind kostengünstig und anonym. 
     

Kein gutes Zeugnis

Die gute Nachricht ist: Es tut sich etwas. Das Angebot der Täterprogramme in den Kantonen wächst. Bund und Kantone haben bereits 2021 ein ganzes Massnahmenpaket zum Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt beschlossen. Seit 2024 gilt im Sexualstrafrecht: Nein heisst Nein. Im November 2025 stellte die Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider die erste nationale Präventionskampagne gegen häusliche, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt vor.

Trotzdem bleibt viel Luft nach oben. Die Journalistinnen Miriam Suter und Natalia Widla haben in ihrer Analyse «Niemals aus Liebe. Männergewalt an Frauen» konkrete Problemfelder benannt.

Anders als in anderen Ländern wie zum Beispiel Schweden gibt es in der Schweiz keine zentrale Stelle, die Daten zu Gewalt gegen Frauen erfasst. Diese Daten wären wichtig, um gezielte Massnahmen zu entwickeln. Es braucht mehr Geld für Frauenhäuser und Beratungsstellen. Diese sind kantonal unterschiedlich aufgestellt und notorisch unterfinanziert. Die Einführung einer nationalen dreistelligen Notfallnummer für Gewaltopfer wurde um ein Jahr bis 2026 verschoben. Die Umsetzung der Istanbul-Konvention, ein internationales Abkommen zum Schutz von Frauen und Mädchen, läuft schleppend

Das sind nur einige Beispiele. Sie stellen der Schweiz kein gutes Zeugnis aus, was den Schutz von Frauen angeht. 

«Die Scham muss die Seiten wechseln», hat Gisèle Pelicot immer wieder vor Gericht gesagt. Wir sollten der Frau zuhören, die von über 50 «ganz normalen» Männern vergewaltigt wurde. Männer, es ist an uns. Wir müssen diese Gewalt beenden. 

Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 19. April 2025 veröffentlicht und am 12. November 2025 aktualisiert.

Quellen