Nach knapp sieben Jahren sorgt die «Basel nazifrei»-Demonstration vom November 2018 immer noch für Schlagzeilen. Die neueste Wende: Die Basler Staatsanwaltschaft muss den Gummischrot-Einsatz durch die Polizei untersuchen. Das hat das Basler Appellationsgericht entschieden, wie es am Dienstag mitteilte. 

Ein Teilnehmer der Demonstration hatte zuvor Anzeige gegen die Polizei erstattet. Doch die Basler Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein. Dagegen erhob der Teilnehmer Beschwerde beim Appellationsgericht. Dieses wies die Staatsanwaltschaft jetzt an, doch ein Verfahren gegen den involvierten Polizisten zu eröffnen.

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Gummischrot-Einsatz «nicht gänzlich unproblematisch»

Das Gericht begründet den Entscheid damit, dass eine Einstellung des Verfahrens «nur bei klarer Straflosigkeit bzw. offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen» angeordnet werden dürfe. Der zur Diskussion stehende Gummischrot-Einsatz erscheine aber «nicht gänzlich unproblematisch», wie es im Urteil heisst.

Das Gericht räumt ein, dass der Mitteleinsatz zwar nicht «ohne jeglichen Anlass» erfolgt sei. Dass ein «offensichtlich harmloser» Demonstrant und zwei Vermummte zuvor das Absperrband überschritten hatten, wertet es aber «mehr als Provokation denn als effektive Bedrohung». Ausserdem wirft das Gericht die Frage auf, wieso die Polizei auch dann noch Gummischrot einsetzte, nachdem sich die Demonstrierenden wieder zurückgezogen hatten.

Dutzende Prozesse nach Demonstration

Die «Basel nazifrei»-Demonstration beschäftigt die Basler Justiz und Politik seit November 2018. Damals hatte sich Widerstand gegen eine bewilligte Kundgebung der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) formiert – Tausende hatten an der unbewilligten Gegendemonstration teilgenommen. Dabei kam es zu einer Eskalation zwischen Polizei und Gegendemonstranten.

Dies führte im Nachgang der Demonstration zu einer veritablen Flut an Prozessen, die landesweit für Diskussionen sorgte. Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gegendemonstration wurden angeklagt und teilweise erstinstanzlich verurteilt. Ein Anwalt der Angeklagten warf der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft sogar vor, das Gericht getäuscht zu haben, wie der Beobachter berichtete.

Im April 2024 entschied das Appellationsgericht, dass 13 Verfahren neu aufgerollt werden müssen. Zehn Richterinnen und Richter schickte es wegen Absprachen in den Ausstand. 

Lesen Sie hier die Einordnung von Strafrechtsexperte Mark Pieth:

Quellen