Plötzlich bestimmt der Partner, welche Fernsehsendung man schaut. Und muss man dringend ins Bad, ist es sicher gerade vom anderen besetzt. Die erste gemeinsame Wohnung ist für Paare ein Härtetest.

«Paare ziehen häufig zu schnell zusammen», warnt der Zuger Paartherapeut Friedemann Haag. «Gerade in der ersten Verliebtheit sieht man nur die Gemeinsamkeiten und weniger die Unterschiede der Persönlichkeiten. Die Realität kommt erst später.» Umgekehrt könne zu langes Zögern die Beziehung belasten: «Der andere könnte das Hadern allenfalls als Ablehnung Psychologie «Bin ich beziehungsunfähig?» oder Zurückweisung deuten.»

Freiräume schaffen trotz Zusammenzug

Wenn zwei zusammenwohnen, müssen beide zwangsläufig einen Teil ihrer Unabhängigkeit aufgeben. Einer der grössten Streitpunkte ist laut Haag die Frage, wie sich zwei Individuen selbst verwirklichen, aber auch als Paar gut funktionieren können. Er empfiehlt, Rituale einzuführen und eine Kultur des Zusammenlebens zu entwickeln.

So ist es etwa sinnvoll, von Anfang an zu klären, ob man jeweils mitteilt, wann man nach Hause kommt – oder ob beide kommen und gehen, wie es gerade passt. Ebenfalls frühzeitig zu klären: Gibt es ein Bedürfnis nach festen «Paarzeiten»? Oder – im Gegenteil – nach «Auszeiten», in denen man lieber etwas mit Freunden unternimmt, allein ist oder einem Hobby nachgeht? «Es ist wichtig, dass Paare lernen, trotz dem ‹Wir› ihre Autonomie zu erhalten und zu pflegen», sagt Haag.

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Ein weiterer Streitpunkt ist die Sauberkeit. Der eine würde vielleicht am liebsten täglich staubsaugen, dem anderen reicht es, wenn die Wohnung alle zwei Wochen geputzt wird. Tatsächlich sind in Paarhaushalten auch heute noch zu 67 Prozent die Frauen für die Hausarbeit hauptverantwortlich. Zu je vier Prozent sind es die Männer oder externe Reinigungskräfte. Bei rund einem Viertel der Paare teilen sich Mann und Frau die Arbeit auf, hat das Bundesamt für Statistik erfragt. Wer also nicht alles mit einem Putzplan regelt oder eine Reinigungskraft engagiert, wird Kompromisse eingehen müssen.

Eine neue Wohnung für beide

Kompromisse machen müssen Paare allerdings bereits vor dem Zusammenziehen. Auf den ersten Blick scheint es einfacher, nur einen Haushalt zu zügeln und beim Partner einzuziehen. Aber: «Suchen Sie eine neue gemeinsame Wohnung», rät Paartherapeut Haag. «Wer beim andern einzieht, gerät schnell in eine Position der Unterlegenheit.» So komme es zu einer Rivalität, die für Streit und Stress sorgen könne.

In einem Daheim, das für beide neu ist, ist es einfacher, Ecken zu definieren, in die sich jeder und jede ab und zu zurückziehen kann. Das Gleiche gilt für die Einrichtung Zusammenziehen Damit zwei sich nicht streiten : Wenn man nicht denselben Geschmack hat, sollten beide einen Bereich in der Wohnung haben, den sie nach ihren Vorlieben einrichten können. In den restlichen Bereichen müssen wiederum Kompromisse gefunden werden.

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Beim Partner Probe wohnen

Zu Reibereien führt oft auch das Thema Einkommen. Es empfiehlt sich, die Finanzen vor dem Zusammenziehen zu klären Konkubinat Fairer Deal für Paare und über hohe Kosten, die danach anfallen, gemeinsam zu entscheiden. Dies ist vor allem dann ratsam, wenn einer der Partner ein deutlich höheres Einkommen hat. «Wer mehr verdient, sollte auch mehr zum gemeinsamen Lebensunterhalt beisteuern», sagt Haag. «So kann ein Gefühl von Ungleichheit und Abhängigkeit vermieden werden.»

Wer sich nicht auf Experimente einlassen will, testet das Zusammenleben vorgängig. Etwa auf einer längeren Reise. Oder indem man probehalber beim Partner einzieht, ohne die eigene Wohnung aufzugeben. So kann man bereits Problemfelder erkennen und ansprechen. Der Paartherapeut rät aber, die Diskussionen kurz zu halten. «Die Paare sollen nicht in einer Problemdiskussion stecken bleiben, bevor der eigentliche Disput entstanden ist.»

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