Zuerst kommt Doktor Google: Wer «Kopfschmerzen» und «Fieber» eingibt, sieht beim obersten Treffer: «Kopfschmerzen sollten ärztlich untersucht werden, denn es kann auch etwas Ernsthaftes dahinterstecken. Ebenso sollten Sie einen Arzt aufsuchen, wenn weitere Symptome hinzukommen wie Schwindel, Fieber, hoher Blutdruck oder neurologische Ausfallsymptome.» Mögliche Diagnose: «Hirnhautentzündung.»

Das klingt nicht gut, also ab zum Arzt. So machen es viele. Vor allem junge Leute suchen im Internet nach Hinweisen zu ihren Symptomen. Das Ergebnis: Verunsicherung und volle Wartezimmer bei Haus- und Fachärztinnen. Die Arztbesuche nehmen in der Schweiz seit Jahren zu. Das zeigt das Tarifmonitoring der Ärztegesellschaft FMH, wie die NZZ berichtet. Im Jahr 2022 kamen auf eine Praxis erstmals über 1000 Patientinnen und Patienten. Das sind 15 Prozent mehr als 2017. Zwischen 2021 und 2022 allein stieg die Zahl um 6,5 Prozent. 

Einen Grund sieht die NZZ in der Corona-Pandemie. Durch Berichte, Interviews und Analysen hätten junge Menschen gelernt, dass ein starkes Immunsystem nicht immer vor Infektionen und ihren langfristigen Auswirkungen schützen kann. Zusätzlich habe die Pandemie ein neues Bewusstsein dafür geschaffen, dass medizinische Fakten selten so eindeutig sind, wie man annimmt. Und dass Symptome wie Kopfschmerzen und Fieber zwar auf eine bestimmte Krankheit hindeuten können, das aber nicht zwingend der Fall sein muss.

Gemäss vielen Fachleuten spielen auch die sozialen Medien eine grosse Rolle. Der Boom von Fitness- und Gesundheitsinfluencern konfrontiert junge Menschen immer häufiger mit Vorbildern, die fitter und gesünder als sie selbst scheinen. Influencer teilen ihre Erfahrungen mit gesunden Ernährungsweisen, Ergänzungsprodukten und gewähren Einblicke in ihre Arztbesuche und Check-ups. Das ständige Vergleichen mit solchen Influencern kann dazu führen, dass sie sich selbst nicht mehr als normal gesund wahrnehmen.

Welche Checks sind sinnvoll? Bei welchen sollte man genauer nachfragen, ob sie wirklich etwas bringen? Der Beobachter hat eine Liste zusammengestellt mit den wichtigsten Infos und Fakten.

Sinnvolle Check-ups:

Blutdruckmessung: Geeignet für Frauen und Männer ab 20. Alle drei bis fünf Jahre sollte man seinen Blutdruck messen.


Cholesterinmessung: Männer zwischen 35 und 65 sollten alle fünf Jahre ihr Cholesterin messen lassen. Für Frauen gilt die Empfehlung ab 45, da der Cholesterinwert bei Frauen im Alter zunimmt. Patientinnen und Patienten mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung müssen mit ihrem Arzt absprechen, wie häufig sie eine Messung machen sollten.


Diabetes-Screening: Frauen und Männer ab 45 sollten alle drei Jahre ein Diabetes-Screening machen. Bei Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht, Typ-2-Diabetes in der Familie und Diabetes in der Schwangerschaft muss mit dem Arzt das weitere Vorgehen besprochen werden.


Glaukom-Screening (grüner Star): Männer und Frauen ab 50 wird empfohlen, sich alle zwei bis drei Jahre einer Glaukom-Untersuchung zu unterziehen. Auch hier gilt: Bei Risikopatienten (grüner Star in der Familie, Übergewicht, hoher Blutdruck, starke Kurzsichtigkeit, bei langer Steroidtherapie) mit dem Arzt das weitere Vorgehen abklären.


Gebärmutterhals-Abstrich: Sexuell aktive Frauen sollten alle drei Jahre ein zytologisches Screening machen (ab 21) beziehungsweise ein zytologisches oder ein HPV-Screening (ab 30). 


Dickdarmspiegelung: Frauen und Männer ab 50 sollten alle zehn Jahre eine Dickdarmspiegelung machen lassen. Bei Risikopatienten (Dickdarmkrebs in der Familie, chronische Darmentzündungen, Darmpolypen) sollte alle fünf Jahre eine Spiegelung durchgeführt werden oder nach Absprache mit dem Arzt. 
 

Check-ups bringen viele Vorteile. Zum Beispiel die Früherkennung von Krankheiten, Prävention und Gesundheitsförderung sowie das Gefühl von Sicherheit. Allerdings gibt es Nachteile wie hohe Kosten, Überdiagnosen und Überbehandlungen. Zudem kann sich eine voreilige Untersuchung negativ auf die Psyche auswirken.
 

Diese Check-ups sind umstritten

Mammografie: Für Frauen ohne Risikofaktoren gibt es keine grundsätzlichen Empfehlungen zur Vorsorgeuntersuchung. Für Frauen ab 40 mit Risikofaktoren (familiäre Häufungen) alle zwei Jahre.


PSA-Bestimmungen (Prostata): Laut dem Swiss Medical Board ist der Test keine Empfehlung bei Männern ohne Risikofaktoren, da unter anderem trotz Bestimmung des PSA-Werts eine Reihe von behandlungsbedürftigen Wucherungen unentdeckt bleiben. Bei Männern mit familiärer Belastung (ein erstgradig Verwandter, der jünger als 65 ist, oder mehrere erstgradig Verwandte sind unabhängig vom Alter an Prostatakrebs erkrankt): Untersuchung ab 50 Jahren respektive zehn Jahre vor dem Zeitpunkt der Diagnose beim Verwandten. Die Häufigkeit der Untersuchungen sollte dann mit dem Arzt besprochen werden. 


Darmkrebs (Stuhlprobe auf nicht sichtbares Blut): Unspezifischer Test. Nur empfehlenswert, wenn Patienten sich freiwillig einer zusätzlichen Darmspiegelung unterziehen. 

Wichtig ist, dass man sich bei konkreten Sorgen an eine Fachperson wendet, die Alter, Geschlecht, individuelle Risikofaktoren, Werte und Vorlieben berücksichtigt. Zudem kann man sich übers Telefon informieren. Zum Beispiel beim Aerztefon, einer telefonischen Hotline, die rund um die Uhr medizinische Beratung und Hilfe bietet, oder bei der eigenen Krankenkasse.

Viele Versicherungen bieten mittlerweile das Telmed-System an, ein alternatives Versicherungsmodell, das die Patientinnen verpflichtet, vor jedem Arzt- oder Spitalbesuch eine medizinische Beratungsstelle anzurufen. Man schildert an der Hotline sein Problem und bekommt eine Behandlungsempfehlung.

Ratschläge aus dem Internet sind zudem nicht an sich falsch. Wer seit mehreren Tagen ernsthafte Beschwerden hat, sollte ärztliche Hilfe suchen.