Nestlé-Affäre: So gefährlich sind Beziehungen am Arbeitsplatz
Ein verheimlichtes Verhältnis kostet Nestlé-CEO Laurent Freixe den Job. Der Fall wirft eine wichtige Frage auf: Was gilt, wenn man sich am Arbeitsplatz verliebt?
Veröffentlicht am 3. September 2025 - 17:49 Uhr
Muss seinen Posten nach einem Jahr wieder räumen: Nestlé-CEO Laurent Freixe
Paukenschlag beim grössten Lebensmittelkonzern der Welt: Der Nestlé-Verwaltungsrat entlässt CEO Laurent Freixe, weil er eine Beziehung mit einer ihm direkt unterstellten Mitarbeiterin verheimlicht hat.
An der Börse sorgte dies am Dienstagmorgen für Unruhe. Der Kurs der Nestlé-Aktie fiel zwischenzeitlich um drei Prozent.
Der Arbeitsplatz als Datingplattform
Dass eine Büroaffäre gleich für einen Kurssturz an der Börse sorgt, ist sicher eine Ausnahme. Dass sich Paare bei der Arbeit kennenlernen und verlieben, aber nicht. Gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik hat sich zwischen 2018 und 2023 rund ein Fünftel der Paare am Arbeitsplatz kennengelernt.
Privatsache? Nicht immer. Wie der Fall von Ex-Nestlé-Chef Freixe zeigt, geht die Büroromanze in gewissen Fällen auch den Arbeitgeber etwas an. Der Beobachter beantwortet die wichtigsten Fragen.
Darf meine Firma Beziehungen zwischen Angestellten verbieten?
Es mag nicht gern gesehen sein, aber Arbeitgeberinnen können Beziehungen zwischen Angestellten nicht verbieten. Sie sind Privatsache. Wenn eine Beziehung jedoch die Leistung am Arbeitsplatz oder das Arbeitsklima beeinflusst, dürfen Unternehmen Regeln aufstellen. Beispielsweise, um Interessenkonflikte zu verhindern.
Muss ich meinem Chef von meiner Beziehung erzählen?
Der Arbeitgeber darf unter Umständen verlangen, dass er über die Beziehung informiert wird. Wenn etwa eine Abteilungsleiterin eine Beziehung mit einem direkt unterstellten Mitarbeiter führt, besteht die Gefahr, dass sie ihm Vorteile gewährt. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse, informiert zu werden. Das gilt beispielsweise auch, wenn Partner sich in ihrer Arbeit gegenseitig kontrollieren oder gemeinsam wichtige Entscheide fällen müssen.
Darf sich die Firma in meine Beziehung einmischen?
Grundsätzlich: nein. Aber sobald die Beziehung sich in irgendeiner Form auf die Erfüllung des Arbeitsvertrags auswirken kann, ist das durchaus denkbar. Etwa wenn Zärtlichkeiten in der Teamsitzung ausgetauscht werden. Oder wenn vor Kunden oder Arbeitskollegen gestritten wird. «Der Arbeitgeber darf professionelles Verhalten verlangen und dazu Weisungen erlassen. Wenn diese missachtet werden, stellt das letztlich eine Verletzung des Arbeitsvertrags dar und kann zu Konsequenzen führen», sagt Beobachter-Rechtsexpertin Lucia Schmutz.
Kann mir wegen einer Affäre am Arbeitsplatz gekündigt werden?
«Besteht ein Abhängigkeitsverhältnis, ist das durchaus eine zulässige Konsequenz. Falls der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, eine mildere Massnahme auszusprechen – wie zum Beispiel eine interne Versetzung –, kann man ihn allenfalls darum bitten», erklärt Expertin Schmutz. Einen Anspruch darauf habe man aber nicht.
Auch wenn Beziehungsstreitigkeiten die Arbeitsleistung beeinträchtigen und sich durch andere Massnahmen nicht beilegen lassen, ist eine Kündigung zulässig. Oder wenn der Arbeitgeber trotz anderslautender interner Weisung nicht informiert wird – wie im Fall von Ex-Nestlé-CEO Freixe.
- Bundesamt für Statistik: Erhebung zu Familien und Generationen 2023
- Medienmitteilung Nestlé: Nestlé ernennt Philipp Navratil zum CEO nach dem Abgang von Laurent Freixe (Download, PDF)
- Jusletter: Roger Rudolph, Amor at Work. Arbeitsrechtliche Fragestellungen rund um Beziehungen am Arbeitsplatz