Hitzefrei: Gibts das überhaupt in der Schweiz?
Hohe Temperaturen machen die Arbeit beschwerlich. Wer kann hitzefrei machen? Eine Übersicht.
Veröffentlicht am 19. Juni 2025 - 11:20 Uhr
Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter leiden besonders stark unter der extremen Hitze.
«Ich sterbe gleich vor Hitze», diesen Satz hört man oft. Aber wie gefährlich ist Hitze wirklich?
Matthias Hermann, Kardiologe am Universitätsspital Zürich, gibt Entwarnung. Zwar lässt sich schon bei 30 Grad Celsius ein erhöhtes Sterberisiko nachweisen, wenn man die ganze Bevölkerung betrachtet. Ab dieser Temperatur wird auch von einem Hitzetag gesprochen. «Wer gesund ist und einigermassen an warme Temperaturen gewöhnt, ist aber keinem akuten Risiko ausgesetzt, wenn er sich in diesen Tagen körperlich betätigt.» Wichtig sei aber, regelmässig Pausen zu machen und genügend zu trinken.
Anders sieht es bei Leuten mit einer chronischen Erkrankung wie Diabetes oder erhöhtem Blutdruck aus. «Diese Personen müssen sich bei Hitze eindeutig schonen», sagt Hermann.
Und welche Regeln gelten für Hitzefrei-Tage? In der Schule, im Büro und für Arbeiten draussen?
Schule: Hitzefrei – das war einmal
Schlechte Nachrichten für Schülerinnen und Schüler: Auch bei Temperaturen über 30 Grad muss man in den Unterricht, denn Hitzefrei gibt es in der Schweiz generell nicht. Die Kinder einfach nach Hause zu schicken, ist ebenfalls nicht möglich. Denn die Schule hat eine Betreuungspflicht.
«Hitzefrei bekommen» ist aber kein Mythos. Früher gab es eine solche Regel an Schweizer Schulen tatsächlich. Falls die Temperatur morgens um 10 Uhr schon über 30 Grad kletterte, bedeutete das für die Schülerinnen und Schüler aus dem Kanton Zürich Hitzefrei. Diese Klausel wurde jedoch in den 1980er-Jahren gestrichen.
In Basel-Stadt im Jahr 2003. Das Erziehungsdepartement führte damals zwei Gründe für die Abschaffung an: Man habe die Kinder mit der Aufhebung der Schulpflicht vor der Hitze schützen wollen, die meisten hätten den freien Nachmittag dann aber in der Badi oder beim Fussballspielen verbracht. Ausserdem war es für die Eltern schwierig, die Betreuung der Kinder spontan zu organisieren.
Büro: Nur für Schwangere gibt es eine feste Obergrenze
Wie in der Schule gibt es auch bei der Arbeit kein Hitzefrei. Allerdings hat der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin eine Fürsorgepflicht. Dazu hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Empfehlungen abgegeben:
Zum Beispiel muss die Raumtemperatur der Art der Arbeit angepasst werden. Konkret werden bei sitzender, vorwiegend geistiger Tätigkeit Temperaturen von 21 bis 23 Grad und bei körperlicher Arbeit je nach Schwere etwa 16 bis 21 Grad empfohlen.
Bei heissen Aussentemperaturen liegt der Wert maximal bei 26 Grad. Ebenfalls sollten mehrere kleine Pausen möglich sein, und Trinkwasser sollte zur Verfügung gestellt werden.
Eine Ausnahme gibt es jedoch: Schwangere und Stillende können ab einer Raumtemperatur von 28 Grad darauf bestehen, dass sie nicht zur Arbeit kommen müssen.
Wenn der Arbeitgeber nicht für ein angemessenes Raumklima sorgt, kann man sich ans kantonale Arbeitsinspektorat wenden. Diese Behörde muss aktiv werden, wenn ihr gemeldet wird, dass ein Arbeitgeber den Gesundheitsschutz missachtet.
Baustelle: Arbeiten möglichst im Schatten
Auch für Bauarbeiter gibt es kein Hitzefrei, obwohl sie wohl mit am stärksten unter den hohen Temperaturen leiden. Ein Massnahmenplan der Suva empfiehlt ab 33 Grad etwa eine Pause von 15 Minuten an einem kühlen und schattigen Ort zu jeder Stunde. Ebenso sollen schwere Arbeiten auf das absolut nötige Minimum reduziert werden, und es soll möglichst an beschatteten Plätzen gearbeitet werden.
Für den Strassenbau hat der Kanton Tessin eine eigene Regelung: Wenn Meteo Schweiz für drei aufeinanderfolgende Tage die Hitze-Warnstufe 3 herausgibt, müssen die Arbeiten jeweils ab 13 Uhr eingestellt werden. Im Kanton erlässt der Kantonsarzt eine Hitzewarnung, sobald die durchschnittliche Tages- und Nacht-Temperatur an drei aufeinanderfolgenden Tagen 25 Grad übersteigt. In diesem Fall sollen Arbeitgebende sich an den Massnahmenplan der Suva halten und die Gemeinden frühere Arbeitseinsätze in den Morgenstunden zulassen.
Wer nicht in direktem Kontakt mit Kundinnen und Lieferanten steht, darf grundsätzlich mit kurzen Hosen erscheinen. Anders ist es jedoch, wenn Kontakt nach aussen besteht. Zum Beispiel am Bankschalter oder an der Hotelréception. Hier kann der Chef oder die Chefin auf einer Kleiderordnung bestehen.
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 13. Juli 2023 veröffentlicht und nun aktualisiert.
8 Kommentare
Hitzfrei? Der 1. wirklich extreme Hitzsommer in der Schweiz!
Ausser allen Menschen, welche direkt betroffen sind, indem sie ungeschützt der Sonne, Hitze ausgesetzt sind und nicht in einem geschützten, evt sogar gekühlten Raum (Ventilator, Kühlsystem) arbeiten, sich nicht zwischendurch zurückziehen können "Selbständig Erwerbende, Bauern etc"!
Menschen, welche in extremen, ungeschützten Hitzebedingungen arbeiten müssen= zB. Strassen-Arbeitende, Müllabfuhr, Einsatzkräfte der Feuerwehr, Polizei, Notfall, Postboten...etc!
Wir hatten in den Sechziger-und Siebzigerjahren auch noch hitzefrei in der Schule! Wie die Arbeiter auf dem Bau oder im Strassenbau dann noch arbeiten können, ist mir ehrlich gesagt auch ein Rätsel…..die tun mir jedesmal leid, wenn ich sehe, wie die bei dieser Hitze schuften müssen! Und dann ist dies ja auch noch schwere körperliche Arbeit!
Also ich durfte mehrmals Hitzefrei geniessen🤗🤗meine Mutter sagte dann jeweils am morgen:"Du kommst bestimmt schnell wieder heim bei dieser Hitze" So war es auch🐬🐬ich habe es genossen.Aber eben,es waren andere Zeiten...
Ich denke bei fortschreitender Klimaerwärmung werden alle Regelungen fallen. Im Sommer bei 40° brutzeln und im Winter beim Stromknappheit bei 14° frieren. Kein Kälte- oder Hitzefrei. Egal wie ineffizient oder ungesund. Wir kommen einfach nicht weg von der Arbeitsgesellschaft....