Meine Eizelle gehört mir? Nicht unbedingt
Eine dänische Tiktokerin warnt Frauen mit Kinderwunsch vor der Schweiz – und löst damit eine Debatte aus. Der Beobachter erklärt, was rechtlich gilt, wenn man die Eizellen einfrieren lassen will.
Veröffentlicht am 21. August 2025 - 10:29 Uhr
Das Einfrieren von Eizellen schafft mehr Zeit für die Familienplanung. Es gibt aber gesetzliche Grenzen.
Das Video auf Tiktok sorgte für Diskussionen: Die dänische Musikerin Amanda Rakel warnt davor, Eizellen in der Schweiz einfrieren zu lassen. Denn es ist hierzulande nicht erlaubt, die eigenen Eizellen zu verwenden, wenn man keinen festen Partner hat. Das solle Frauen bewusst sein, die mit dem Gedanken spielen, irgendwann alleinstehend Mutter zu werden, so die Tiktokerin.
In der Schweiz dürfen alleinstehende Frauen ihre Eier tatsächlich nicht künstlich befruchten lassen und ohne Partner Mutter werden. Das wusste Laetizia Wyss zum Beispiel nicht, als sie ihre Eizellen einfrieren liess, wie sie gegenüber dem Beobachter sagt.
Die Schweizerin hatte damals einen festen Freund, der mit ihr am Beratungsgespräch mit der Klinik teilnahm. «Vielleicht wurde das Thema deshalb nicht angesprochen. Ich finde auch in meinen Mails von damals nichts dazu und kann mich nicht erinnern, dass das in einer Broschüre stand», sagt die heute 37-Jährige, die wegen des persönlichen Themas hier nicht beim richtigen Namen genannt werden will.
Verwendung nur mit festem Partner
Wyss ist heute zwar mit ihrem damaligen Freund verheiratet; die beiden versuchen, auf natürlichem Weg ein Kind zu zeugen. Trotzdem findet die ehemalige Profisportlerin, dass die Eizellen der Frau gehören und eine Verwendung auch ohne festen Partner möglich sein müsste. Es sei moralisch sinnvoller, dass jemand selbstbestimmt via Samenspende über das Mutterwerden entscheiden kann, anstatt ins Ausland auszuweichen oder nach einem One-Night-Stand schwanger zu werden.
Das Schweizer Gesetz begründet die Einschränkung primär mit dem Kindeswohl. Generell dürfen nur Paare künstliche Befruchtung anwenden – eine Samenspende sogar nur Verheiratete. Und: Die Eizellen dürfen nur zum Einsatz kommen, wenn es auf natürlichem Weg nicht klappt. Sprich: Es muss ein medizinischer Grund vorliegen.
Geplante Revision: Das Gesetz soll liberaler werden
Welche rechtlichen Hürden gibt es sonst noch? Wir erklären, was frau vor dem Einfrieren wissen sollte.
Die Eizellen ins Ausland transportieren
Es ist gesetzlich nicht verboten, die eingefrorenen Eizellen ins Ausland zu transportieren. Trotzdem ist es ein schwieriges Unterfangen: Durchführende Kliniken sichern sich vertraglich gut ab und lassen einen Transport ins Ausland nur unter strengen Auflagen zu.
Hinzu kommen der Papierkram, Bewilligungen, verschiedene Transportvorschriften in beiden Ländern und zusätzliche Kosten. Und: Natürlich muss es auch im Zielland gesetzlich erlaubt sein, die Eizellen zu importieren und zu lagern. Das Universitätsspital Zürich erlaubt zum Beispiel eine Überführung, wenn die Eizellen-Eigentümerin dauerhaft in ein anderes Land zieht.
Die Behandlung im Ausland durchführen lassen
Wer seine Eizellen lieber in einem Land einfrieren lassen möchte, in dem man diese später auch als Single nutzen kann, kann das so machen. Dabei sollte man aber immer darauf achten, dass die durchführende Klinik seriös ist, und auf das Bauchgefühl hören. Und: die rechtlichen Bestimmungen im betreffenden Land und die Verträge mit der Klinik studieren.
Auch Laetizia Wyss hat sich ursprünglich überlegt, die Prozedur in Kanada zu machen, weil sie dort wohnhaft war. Sie fühlte sich in der Schweiz dann aber sicherer. Ein Transfer der Eizellen in die Schweiz wäre zwar möglich gewesen, aber aufwendig und teuer.
Eizellenspenden sind in der Schweiz verboten
Wenn Eizellen gewonnen und eingefroren werden, gibt es keine Garantie für deren Qualität. Statistisch gesehen, führt nur jede sechste Eizelle zu einer Schwangerschaft. Wenn es nicht klappen will, ist bald Endstation. Denn: Zu fremden Eizellen hat man in der Schweiz (noch) keinen Zugang.
In vielen EU-Ländern ist die Eizellenspende hingegen legal. Es ist also möglich, über den Umweg ins Ausland schwanger zu werden. Gebären kann man dann in der Schweiz. Laut Gesetz ist immer die gebärende Frau automatisch die Mutter.
Die Aufbewahrungsfrist
In der Schweiz dürfen die Eizellen während fünf Jahren konserviert werden und können danach auf Antrag weitere fünf Jahre auf Eis bleiben. Aus triftigen Gründen kann diese Frist erneut verlängert werden. Wer seine Eizellen also zu früh einfrieren lässt, könnte wegen dieser Frist unter Druck geraten. Trotzdem wird empfohlen, die Eizellen vor dem 35. Geburtstag einfrieren zu lassen.
Lohnt es sich?
Das muss jede Frau für sich abwägen, sobald sie sich umfassend informiert hat. Laetizia Wyss ist im Nachgang froh, dass sie den Schritt mit 34 Jahren gemacht hat, auch wenn sie während der Behandlung unter Stimmungsschwankungen litt.
«Es nahm mir als Profisportlerin den Druck, Kinder haben zu müssen, bevor ich 35 bin. Durch das Freezing habe ich auch ein Back-up für den Fall, dass mein Partner und ich nicht problemlos auf natürlichem Weg ein Kind zeugen können.»
- Tiktok: Video von Amanda Rakel
- Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG): Artikel 3, Kindeswohl, Artikel 4, verbotene Praktiken, Artikel 15, Konservierung von Keimzellen
- Bundesamt für Gesundheit (BAG): Faktenblatt zur Revision des Fortpflanzungsmedizingesetzes (PDF)