Veröffentlicht am 14. Oktober 2025 - 17:44 Uhr
Fitte Muskeln machen stark und glücklich. Und schützen vor Osteoporose und anderen Krankheiten.
Was zeigt, wie fit jemand ist? «Der Händedruck», sagt Professor Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln zum Beobachter. «Erfahrene Ärzte geben ihren Patienten die Hand. Das gilt nicht nur der Begrüssung. Der Arzt bekommt aufgrund der Handkraft einen ersten Eindruck vom Gesundheitszustand seines Gegenübers.»
Auch Studien belegten, dass der Zustand der Handmuskulatur ein zuverlässiger Indikator für die allgemeine Fitness sei, insbesondere bei Frauen ab 40.
In diesem Alter geht es los: Erste Fettpölsterchen an Hüfte und Bauch, der Gürtel muss ein Loch weiter werden, und die Muskelkraft lässt nach. Bereits ab dem dreissigsten Lebensjahr nehme die Muskelmasse jährlich um ein bis drei Prozent ab, sagt Froböse. Den Muskelschwund könne man allerdings durch Training nicht nur stoppen, sondern sogar ein Stück weit rückgängig machen.
«Spätestens ab der Menopause sollten Frauen deshalb mit Muskeltraining beginnen», rät Froböse. Denn mit dem Beginn der Wechseljahre produzieren ihre Eierstöcke weniger von den Hormonen Progesteron, Östrogen und Testosteron. Dann wird die Vorbeugung von Osteoporose – Knochenschwund – für Frauen wichtig. «Die Muskeln sind unsere körpereigene Apotheke.»
Schub für den Stoffwechsel
Bis vor einigen Jahren wurden Muskeln lediglich als Motoren für Bewegung angesehen. «Heute wissen wir, dass die Muskulatur das wichtigste Stoffwechselorgan des Menschen ist. Sie produziert sogenannte Myokine, Botenstoffe der Muskelzellen. Diese gesunden Stoffe werden ausgeschüttet, wenn die Muskeln aktiv sind.»
Myokine wirkten entzündungshemmend, förderten die Elastizität der Blutgefässe, verbesserten Stabilität und Dichte der Knochen und könnten vor vielen Krankheiten bis hin zu Krebs schützen. Auch die Stimmung und die Leistungsfähigkeit des Gehirns würden sie positiv beeinflussen. «Myokine können sogar das Fortschreiten der Demenz verlangsamen.»
«Bei richtigem Training bringen Muskeln die weiblichen Kurven besser zur Geltung.»
Ingo Froböse, Sporthochschule Köln
Zwischen Männern und Frauen gebe es in dieser Hinsicht keine Unterschiede. Der Unterschied zwischen Mann und Frau liege jedoch in der Muskelmasse, die beim Mann etwa 40 Prozent und bei der Frau rund 32 Prozent der Gesamtkörpermasse ausmache.
Auch hätten Männer einen deutlich höheren Testosteronspiegel, was für den Muskelaufbau und die Muskelreparatur von entscheidender Bedeutung ist. Aus diesem Grund falle es Frauen meist schwerer als Männern, Muskeln aufzubauen. Hinzu komme, dass Frauen eine andere Verteilung der Muskelmasse hätten, nämlich mehr im Unterkörper (Beine, Po) und weniger im Oberkörper, was den Aufbau der Oberkörpermuskulatur erschwere.
«Gewichtsreduktion ohne Diät und Jo-Jo-Effekt»
Studien haben gezeigt, dass Frauen oft weniger intensives Krafttraining absolvieren als Männer, was auch auf kulturellen Druck zurückzuführen sein könnte. Dass Krafttraining Frauen weniger weiblich macht, sei ein Aberglaube, sagt Froböse. «Bei richtigem Training bringen Muskeln ihre Kurven besser zur Geltung, straffen unglaublich gut und verbessern die gesamte Körperhaltung – das löst Verspannungen und Rückenschmerzen. Ausserdem verbrennen Muskeln haufenweise Kalorien, was zu einer schnellen Gewichtsreduktion ohne Diät und Jo-Jo-Effekt führt.»
Ein Blick ins Internet zeigt denn auch, dass immer mehr Frauen ihre Erfolge im Kraftraum mit Bizeps, Sixpack und Knackpo zur Schau stellen. Um es so weit zu bringen, braucht es allerdings höhere Trainingsintensitäten: «Damit Krafttraining wirkt, müssen die Muskeln gegen äussere Widerstände arbeiten», sagt Ingo Froböse.
Intensiv muss es sein
Das könnten Freihanteln, Elastikbänder, moderne Fitnessgeräte oder Gewichtsmanschetten sein. Dabei sei das Gewicht wichtiger als die Wiederholung der Übungen. Muskeln brauchen Reize. «Die Muskeln müssen brennen. Ich muss das Gefühl haben, dass ich von Wiederholung zu Wiederholung schwächer werde, dass ich nach 10 bis 15 Wiederholungen denke: Noch eine Wiederholung schaffe ich nicht. Dann kann ich aufhören.»
«Wichtig ist nur, dass Ihr Muskelprogramm Teil Ihres Lebens wird – ein Leben lang.»
Ingo Froböse, Sporthochschule Köln
Dann aber brauche die Muskulatur Ruhe. «Am besten liegen zwischen den Sporteinheiten mindestens zwei Tage Pause. Je intensiver das Training, desto länger sollte die Ruhezeit sein.»
Und am effektivsten trainiere man in Intervallen. «Wenn Sie eine Übung 10- bis -15-mal machen, dann etwa 30 Sekunden pausieren und die Übung wiederholen, erreichen Sie am meisten. Ändern Sie auch die Kraftübungen und Trainingsmethoden, um unterschiedliche Reize zu setzen.»
Erste Erfolge stellten sich nach etwa vier Wochen ein. «Wichtig ist nur, dass Sie dranbleiben und Ihr Muskelprogramm Teil Ihres Lebens wird – ein Leben lang.»
Ohne Eiweiss geht es nicht
Und wie steigt man ein in dieses neue Leben? Im Fitnessstudio wird man professionell betreut. Doch man kann auch daheim muskelfit werden. «Das effektivste Trainingsgerät ist der eigene Körper», meint Froböse. «Der gute alte Liegestütz, die Kniebeugen, der Hampelmann oder das Armkreisen sind super effektiv.»
Wichtig ist jedoch, das Krafttraining mit Ausdauertraining zu kombinieren und auch auf eine eiweissreiche Ernährung zu achten. «Für den Muskelaufbau wird eine tägliche Eiweisszufuhr von 1 bis 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Und man sollte mindestens 100 Kalorien pro Tag über dem Grundumsatz zu sich nehmen. Training ist kein Hungern!»
Froböse empfiehlt, innerhalb von 30 bis 60 Minuten nach dem Training eine Proteinmahlzeit zu sich zu nehmen: Fleisch, Fisch, Käse, Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Erbsen sowie Pilze, Tofu und andere Sojaprodukte eignen sich. Geht es auch mit Protein-Shakes? Froböse lacht: «Ja, aber die schmecken nicht so gut.»
- Ingo Froböse, Professor an der Sporthochschule Köln: Weitere Übungen im Youtube-Kanal
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 7. November 2024 veröffentlicht.