Leichte Arbeit, guter Lohn: Mit diesem Versprechen lockte ein Ehepaar mit Wurzeln auf dem Balkan eine Serbin in die Schweiz. Als Nanny schuftete die 27-Jährige sieben Tage die Woche, schlief auf einer Bodenmatratze und musste manchmal nachts aufstehen, nur um Kaffee zu servieren.

Das Zürcher Obergericht sprach das Paar rechtskräftig schuldig – unter anderem wegen Ausnützung der Notlage (Wucher), Drohungen und sexueller Nötigung. Der Mann erhielt 27 Monate Freiheitsstrafe, 10 davon muss er absitzen. Die Frau kam mit 10 Monaten bedingt davon. Obenauf gab es für beide eine bedingte Geldstrafe: Diese wird nur fällig, wenn die Verurteilten während der Probezeit erneut straffällig werden.

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Schamlos ausgenutzt – und kein Einzelfall

Vom Vorwurf des Menschenhandels wurde das Paar jedoch freigesprochen. Die Begründung des Obergerichts: Die 27-Jährige hätte ja jederzeit gehen können. Ein Trugschluss, wie nun das Bundesgericht in seinem Urteil festhält, das am Donnerstag publiziert wurde. Das Paar habe die Notlage der Frau schamlos ausgenutzt: Sie sprach kein Deutsch, war illegal in der Schweiz und finanziell komplett abhängig, da der Lohn grösstenteils ausblieb. Ein Pass und ein Schlüssel nützen wenig, wenn man mittellos in einem fremden Land festsitzt. Das Obergericht muss den Fall jetzt neu beurteilen und die Strafen verschärfen.

Das Urteil rüttelt auf, denn der Zürcher Fall ist kein Einzelfall, sondern wirft ein Schlaglicht auf ein düsteres System. Tausende junge Frauen, oft aus Albanien, kommen als Nannys in die Schweiz. Statt des vermeintlich guten Jobs landen viele in Verhältnissen, die an moderne Sklaverei grenzen: isoliert, getäuscht und völlig abhängig.

Der Beobachter hat in einer mehrteiligen Serie über dieses System berichtet und mit Betroffenen gesprochen:

Quellen