Fussballstar Neymar faltet die Hände. Vermutlich hat er gerade den Ball ins Lattenkreuz geknallt. Mit diesem Bild eröffnete Pfarrer Dany Rohner seinen Gottesdienst zur Frage «Was bedeutet Erfolg im Leben?». Er hatte das Bild des Prominenten über Google gefunden und in seine Präsentation eingesetzt. Die stellte er dann als PDF-Datei auf die Homepage der Kirchgemeinde Visp VS. Er hatte zwar den Hinweis «Das Bild ist eventuell urheberrechtlich geschützt» gesehen, dachte aber, das sei hier nicht relevant. Schliesslich sollte die Predigt bloss für diejenigen nachzulesen sein, die auch am Gottesdienst Stärkere Abwehrkräfte Leben Gläubige tatsächlich länger? teilgenommen hatten.

1440 Euro für unberechtigte Nutzung

Doch Rohner hatte nicht mit der deutschen Anwaltskanzlei Image Law gerechnet. Sie spürte zwei Jahre später die Copyright-Sünde des Pfarrers auf. In einem Schreiben an die Freie Evangelische Gemeinde Visp fordert sie 1440 Euro Schadenersatz für die unberechtigte Nutzung des Neymar-Fotos. Die Rechte daran hält die Bildagentur Agence France-Presse. Sie begründet die Höhe des Betrags mit der sogenannten Lizenzanalogie: die Gebühr, die Rohner für die legale Nutzung angeblich hätte bezahlen müssen.

Der geschockte Pfarrer entfernte die Predigt sofort von der Homepage. «Die Sorge, dass wir als Gemeinde vor einem Gericht in Deutschland angeklagt werden könnten, hat mir schlaflose Nächte bereitet», sagt er.

Sogar Schnappschüsse können geschützt sein

Wie Rohner geht es vielen. Homepages und Social Media Als KMU für sich werben «Jede Firma hat etwas zu erzählen» funktionieren nur mit Bildern. Doch wer bei der Beschaffung nicht aufpasst, verletzt rasch das Urheberrecht. Denn generell gilt: Geschützte Bilder dürfen nur mit Zustimmung des Rechteinhabers verwendet werden. Seine Erlaubnis kann er mit Bedingungen verbinden – er kann sie etwa nur für eine bestimmte Zeit geben oder verlangen, dass das Bild nicht für Social Media genutzt wird.

Geschützt sind in der Schweiz seit dem 1. April 2020 sämtliche Fotografien - unabhängig davon, ob sie individuell sind oder nicht. Das heisst: Geschützt werden neu Schnappschüsse aller Art. Davor waren nur sogenannte geistige Schöpfungen wie Bilder, Fotos, Grafiken, aber auch Musik und Filme geschützt, wenn sie «individuellen Charakter» hatten. 

Bezahlen Sie nicht vorschnell und unterschreiben Sie keine standardisierte Unterlassungserklärung!

Beobachter-Tipp

Mehr zum Urheberrecht bei Guider

Verstösst man gegen das Urheberrecht, wenn man ein Produktbild aus dem Web für eine Verkaufsplattform verwendet? Sind Creativ Commons-Lizenzen immer kostenlos? Ist es erlaubt, unter Freunden einen Film vorzuführen, den man vorher aus dem Internet heruntergeladen hat? Abonnenten des Beobachters erhalten Antworten auf diese und weitere Fragen zum Urheberrecht.

Urheberrecht verletzt: Anwaltsschreiben ernst nehmen

Die neue Rechtslage entspricht in etwa dem deutschen Lichtbildschutz. Inhaltlich spielt es deshalb zwar keine grosse Rolle mehr, ob nun schweizerisches oder deutsches Recht anwendbar ist. Denn sobald eine Schweizer Homepage in Deutschland abrufbar ist, kann vor deutschen Gerichten und nach deutschem Recht geklagt werden. Daraus haben spezialisierte Firmen ein Geschäftsmodell entwickelt: Sie durchkämmen das Internet nach geschützten Bildern und versenden Zahlungsaufforderungen Urheberrecht In der Fotofalle gelandet im grossen Stil.

Was tun, wenn ein solcher Brief ins Haus flattert? Ernst nehmen, aber nicht die Nerven verlieren: nicht vorschnell bezahlen und keine standardisierte Unterlassungserklärung unterzeichnen. Am besten lässt man sich von einer spezialisierten Anwältin oder einem Anwalt beraten. Nur schon die Frage nach dem Gerichtsstand – in welchem Land geklagt werden könnte, ist kompliziert.

Auch wenn Urheberrecht verletzt ist, willigen Berechtigte meist in einen aussergerichtlichen Vergleich ein. Der Grund: Es ist für sie schwierig, den Schaden zu beziffern, und wegen des tiefen Streitwerts lohnt sich ein Prozess nicht. Deswegen einigen sich beide Seiten meist auf einen tiefen Vergleichsbetrag. Trotzdem ist man gut beraten, das Bild so schnell wie möglich vom Netz zu entfernen. 

Schlagende weltliche Argumente

Auf Anraten des Beobachter-Beratungszentrums wandte sich auch Pfarrer Rohner an einen Anwalt. Doch dieser kannte sich mit Urheberrecht nicht im Detail aus. So suchte Rohner selbst nach schlagenden Argumenten – mit Erfolg. Im Internet fand er zwei gut versteckte Urteile deutscher Gerichte: Sie seien nur zuständig, wenn ein hinreichender wirtschaftlich relevanter Bezug zu Deutschland besteht. Eine Predigt Glauben «Die Bibel ist voll von Versagern» , die sich ausschliesslich an Schweizer richtet und in Mundart verfasst ist, tut das eindeutig nicht.

Mit diesem und weiteren Argumenten bestritt Rohners Anwalt die Forderung gegenüber der deutschen Kanzlei und hielt fest, dass Rohner das Bild von der Homepage entfernt habe, ohne damit ein Schuldeingeständnis zu machen. Die Kanzlei hat sich seither nicht mehr gemeldet.

«Die ganze Sache hat mich persönlich sehr herausgefordert und geärgert», sagt Rohner. Aber etwas Gutes habe es doch: Er könne vielleicht anderen helfen, nicht in die gleiche Falle zu tappen. Und er werde in Zukunft noch sensibler sein im Umgang mit Bildern.

Bilder im Internet posten – aber sicher

Verwenden Sie am besten nur selbst gemachte Bilder. Als Urheberin können Sie das Material frei nutzen und bestimmen, wie und wo es andere nutzen dürfen. Falls Personen zu sehen Persönlichkeitsrecht Darf er Fotos von mir auf seine Homepage laden? sind: Holen Sie zur Sicherheit deren schriftliche Einwilligung ein.

Es gibt auch unzählige Bildagenturen, die Bilder kostenlos oder kostenpflichtig anbieten. Aber Vorsicht: Ob mit oder ohne Lizenzgebühr, lesen Sie die Lizenzbedingungen genau durch – sonst riskieren Sie auch bei kostenlosen Bildern eine Abmahnung. Wichtig sind besonders folgende Punkte:

  • Was muss die Quellenangabe genau enthalten (Urheber, Lizenz, eventuell mit Verlinkung, weitere Angaben)?
  • Darf das Bild auch für kommerzielle Anwendungen genutzt werden? Ist die Verwendung für Social Media erlaubt?
  • Gibt es eine zeitliche Einschränkung?
  • Verfügt der Anbieter tatsächlich über die behaupteten Rechte an den Bildern?
Woche für Woche direkt in Ihre Mailbox
«Woche für Woche direkt in Ihre Mailbox»
Matthias Pflume, Leiter Extras
Der Beobachter Newsletter