Die Schweiz will als Staat der Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen gedenken. Zehntausende von Menschen wurden ohne Gerichtsprozess ihren Eltern weggenommen, zwangssterilisiert oder zur Arbeit gezwungen. 

Die Ausstellung «Versorgt. Verdingt. Vergessen?» soll die Geschichte der «fürsorgerischen Zwangsmassnahmen» erzählen, die bis ins Jahr 1981 durchgeführt wurden. Eröffnet wird die Ausstellung am 30. Oktober in Lausanne, danach folgen Luzern, Schaffhausen, Bellinzona und Bern. Der Beobachter hatte sich in den vergangenen 17 Jahren stark für die Aufarbeitung eingesetzt.

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Staatlich anerkanntes Unrecht

Das Bundesamt für Justiz ist gesetzlich verpflichtet worden, die interessierte Öffentlichkeit umfassend über das begangene Unrecht zu informieren. Der Schweizer Rechtsstaat hatte während Jahrzehnten zugelassen, dass Behörden Zehntausende Menschen menschenrechtswidrig in Heime und Anstalten wegsperrten. 

Den Opfern wurde ein «Unrecht zugefügt, das sich auf ihr ganzes Leben ausgewirkt hat». So steht es heute im Gesetz. Die Betroffenen leiden oft ein Leben lang und sterben im Schnitt früher. 

Viel Leid – wenig Geld

Der Bund zahlt den Opfern deshalb einmalig 25’000 Franken – sie verzichten mit dem Empfang auf alle weiteren Ansprüche. Viele Betroffene kritisieren das – der Betrag sei zu niedrig. Zudem fürchten viele der noch lebenden Betroffenen, dass sich die Schweiz immer weniger an das Leid erinnert. Sie engagieren sich deshalb mit Schulbesuchen oder Vorträgen.

Um die Geschehnisse zu erforschen, hat der Bund insgesamt 27,9 Millionen Franken ausgegeben. Er hat eine Unabhängige Expertenkommission und ein Nationales Forschungsprogramm ins Leben gerufen und 7,5 Millionen Franken für die Wissensvermittlung mit App, Ausstellung und Webplattform gesprochen.

Die Webplattform «Erinnern für morgen» soll ebenfalls im Oktober online gehen. Dort sollen Schulen Material finden oder die Forschungsresultate von Bund, Kantonen oder Gemeinden in einer Datenbank abrufen können – Forschungslücken inklusive.

Quellen