Tierschützer fordern schnelle und transparente Informationen
120 verwahrloste Hunde wurden eingeschläfert. Wie konnte das Veterinäramt die Missstände übersehen? Der Skandal wirft Fragen auf.

Veröffentlicht am 12. November 2025 - 17:11 Uhr

Die Szenerie in Ramiswil wirkt fast friedlich. Doch der Ort steht nun im Zentrum einer Tiertragödie und der bohrenden Frage nach der Verantwortung.
Der Fall sorgt schweizweit für Entsetzen. Auf einem Bauernhof in Ramiswil SO mussten vergangene Woche rund 120 Hunde eingeschläfert werden.
Dies sei nötig gewesen, erklärte die Solothurner Kantonstierärztin Chantal Ritter gegenüber SRF: «Leider bestand keine andere Möglichkeit. Ich habe die Hunde selbst gesehen. Sie waren in einem derart schlechten Zustand, dass sie nicht mehr gesund gepflegt werden konnten.»
Gegen die Halterin wurde ein Strafverfahren wegen mehrfacher Tierquälerei eröffnet.
Die Kontrollen vor der Eskalation
Der Schweizer Tierschutz (STS) gibt an, er habe letztes Jahr mehrere Meldungen zum Hof an das Veterinäramt weitergeleitet. Die Kantonstierärztin Ritter sagte dazu, der Veterinärdienst habe mehrfach Kontrollen durchgeführt. Bei der letzten Kontrolle im Mai seien die verfügten Massnahmen eingehalten worden.
Diese Darstellungen stehen im Kontrast zu Berichten von anderen Tierschützern. Wie der «Blick» schrieb, warnte der Tierschutzverein «Anihelp» das Solothurner Veterinäramt bereits Anfang Juli. Eine Meldung, die der Zeitung nach eigenen Angaben auch schriftlich vorliegt.
Der Beobachter hat beim Kanton Solothurn nachgefragt, ob diese Meldung wirklich einging. Rino Curti von der Staatskanzlei verweist auf eine externe Untersuchung, die Regierungsrätin Sibylle Jeker (SVP) angeordnet hat.
Deren Ziel: die Klärung des genauen Hergangs der Ereignisse und eine Würdigung der ergriffenen Massnahmen. «Weitere Angaben dazu sind zurzeit nicht möglich», teilt Curti mit.
Zu wenig Ressourcen
Marco Mettler, Geschäftsführer des Schweizer Tierschutzes (STS), fordert eine transparente Kommunikation über den gesamten Kontrollablauf und Auskunft darüber, welche Lehren gezogen werden. «Diese Informationen sollten schnell zur Verfügung gestellt werden – und nicht erst die externe Untersuchung abgewartet werden», fordert er.
Aus Sicht von Marco Mettler zeigt der Fall ein strukturelles Problem auf: «Generell ist zu sagen, dass nicht in allen Kantonen ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen für diese vielfältigen Aufgaben bereitstehen – ob das in Solothurn so war, wird die externe Untersuchung zeigen.»
War es nötig, alle Hunde zu euthanasieren?
Unverständnis zeigt Marco Mettler bezüglich der Massen-Euthanasie: «Der STS erwartet von den zuständigen Stellen vertiefende Angaben, weshalb aus Behördensicht eine Tötung derart vieler Tiere unausweichlich war. Ohne diese Information entsteht ein Vertrauensverlust – denn weder aus Expertensicht noch für die breite Öffentlichkeit ist dieses Vorgehen derzeit nachvollziehbar.»
Mettler verweist zudem auf allgemeine Systemlücken: «Grundsätzlich können wir sagen, dass es mehr Kooperation und Koordination braucht. Sowohl zwischen Bund und Kantonen als auch unter den Kantonen sowie den Tierschutzorganisationen, die bereits heute spendenfinanziert und unentgeltlich vielerorts einspringen und Aufgaben übernehmen, für die die offiziellen Ressourcen fehlen.»
Braucht es mehr personelle und finanzielle Ressourcen für besseren Tierschutz? Teilen Sie uns Ihre Meinung in der Kommentarspalte mit.
- «Blick»: Solothurn ordnet externe Untersuchung an
- «Blick»: «Schlechte Tierhaltung war seit längerem bekannt»
- «Blick»: «Behörden haben weggeschaut»
- SRF: Kantonstierärztin: «So etwas erlebe ich hoffentlich nie wieder»
- SRF: Kanton leitet externe Untersuchung im Tierschutzfall Ramiswil ein
- SRF: Über 100 Hunde auf Hof eingeschläfert – wer wusste vom Missstand?
- Schweizer Tierschutz (STS): Medienmitteilung





