18’000 Franken für zweifelhaftes Diplom? Kosmetikerin verurteilt
Der Beobachter hatte vor zwei Jahren aufgedeckt, dass eine Kosmetikschule mit falschen Versprechungen lockte. Jetzt ist die Geschäftsführerin der Schule erstinstanzlich verurteilt worden.
Veröffentlicht am 26. August 2025 - 17:14 Uhr
Die Branche der medizinischen Kosmetik ist kaum reguliert, wie Recherchen des Beobachters zeigten.
Ein anerkanntes Masterdiplom im Bereich der medizinischen Kosmetik versprach die Broschüre einer Kosmetikschule – und führte Kundinnen so in die Irre, wie der Beobachter vor zwei Jahren publik machte. Am 22. August 2025 wurde die Geschäftsführerin der Kosmetikschule, eine 55-jährige Italienerin, nun wegen unlauteren Wettbewerbs verurteilt.
In den Infobroschüren ihrer Schule warb die Italienerin mit einem angeblichen Masterdiplom, das von der Schweizerischen Vereinigung für Erwachsenenbildung (heute Schweizerischer Verband für Weiterbildung) und dem Ärzteverband der Swiss Society for Anti Aging Medicine and Prevention (SSAAMP) anerkannt sei. Entsprechend teuer ist die Ausbildung: 18’000 Franken kostet der mehrmonatige Lehrgang.
Nur: Die beiden Verbände hatten das Diplom gar nie anerkannt, wie der Beobachter im April 2023 aufdeckte. Die Recherche zeigte, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelte. Branchenkenner sagten dem Beobachter, dass auch fragwürdige Anbieter Schulungen anbieten können. Die Branche der medizinischen Kosmetik sei in der Schweiz ungenügend reguliert.
Beschuldigte spricht von «Missverständnis»
Am 22. August 2025, vor der Einzelrichterin am Bezirksgericht Zürich, sprach die Beschuldigte von einem Missverständnis. Ihre Broschüre sei ursprünglich auf Italienisch verfasst und falsch ins Deutsche übersetzt worden. Gleichzeitig beteuerte sie, dass sie Mitglied in beiden Verbänden gewesen sei und ihre Kurse auf den Verbandswebsites ausgeschrieben wurden. Deshalb habe sie gedacht, dass ihre Schule anerkannt sei.
Ihr Verteidiger forderte einen Freispruch. In der Kosmetikbranche werde standardmässig mit dem Begriff Anerkennung geworben. «Der Vergleich mit anderen Schulen zeigt, dass die Verwendung des Begriffs ‹anerkannt› geläufig ist.» Einer fremdsprachigen Frau, die sich nach der Konkurrenz richtete, könne deshalb nicht vorgeworfen werden, mit irreführenden Angaben geworben zu haben.
Es sei nicht belegt, dass seine Mandantin nicht Mitglied in den betreffenden Verbänden war, so der Verteidiger. Sie habe überdies viele positive Feedbacks zu den Kursen erhalten, viele Schülerinnen hätten nach der Ausbildung eine Stelle gefunden. «Das Diplom ist mindestens so gut wie das der Konkurrenz.»
Gericht schliesst Missverständnis aus
Die Richterin liess sich von dieser Argumentation nicht beeindrucken und sprach die 55-Jährige wegen unlauteren Wettbewerbs schuldig. Durch den Verweis auf die Anerkennung der beiden Verbände habe sie den Eindruck erweckt, dass ihr Diplom besonders wertvoll sei.
Ein Missverständnis könne ausgeschlossen werden: «Eine italienische Urversion wurde nie eingereicht», sagte die Richterin. Die Beschuldigte spreche nach 15 Jahren im deutschsprachigen Raum recht gut Deutsch. «Sie konnte erkennen, was in der Broschüre steht und wie die Schule angepriesen wird.»
Das Gericht verurteilte die Italienerin aufgrund ihrer schwierigen finanziellen Verhältnisse zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Franken.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger hat direkt im Anschluss an die mündliche Urteilsverkündung Berufung eingelegt.