Beim amerikanischen E-Zigarettenhersteller Juul ist die Kacke sprichwörtlich am Dampfen. Vor ein paar Tagen hat die Staatsanwaltschaft Arizonas eine Klage gegen das Unternehmen eingereicht. Juristisches Ungemach droht der Firma zudem in den Bundesstaaten New York, Minnesota, Kalifornien oder North Carolina.

Der Vorwurf lautet immer gleich: Juul habe mit seiner Werbung unerlaubterweise Junge ins Visier genommen und so eine ganze Generation angefixt. Eine Generation notabene, die, so glaubte man jedenfalls, dem Rauchen Tabak Das Spiel mit dem Feuer eigentlich abgeschworen hatte. Nun hatte es ein neues Wort in den Jugendslang geschafft: Auf dem Pausenplatz heisst dampfen schlicht: «To juul».

Vor zwei Jahren verpflichtete die US-Lebensmittelüberwachungsbehörde FDA Juul, E-Zigis nur noch an Erwachsene zu verkaufen, die ihr Alter nachweisen können. Mit dem Rücken zur Wand, gelobte Branchenprimus Juul Besserung: Die bei dampfenden Millennials Berufseinstieg Wenn das Leben ernst wird besonders angesagten fruchtigen Geschmacksrichtungen wurden aus dem Sortiment gekippt. Auf trendige Posts auf Facebook, Twitter oder Instagram verzichtet das Unternehmen seither. Trotzdem musste die Altria Group (Marlboro), die sich vor einem Jahr mit 13 Milliarden Dollar an Juul beteiligte, den Wert ihrer Investition um 4,5 Milliarden nach unten korrigieren.

Werbung für Junge

Wer nun glaubt, dass das Beispiel Juul eine abschreckende Wirkung auf die Marketingabteilungen der Konkurrenz haben könnte, der irrt. Zumindest entsteht dieser Eindruck, wenn man sich die jüngste Werbekampagne für den «Vype ePod» anschaut, das im letzten Dezember lancierte Dampfgerät des Tabakunternehmens British American Tobacco. Auf den Plakaten und Zeitungsinseraten sieht man junge Menschen beim Feiern am Strand oder an Musikfestivals: «Lass dich von unseren Flavours inspirieren», heisst es darauf.

Stil und Aufmachung der Kampagne widersprechen dem Mantra der E-Zigarettenhersteller, ihre Dampfgeräte sollten lediglich Rauchern dabei helfen, zu einer weniger schädlichen Rauchen «95 Prozent weniger schädlich? Schlicht nicht wahr!» Alternative zu greifen. Im vergangenen Sommer sagte Mads Larsen, Schweiz-Chef von British American Tobacco, in einem NZZ-Interview: «Mit unserer Werbung versuchen wir in erster Linie, Raucher über unsere weniger belastenden, rauchfreien Produkte zu informieren und sie für einen Wechsel zu gewinnen.» Die jüngsten ePod-Inserate schaltete sein Unternehmen aber nicht in klassischen Zeitungen, sondern in der Pendlerzeitung «20 Minuten», der bei jungen Leserinnen und Lesern beliebtesten Medienmarke der Schweiz.

Gesetzliche Regelung gefordert

Wie geht das zusammen? «Gar nicht», meint Lilian Studer, EVP-Nationalrätin und Geschäftsführerin beim Blauen Kreuz in Aarau: «Ich habe mit dem Vorgehen sehr grosse Mühe.» Der ePod sei ein «schicker Eyecatcher», der junge und moderne Menschen anspreche. Die Strategie dahinter sei klar: das Generieren von Neukunden und Abhängigkeiten. «Grundsätzlich geht es den Tabakkonzernen nur ums Geld.»

Benjamin Petrzilka, Sprecher bei British American Tobacco, verteidigt die neue ePod-Kampagne: «Alle abgebildeten Personen sind mindestens 25 Jahre alt.» Es handle sich nicht um Influencer , sondern um anonyme Models. Dass auch ein rauchloser Nikotinkonsum abhängig mache und somit keinesfalls risikofrei sei, werde in der Werbung deutlich gemacht. «Der ePod hat ein erwachsenes Publikum als Zielgruppe.»

Anfang 2019 hat sich British American Tobacco in der Schweiz zu einer Selbstregulierung in Form eines Kodex verpflichtet. Dieser untersagt landesweit die Ausgabe von E-Zigaretten an Minderjährige. Dieser Schritt geht Präventionspolitikerin Lilian Studer zu wenig weit. «E-Zigaretten müssen schweizweit gesetzlich geregelt werden.» Momentan sei der Jugendschutz – trotz Selbstregulierung – nicht gewährleistet.

Studer macht sich für ein Werbeverbot für nikotinhaltige Produkte stark. Sie sagt: «Dieses Verbot müsste auch auf allen Social-Media-Kanälen gelten.». Der letzte Instagram-Beitrag von Vype stammt aus dem Herbst. Es ist eine Werbung für neue Geschmacksrichtungen: Mango, Vanille und Apfel.

«Für dumm verkauft»

Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.

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Peter Aeschlimann, Redaktor
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