Der Eurovision Song Contest hat eine eiserne Regel: Politische Gesten, Texte, Botschaften sind tabu. Natürlich ohne Erfolg. Politik – und Umweltschutz – spielten beim Länderwettbewerb immer wieder eine Rolle. 

Wie im Fall von Katja Ebstein, die 1971 mit «Diese Welt» zum womöglich ersten Mal den Klimawandel besang.

Es geht darin um Ölspuren am Strand, schlotende Kamine und «Düsenriesen» am Himmel. Refrain: «Was werden soll, das liegt an dir.» 

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Der Eurovision Song Contest hat sich seither zu einem globalen Mega-Event mit ungeheurer Anziehungskraft entwickelt. Dank Nemo kommt die Show im Mai in die Schweiz. 20 Minuten nach Bekanntgabe von Basel als Austragungsort waren sämtliche Hotels der Stadt restlos ausgebucht. Zwischen 250’000 und einer halben Million Gäste werden am Rheinknie erwartet.

1000 «Düsenriesen» nach Basel?

Gleichzeitig hat der Kanton Basel-Stadt das ambitionierteste Klimaziel schweizweit: eine Nettonull bis 2037. Was tun die Veranstalter, die Gastgeberstadt Basel sowie die SRG, um die Emissionen gering zu halten?

Sie fokussieren auf die Bereiche Verpflegung, Mobilität und Energie. «Dort sind die grössten Hebel zu erwarten», sagt Maja Hartmann, Mediensprecherin der Gastgeberstadt Basel. Basel will sich von früheren positiven Beispielen wie Malmö im vergangenen Jahr inspirieren lassen. 

Das bedeutet konkret: 

  • Der öffentliche Verkehr wird stark ausgebaut. Es gibt Sondertrams und Extrabusse bis nach Frankreich und Deutschland. Wer in einem Basler Hotel übernachtet, fährt gratis Bus oder Tram, auch das Organisationskomitee und Freiwillige zahlen nichts für den ÖV. Die SBB setzen schweizweit 115 Extrazüge ein. Der öffentliche Verkehr in Basel fährt während der ESC-Woche rund um die Uhr.
  • Die Verpflegung an den Catering-Ständen der Stadt sowie in der Veranstaltungshalle soll grösstenteils vegetarisch, saisonal und regionaler Herkunft sein. Um Foodwaste zu vermeiden, arbeitet die SRG mit der Schweizer Tafel zusammen. 
  • 22 Kameras, 4500 Lichtquellen, 750 Quadratmeter LED-Flächen und ein 100-Tonnen-Trägersystem in der St. Jakobshalle: Das braucht Strom. Adrian Erni, Mediensprecher der SRG, sagt, in der St. Jakobshalle werde «auf energieeffiziente Beleuchtung und Veranstaltungstechnik» gesetzt. «Wo möglich, kommen erneuerbare Energien zum Einsatz.» Die Energie-Grundversorgung in Basel-Stadt ist bereits Ökostrom.

Diesen Massnahmen zum Trotz: Die Ökobilanz eines Mega-Events wie des ESC lässt sich kaum ausbalancieren. Das zeigen Studien und wissenschaftliche Arbeiten wie eine Diplomarbeit der Technischen Universität Wien von 2024 zum CO₂-Fussabdruck von Grossveranstaltungen.

Der Fussabdruck des Verkehrs ist gigantisch

Demnach verursacht der Verkehrssektor den Löwenanteil der CO₂-Emissionen. Nämlich zwischen 60 und 95 Prozent. Züge und Trams können den Fussabdruck abfedern, aber bei einer internationalen Grossveranstaltung wie dem ESC kaum kompensieren. Ein Teil der Gäste fliegt nämlich nach Basel, und der Euroairport präsentiert sich selbstbewusst als einer von sechs handverlesenen Partnern des ESC. 

Auch in Liverpool, wo der ESC 2023 stattfand, war der CO₂-Fussabdruck der Mobilität enorm. Laut Berechnungen verursachten allein die Reisen des Publikums 4450 Tonnen CO₂. Zum Vergleich: Durchschnittlich verursacht eine in der Schweiz lebende Person 12 Tonnen CO₂ pro Jahr.

In Liverpool wurden eine halbe Million Gäste gezählt. Ob dieselbe Masse auch in Basel zu erwarten ist und ob diese sich dann auch ähnlich von A nach B bewegten, sei schwer abzuschätzen, sagte ESC-Gesamtprojektleiter Beat Läuchli zu SRF. Liverpool liege auf der Insel Grossbritannien, sei also nicht für alle auf dem Landweg zu erreichen. Man hoffe, dass für den ESC in Basel mehr Leute mit dem Zug anreisen als 2023 in Liverpool.

 

Grüsse aus der Sauna

Und auf der Bühne selber? Da spielt das Klima zur ESC-Ausgabe 2025 keine Rolle. KAJ, die Favoriten aus Schweden, singen zwar über heisse Luft. Aber der Song «Bara bada bastu» spielt thematisch dann doch nur in der Sauna.

Umwelt und Klima, das war schon mal interessanter: Das Video der Ukrainerin Alyosha zu «Sweet People» wurde 2010 in den Ruinen von Tschernobyl gedreht. Finnland trat gleich mit mehreren Beiträgen an, die Klimaerwärmung thematisierten. «Look Away» von Sebastian Rejman 2019. Oder «Da Da Dam» 2011 von Paradise Oskar über einen Jungen, der den Planeten vor einer Umweltkatastrophe retten wollte. 


2022 zielte die lettische Band Citi Zēni mitten in den Kulturkampf zwischen Fleischessern und Vegetariern. Am Ende sprach dann aber doch niemand über Klimafragen, denn das Lied musste wegen einer obszönen Zeile zu einem anderen Thema zensiert werden. 

Sie lautete: «Anstatt Fleisch esse ich Gemüse und Pussy.»