In Island zapfen Mitarbeiter sogenannter Blutfarmen trächtigen Island-Ponys jede Woche fünf Liter Blut ab. Sie gehen dabei recht brutal vor, schlagen die Tiere und binden sie fest, damit sie sich nicht wehren können. Das zeigt ein neuer Bericht des Tierschutzbunds Zürich (TSB) und der deutschen Animal Welfare Foundation (AWF). Dieser liegt dem Beobachter exklusiv vor. 

Aus dem Blut wird das Fruchtbarkeitshormon Pregnant Mare Serum Gonadotropin (PMSG) gewonnen. Es wird in der Schweinezucht eingesetzt, um die Geburten zu synchronisieren. Die Säue werden dank dem Hormon zur gleichen Zeit trächtig. So wird die Produktivität gesteigert.

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Viele Fohlen landen als «Nebenprodukt» der PMSG-Produktion im Schlachthof.

Für die isländischen Stuten ist dies nach Ansicht der Tierschutzorganisationen gleich dreifach belastend: «Sie müssen ein Fohlen und einen Fötus versorgen sowie ihren Blutverlust ausgleichen», erklärt Sabrina Gurtner, Projektleiterin bei TSB und AWF.

Ihre Untersuchungen zeigen auch, dass viele Fohlen als «Nebenprodukt» der PMSG-Produktion im Schlachthof landen. Dem Beobachter liegen Videos vor, die die Situation auf den Blutfarmen zeigen.

Freiwilliger Verzicht in der Schweiz

In der Schweiz haben Suisseporcs und der Bauernverband 2022 beschlossen, freiwillig auf den Einsatz von PMSG zu verzichten. Die Grünen-Nationalrätin Meret Schneider reichte damals eine Motion gegen den Einsatz von PMSG bei Schweinezüchtern ein.

«Der Schweizer Bauernverband hat da einen super Job gemacht und vorbildlich gehandelt.» 

Meret Schneider, Grünen-Nationalrätin

Heute lobt Schneider die Branche: «Der Schweizer Bauernverband hat da einen super Job gemacht und vorbildlich gehandelt.» 

Gemäss den Recherchen der beiden Tierschutzorganisationen wird das Hormon jedoch in vielen Ländern in der industriellen Schweinezucht weiter eingesetzt – und gelangt so indirekt auch in den Schweizer Detailhandel. Zum Beispiel in Form von Parmaschinken aus Italien oder Serranoschinken aus Spanien.

Eine umstrittene Stellungnahme

Das Consorzio del Prosciutto di Parma mit Sitz in Parma (IT) schreibt in einer Stellungnahme zwar, dass keiner ihrer 130 offiziellen Schinkenhersteller in der Produktion PMSG verwendet.

Diese Angabe ist aus Sicht der Tierschützerin Sabrina Gurtner aber irreführend. Denn: Auch wenn bei der Herstellung des Schinkens tatsächlich kein Pferdehormon verwendet wird, heisse das nicht automatisch, dass auch bei der Schweinezucht keines zum Einsatz gekommen sein könnte.

Kein PMSG-Fleisch bei Volg

Auf Anfrage des Beobachters antworten Migros und Lidl, dass sie den Einsatz von PMSG bei importierten Fleischprodukten nicht ausschliessen können. Coop und Aldi verweisen gegenüber den Tierschützern auf die oben erwähnte Stellungnahme des Parmaschinken-Konsortiums.

Aus Sicht der Tierschutzorganisationen bietet in der Schweiz lediglich Volg kein importiertes Fleisch aus Ländern an, in denen PMSG zum Einsatz kommt.

Gesetzliches Verbot gefordert

Der Tierschutzbund Zürich und die AWF setzen sich nun für ein gesetzliches Verbot der Gewinnung, Nutzung und Einfuhr von PMSG in der Schweiz ein. Damit soll der Verzicht nicht mehr nur auf Freiwilligkeit basieren, sondern gesetzlich verankert werden.

Grünen-Nationalrätin Meret Schneider will dazu in der Junisession im Parlament eine Motion einreichen. Der TSB fordert zudem den Schweizer Einzelhandel dazu auf, mit PMSG hergestelltes Fleisch aus den Regalen zu verbannen.

Islands Blutfarmen

Videoaufnahmen von September 2024 zeigen, dass die PMSG-Gewinnung mit erheblichen Qualen für die Tiere verbunden ist. Die halbwilden Stuten sind während der Blutentnahme massivem Stress und Schmerzen ausgesetzt.

Die Dokumentation «Islands Blutfarmen» von Animal Welfare Foundation (AWF) und Tierschutzbund Zürich (TSB) zeigt, wie die Tiere geschlagen und gewaltsam fixiert werden.

Quellen