Die Ausschaffungshaft sorgte im Kanton Zürich zuletzt für Schlagzeilen: Im Zentrum für ausländerrechtliche Administrativhaft in Kloten kam es innerhalb eines Monats zu zwei Todesfällen. Die Insassen forderten daraufhin den Kanton in einem offenen Brief zum Handeln auf. Seit Ende April sei es ausserdem zu zwei Suizidversuchen und drei Zellenbränden gekommen, schrieben sie darin. 

Abgewiesene Asylsuchende können auf Anordnung der Behörden bis zu eineinhalb Jahre in sogenannte Administrativhaft genommen werden. Dabei handelt es sich nicht um eine Bestrafung – die Massnahme soll dazu dienen, dass die Betroffenen das Land verlassen und nicht untertauchen.

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2024 sassen in der Schweiz deshalb rund 2500 Personen in Administrativhaft. Sie dauerte im Schnitt 20 Tage. Das zeigt ein neuer Bericht der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA), eines unabhängigen Vereins. 

Administrativhaft und Strafvollzug sollten getrennt werden

Die Haftbedingungen seien oft prekär, kritisiert Lars Scheppach, Co-Geschäftsleiter der SBAA und Mitautor des Berichts: «Es gibt in den Haftzentren zum Beispiel keinen durchgehenden Zugang zu psychologischer Betreuung. Die Suizidrate in der Ausschaffungshaft ist sechs- bis siebenmal höher als ausserhalb.» 

Er bemängelt, dass sich die Ausschaffungshaft zu wenig von der Strafhaft unterscheide. Das widerspreche den rechtlichen Anforderungen. Das gilt laut Scheppach auch für die Haftzentren selbst: Fünf der sechs Zentren für Administrativhaft in der Schweiz sind ehemalige Gefängnisse mit hohen Mauern, Gittern und Stacheldraht. Das widerspreche dem Trennungsgebot.

«Grosse Fortschritte»

Ein weiteres Problem sind laut Bericht die grossen kantonalen Unterschiede bei der Anordnung der Administrativhaft – sowohl bei der Dauer als auch bei der Häufigkeit. Das verletze das Gebot der Rechtsgleichheit und schade der Glaubwürdigkeit des Rechtssystems.

Die KKJPD, die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren, verweist in einer Stellungnahme gegenüber SRF darauf, dass bei der Trennung der Haftformen grosse Fortschritte erzielt worden seien. Eine sofortige und vollständige Umsetzung der Trennung wäre logistisch nicht möglich und unverhältnismässig teuer. Auch die kantonalen Unterschiede erachtet die KKJPD als vertretbar und sieht keine Verletzung der Rechtsgleichheit.  

Gerichtliche Kontrolle fehlt

Mängel stellt die SBAA auch bei der gerichtlichen Kontrolle der Administrativhaft fest. Besonders frappant ist das laut Bericht bei der sogenannten Dublin-Haft. Sie betrifft Personen, bei denen ein anderes europäisches Land für das Asylverfahren zuständig ist – deshalb müssen sie die Schweiz verlassen. Eine gerichtliche Überprüfung der Haft erfolgt in diesen Fällen nur auf Antrag.

Zahlen des Bezirksgerichts Zürich für die Jahre 2021 bis 2024 zeigen, dass bei der Dublin-Haft nur ein Fünftel aller Inhaftierungen kontrolliert wird. Dabei wies das Gericht in über 50 Prozent der überprüften Fälle die Behörden an, die Haft wieder aufzuheben. Laut Bericht lässt das «Zweifel an der Rechtmässigkeit der einzelnen Anordnungen» aufkommen. 

Es gäbe Alternativen zur Ausschaffungshaft

Die SBAA fordert deshalb unter anderem eine automatische gerichtliche Überprüfung der Dublin-Haft und eine Harmonisierung der Praxis in den Kantonen. Zudem würden Alternativen zu selten eingesetzt, etwa regelmässiges Melden bei den Behörden. 

Denkbar sei auch eine Stärkung der Rückkehrhilfe, damit Betroffene selbständig in ihre Heimatländer zurückkehren, sagt Mitautor Scheppach. So könnte darauf verzichtet werden, dass Menschen ohne Straftat eingesperrt werden. Und: «Die Alternativen wären wesentlich günstiger als die Kosten der Ausschaffungshaft von jährlich 20 Millionen Franken.»

Quellen