Claudine El Mbarrae staunte nicht schlecht. Wenige Tage zuvor hatte die Innerschweizerin bei Comparis die Wohnung einer Frau, um die sie sich als Beiständin kümmerte, online ausgeschrieben. Im luzernischen Meggen gelegen, zwei Zimmer, frisch renoviert, Parterre mit Gartensitzplatz, inklusive Garage und Nebenkostenanzahlung zum Gesamtpreis von 1800 Franken. «Im Vergleich zu ähnlichen Wohnungen in der Nachbarschaft ein durchschnittlicher Mietzins», sagt El Mbarrae.

Nun entdeckte sie, dass bei ihrem Inserat mittlerweile eine Bewertung auftauchte: Note 3 (von 6), also «ungenügend». Erstaunt wollte El Mbarrae von Comparis wissen, wie diese Benotung zustande gekommen sei. Diese beruhe auf einem statistischen Modell eines ETH-Forschers, hiess es. Damit war El Mbarrae nicht zufrieden.

Claudine El Mbarrae ist nicht die einzige, die sich über schlechte Bewertungen bei Comparis ärgert. Im Beobachter-Beratungszentrum sind dazu mehrere Anfragen eingegangen. Wie auch beim Hauseigentümerverband (HEV). Dort spricht man von 20 bis 25 Fällen.

Wie funktioniert Comparis?

Comparis erfasst automatisch Inserate, die auf Schweizer Immobilienportalen publiziert werden. Momentan sind das rund 350'000 von 16 verschiedenen Anbietern wie Homegate, Immoscout24 oder newhome.ch. Das ist rechtens: 2005 lehnte das Bundesgericht eine Klage mehrerer Immobilien-Online-Plattformen ab, deren Inserate von einem anderen Portal zusammenkopiert wurden.

Doch ist dieses Urteil noch zeitgemäss? Laut dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) sollte Comparis auf die Publikation bereits veröffentlichter Mietinserate verzichten. Die Inserenten müssten nämlich von Comparis darüber informiert werden, dass ihr Inserat dort ebenfalls erfasst und publiziert wird. Das ist aber nicht der Fall. «Wir würden die Betroffenen gerne direkt per E-Mail darüber informieren, erhalten aber von den Immobilienportalen nicht die vollständigen Kontaktangaben der Inserenten», sagt Comparis.

Wie kommt die Bewertung von Comparis zustande?

Comparis sammelt allerdings nicht nur nahezu sämtliche Online-Immobilieninserate der Schweiz, sondern bewertet diese auch. Die Benotung erfolgt dabei anhand eines statistisch errechneten Richtpreises für eine vergleichbare Durchschnittswohnung am selben Ort. Ausserdem zählt, ob beispielsweise ein Balkon, Lift, Cheminée oder ein Gartensitzplatz vorhanden ist – sofern dies für Comparis «den Daten des Inserats eindeutig entnehmbar ist».

Der Zustand einer Wohnung – zum Beispiel frisch renoviert – oder andere Merkmale wie Seesicht werden dagegen nicht bewertet. Ebenso werden Objekte nicht benotet, die im Vergleich zu anderen sehr teuer oder sehr günstig sind.

«Wir lehnen dieses Benotungssystem ab. Die Kriterien sind überhaupt nicht vergleichbar.»

 

Stéphanie Bartholdi, Juristin beim Hauseigentümerverband

Comparis steht deshalb bereits länger in der Kritik. Beim Schweizer Hauseigentümerverband ist der Ärger besonders gross: «Wir lehnen dieses System ab. Es ist marktverzerrend», sagt Stéphanie Bartholdi vom HEV. Comparis beharrt hingegen auf seinen Benotungen. Es bestehe ein überwiegendes privates und öffentliches Interesse daran. Daran stört sich der HEV: «Die Kriterien sind überhaupt nicht vergleichbar. Es werden nur wenige berücksichtigt – und etliche andere preisrelevante Merkmale einer Wohnung gar ignoriert.»

So wurde beim Inserat von Claudine El Mbarrae nicht bewertet, dass ihre Wohnung frisch renoviert worden war. Im Fall eines anderen Beobachter-Mitglieds wurde dessen Luxuswohnung hauptsächlich nur aufgrund der Anzahl Zimmer und der Wohnfläche beurteilt – der Ausbaustandard floss dagegen nicht in die Bewertung mit ein.

Wer eine Löschung beantragt, benötigt Geduld

Wer möchte, dass die Bewertung seines Inserates von Comparis entfernt wird, muss einigen Aufwand auf sich nehmen. Claudine El Mbarrae versuchte ihr Glück während mehrerer Wochen zunächst per E-Mail und anschliessend per Telefon - ohne Erfolg. Daraufhin löschte sie ihr Inserat und schaltete es auf einer anderen Onlineplattform auf, um schliesslich konsterniert festzustellen, dass die Wohnung erneut wieder mit einer Benotung bei Comparis auftauchte.

In Standard-Antwortmails verweist Comparis darauf, dass Bewertungen «auf Wunsch hin nicht gelöscht werden». Es sei denn, die publizierten Daten seien «nachweislich fehlerhaft». Dann liegt es am Inserenten, den entsprechenden Nachweis bei Comparis einzureichen.

«Das entspricht den gesetzlichen Anforderungen», bestätigt der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte auf Anfrage. Jede Person, die beim Inhaber einer Datensammlung beantragt, Daten über sich ändern zu lassen, muss dies in der Regel schriftlich tun und die eigene Identität ausweisen.

Von den Bedingungen von Comparis, um eine Bewertung löschen zu können, hält der HEV nichts - insbesondere davon, dass Eigentümer mittels Grundbuch-Auszug belegen müssen, im Besitz der Immobilie zu sein. «Das ist ein mühsamer Zusatzaufwand für etwas, für das man gar keine Einwilligung gegeben hat.» Störend zudem: Wer als Mieter auf der Suche nach einem Nachmieter seine Wohnung inseriert, muss für das Löschbegehren extra ein Schreiben des Vermieters bzw. der Verwaltung einholen.

Comparis verweist auf Einzelfälle

Gegenüber dem Beobachter verteidigt Comparis den Umgang mit Löschgesuchen: «Im Sinne der Markttransparenz sind Bewertungen für unsere Nutzer eine wertvolle Entscheidungshilfe und dürfen nicht beliebig gelöscht werden.» Ein Löschbegehren müsse deshalb begründet werden. Gründe, die sich dabei offensichtlich auf persönliches ästhetisches Empfinden beziehen, werden von Comparis nicht berücksichtigt. Wer dagegen mit Bildern oder anderen Unterlagen beispielsweise Seesicht oder einen besonderen Ausbaustandard nachweisen kann, könne eine Löschung beantragen.

Insgesamt handle es sich aber um Einzelfälle, heisst es bei Comparis. Laut eigenen Angaben verzeichnete der Vergleichsdienst im letzten Quartal 15 Löschgesuche bei insgesamt rund 145'000 benoteten Inseraten. In jenen vier Fällen, in denen alle erforderlichen Unterlagen eingereicht wurden, sei die Bewertung jeweils anstandslos gelöscht worden.

Ob eine schlechte Comparis-Note effektiv negative Auswirkungen auf den Erfolg eines Inserats hat, lässt sich nicht nachweisen. Es sei aber schon vorgekommen, dass Eigentümer mit unangenehmen Fragen von Interessenten konfrontiert wurden und sich für die unerwünschte Bewertung rechtfertigen mussten, kritisiert der HEV.

«Ich bezahle Geld für mein Inserat. Dann will ich auch die Kontrolle haben, was damit passiert.»

 

Claudine El Mbarrae

Für Claudine El Mbarrae ist dies alles nicht nachvollziehbar: «Ich bezahle Geld für mein Inserat. Dann will ich auch die Kontrolle haben, was damit passiert». Man werde von Comparis nicht gefragt, habe gar keine Wahl – und müsse schliesslich noch zusätzlichen Aufwand auf sich nehmen, damit die unliebsame Bewertung gelöscht wird. In einem anderen, dem Beobachter bekannten Fall zog sich die Korrespondenz über mehrere Wochen hin. Erst eine E-Mail an den Comparis-Geschäftsführer führte dann schliesslich zur Löschung der Bewertung.

Auch der HEV beklagt sich über einen «sehr schleppend» verlaufenden Austausch mit Comparis. Nach kritischen Medienberichten hatte der Online-Vergleichsdienst im Herbst 2015 gegenüber dem Verband zwar Gesprächsbereitschaft und Entgegenkommen signalisiert. «Trotz sehr vielen Gesprächen und Briefwechseln ist in der Zwischenzeit aber nicht wirklich viel passiert. Man lässt uns quasi ins Leere laufen», so der Hauseigentümerverband. Unverändert träfen Beschwerden ein. Comparis seinerseits hält fest, seither positive Rückmeldungen von Eigentümern erhalten zu haben, die das Vorgehen des Unternehmens begrüssen und unterstützen.

Nachmieter gefunden, Erkenntnis gewonnen

Claudine El Mbarrae verlor nach anderthalb Monaten die Geduld und löschte ihr Inserat im Internet. Stattdessen wandte sie sich an einen Wohnungsmakler, der im Erfolgsfall eine Provision in Höhe des Mietzinses erhalten würde. Und siehe da: Bereits nach einer Woche war nicht nur eine passende Nachmieterin gefunden – sondern auch die Erkenntnis bei El Mbarrae gereift: «Ein Immobilieninserat bei einem grossen Onlineportal ausschreiben, damit es dann automatisch von Comparis bewertet wird? Das werde ich nie mehr machen.»

Wie kann man bei Comparis die Löschung einer Bewertung beantragen?

Laut Angaben von Comparis sind dafür folgende Dokumente erforderlich:

  • Eine vom Eigentümer oder den Eigentümern der Immobilie unterzeichnete Erklärung, dass er/sie die Löschung der Daten bei www.comparis.ch verlangt/verlangen und um welche Daten es sich genau handelt.
  • Bilder oder andere Unterlagen, die belegen, dass die Comparis-Note falsch ist (zum Beispiel Seesicht, Ausbaustandard)
  • Eigentumsnachweis dieser Person(en) z.B. durch Kopie des Grundbuch-Auszuges; oder bei Maklern Beleg über den Auftrag/Vollmacht des Eigentümers
  • Kopie eines amtlichen Ausweises des Eigentümers oder der Eigentümer

 

Folgendes gilt es zu beachten:

  • Eine Löschung kommt nur für jene Einträge einer Immobilie in Frage, die aus der Zeit stammen, in welcher der oder die Antragsteller auch Eigentümer der Immobilie waren.
  • Eine Löschung der Comparis-Note kommt nur in Frage; wenn diese nachweislich falsch ist. 
  • Für jede Immobilie und jede Eigentümerperiode ist eine separate Erklärung erforderlich.

 

Zum Ablauf eines Löschgesuchs:

Um sicherzustellen, dass eine Löschung tatsächlich nur in begründeten Fällen erfolgt, wird eine eine allfällige Begründung des jeweiligen Löschgesuchs benötigt.

Um Missbrauch auszuschliessen, will Comparis verifizieren können, ob der Antragsteller eine berechtigte Person, sprich Eigentümer des Objekts oder Makler im Auftrag des Eigentümers (Beleg: Auftragsbestätigung/Vollmacht), ist.


Quelle: Comparis