Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt erliess 2021 ein partielles Bettelverbot. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Beschwerde im Zusammenhang mit einem umfassenden Bettelverbot im Kanton Genf gutgeheissen. 

In Basel kann mit Busse bestraft werden, wer organisiert oder im öffentlichen Raum bettelt. Eine Beschwerde der Sektion Basel der Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS) dagegen wurde nun vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen. «Ein grosser Erfolg», sagt Anwalt Christian von Wartburg, SP-Grossrat im Kanton Basel-Stadt und DJS-Vorstandsmitglied. Der Organisation sei es darum gegangen, dass die persönliche Meinungsäusserungsfreiheit und die persönliche Freiheit nicht eingeengt werden. Bettelverbote seien grundsätzlich problematisch.

Was heisst das für die Praxis?

Michel Steiner vom Verein Gassenarbeit Schwarzer Peter in Basel freut sich: «Für die Praxis ist vor allem wichtig, dass nun nicht mehr sofort Bussen ausgesprochen werden können.» Es seien in der Vergangenheit zu schnell viele Bussen verhängt worden, welche die Bettelnden ohnehin nicht bezahlen konnten. «Das bringt niemandem etwas.» Wer auf der Strasse betteln geht, befindet sich in der Regel in einer ernsten Notlage und kann eine Busse nicht bezahlen. 

Das Bundesgericht hält nun fest, dass stilles Betteln, also nicht organisiertes, aufdringliches oder aggressives Betteln, nicht einfach so gebüsst werden darf. Bisher betrug die Busse maximal 50 Franken. Betroffen waren mittellose Personen, womit die Busse oft bloss einen Zwischenschritt zu einem Freiheitsentzug darstellte. Wer eine Busse wiederholt nicht zahlt, dem droht Gefängnis. Das sei nicht zulässig. «Die angedrohte Busse ist nur dann grundrechtskonform, wenn zuvor mildere Massnahmen zur Durchsetzung des Bettelverbots ergriffen wurden», so das Bundesgericht in Lausanne. Mit «milderen Massnahmen» sind Hinweise aufs Bettelverbot und bei Nichteinhaltung Wegweisungen gemeint. Das gibt den Bettlern und Bettlerinnen die Gelegenheit, zu reagieren. Erst danach darf gebüsst werden. 

Das Bettelverbot in Parks wird aufgehoben, da sich dieses nicht durch ein «überwiegend öffentliches Interesse» rechtfertigen lasse, schreibt das Bundesgericht. 

Anwalt von Wartburg glaubt, dass dieses Urteil Auswirkungen auf die Rechtsprechung in anderen Kantonen haben werde. «Es ist eine Klarstellung vom Bundesgericht zum Betteln in der Schweiz. Ein wegweisendes Urteil», so der Basler Grossrat.

Der Umgang mit bettelnden Personen ist nicht zu trennen von der allgemeinen Armutspolitik. Gassenarbeiter Michel Steiner vom Verein Schwarzer Peter sagt es klipp und klar: «Es müssen die Ursachen von Armut bekämpft werden, nicht die Armen!» Statt Bettlerinnen und Bettler zu vertreiben, sollten die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen, die Armut bedingen, auf lokaler und internationaler Ebene geändert werden.