Die Migros schliesst bis Ende Jahr alle Alnatura-Filialen. Tausende Kunden brauchen einen neuen Bio-Laden. Was hat zu dem Aus geführt?

Mit den Alnatura-Biomärkten wollte Migros zu Coop aufschliessen. Denn der Konkurrent hatte sich frühzeitig im lukrativen Bio-Segment breitgemacht. Anfangs schien der Plan für Migros aufzugehen: Der Detailhändler baute das Alnatura-Sortiment in den eigenen Filialen aus und eröffnete zusätzlich 25 eigenständige Alnatura-Läden.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Billig-Bio boomt

Dass die Migros diese nun schliesst, lässt sich als Erfolg deuten. Sie hat ihr Ziel erreicht und braucht keine eigenständigen Standorte mehr. Darauf deutet eine Äusserung von Migros-Zürich-Chef Patrick Pörtig. Er liess sich im Februar in einer Medienmitteilung zitieren: «Auch dank unserer Partnerschaft mit Alnatura hat sich Bio in der Schweiz als nachhaltige Alternative zu konventionellen Produkten etabliert.» Anders gesagt: Die Kundschaft kommt nun auch wegen Bio-Produkten zur Migros.

«Kunden achten stärker auf günstige Preise und Aktionen.»

Nordal Cavadini, Retail-Experte

Doch: Wären die Alnatura-Filialen hochprofitabel gewesen, hätte man sie wohl nicht aufgegeben. Dass sich ein reines Alnatura-Sortiment nicht lohnt, liegt wohl auch an der Preispolitik. Alnatura-Produkte stehen zwischen hochpreisigen Bio-Knospe-Produkten und Billig-Bio vom Discounter.

Die Discounter haben den Bio-Markt in den letzten Jahren ordentlich durchgeschüttelt. Aldi Suisse und Lidl Schweiz drängten mit Billig-Bio-Produkten auf den Markt und übten Druck auf die Preise aus. Auch die Migros-Tochter Denner verkauft Billig-Bio-Produkte. Gleichzeitig wurden die Kunden preissensibler. «Die Preispunkte im Bio-Segment haben sich nach unten verschoben», sagt Retail-Experte Nordal Cavadini von der Unternehmensberatung Alix Partners. «Kunden achten stärker auf günstige Preise und Aktionen. Auch im Bio-Segment.»

Die Grossverteiler Coop und Migros reagierten auf die Discounter und zogen mit neuen günstigeren Bio-Linien nach. Auch Alnatura lancierte zuletzt die Billigmarke Prima! – wohl zu spät.

Alles inhouse

Nach einem Hype während der Corona-Pandemie stagnierte der Bio-Markt. Der Wettbewerb wurde härter. Kleine Lädeli standen zunehmend unter Druck der Grossen. 2023 meldete die Bio-Kette Reformhaus Müller Konkurs an. «Läden, die Produkte bieten, die man auch bei den beiden grossen Anbietern findet, haben Mühe», sagt Bio-Suisse-Sprecher David Herrmann zum Beobachter. Dies dürfte auch auf Alnatura zutreffen.

Da die Migros mehr als 400 Alnatura-Produkte in ihren Filialen anbietet, haben bio-affine Kunden wenig Gründe, extra ein Alnatura-Geschäft zu besuchen. Nun hat sich die Migros die zahlungsbereite Bio-Kundschaft ins Haus geholt, ohne die eigenständigen Alnatura-Filialen betreiben zu müssen. Zumal die Migros seit 2022 auch die beliebte Knospe verwenden darf und damit Bio-Produkte von hoch- bis tiefpreisig anbieten kann – alles inhouse.

Was passiert mit Lieblingsprodukten?

Alnatura-Fans dürften sich die Frage stellen, ob sie künftig noch all ihre Lieblingsprodukte erhalten. Denn wie viele Alnatura-Produkte die Migros in ihr Sortiment aufnehmen wird, ist derzeit noch nicht definiert. Das teilt die Migros auf Nachfrage des Beobachters mit. Auch ist noch offen, ob sie die Alnatura-Billiglinie Prima! weiterführt. Sicher ist nur: Das Alnatura-Sortiment soll schrittweise ausgebaut werden.

Alternativen: ein Gemüse-Abo oder der Einkauf auf dem Markt.

Das gesamte Sortiment der Alnatura-Filialen wird die Migros kaum übernehmen können. Ein Schlag für die betroffenen Produzenten? Zumindest einige Produzentinnen und Verarbeitungsbetriebe sind von der Schliessung der Alnatura-Filialen betroffen, sagt Bio-Suisse-Sprecher David Herrmann. «Wir gehen davon aus, dass sie für ihre Produkte neue Kanäle finden werden.» Der bei Alnatura erwirtschaftete Umsatz ist laut Herrmann klein und werde sich auf andere Läden verlagern.

Wer Bio will, aber weder bei Grossverteilern noch Discountern einkaufen möchte, hat Alternativen: ein Gemüse-Abo oder der Einkauf auf dem Markt. Wichtig dabei: saisonal und regional einkaufen – das ist oft günstiger, wie David Herrmann von Bio Suisse erklärt.