Es klingt so einfach – und so plausibel: Mit einer Fotovoltaikanlage wird Sonnenenergie in Strom umgewandelt und damit ein Elektroauto betrieben. Dass dies richtig, eine gute Sache und sinnvoll ist, sagt einem schon das Bauchgefühl, dafür braucht man keine Fachperson zu sein: So funktioniert umweltfreundliche Mobilität.

Beim Ehepaar Fischer aus dem aargauischen Wohlenschwil kam beides zusammen: Bauchgefühl und Fachwissen. Hans Fischer, 34, ist Elektrotechniker mit einem Master of Science in Engineering: «Die Vorstellung einer eigenen Fotovoltaikanlage hat mich deshalb schon aus technischer Sicht fasziniert.» Für Eva Fischer ist der ökologische Aspekt wichtig. Und nachdem die Anlage auf dem Dach des Einfamilienhauses installiert worden war, dauerte es nicht lange, bis auch das Elektroauto, ein VW e-Golf, in der Garage stand. «Eine geniale Kombination», so das Urteil der Fischers.

Sonnenenergie fürs ganze Haus

Wer es den Fischers nachmachen will, muss zuerst die Grösse der Fotovoltaikanlage bestimmen. Diese hängt von mehreren Faktoren ab: etwa ob man die Sonnenenergie neben dem Auto auch für Haushalt, Boiler oder Wärmepumpe nutzen möchte Solarenergie fürs Eigenheim Strom von der Sonne anzapfen . Experten raten, die Anlage grundsätzlich so zu dimensionieren, dass deren Jahresproduktion nicht mehr als rund 20 Prozent über dem durchschnittlichen jährlichen Stromverbrauch des eigenen Haushalts liegt.

Wenn in der bisherigen Stromrechnung kein E-Auto enthalten war, muss man den Strombedarf dafür noch dazurechnen. «Dabei sollte man nicht von der maximalen Ladekapazität des Autoakkus, sondern von der eigenen Alltagsmobilität ausgehen», sagt Claudio Pfister, Leiter der Fachgesellschaft e’mobile – der unabhängigen Fachstelle für neue, effiziente Antriebe und Treibstoffe mit entsprechender Infrastruktur.

Pfister macht die Rechnung: Er stützt sich auf statistische Werte und geht davon aus, dass in der Schweiz mit jedem Auto im Schnitt rund 50 Kilometer pro Tag zurückgelegt werden. Ein Tesla beispielsweise braucht dafür rund 10'000 Wattstunden Energie. Ein Quadratmeter Solarpanel produziert maximal 200 Watt pro Stunde. Wenn die Sonne 10 Stunden scheint, kann man damit 2000 Wattstunden produzieren – es bräuchte also lediglich fünf Quadratmeter Solarpanels, um die Fahrleistung von 50 Kilometern bereitzustellen.

Das funktioniert natürlich nur an Tagen, an denen das Wetter absolut top ist. Man rechne hierzulande typischerweise mit jährlich rund 100 Tagen à 10 Stunden voller Leistung, sagt Experte Pfister. Um die schlechteren Tage wettzumachen, müsse die Solarpanelfläche beinahe vervierfacht werden – also rund 20 Quadratmeter aufweisen. Das sei natürlich eine sehr grobe Rechnung, so Claudio Pfister.

Das E-Auto als Beschleuniger

Das Dach eines grösseren Carports reicht also schon für eine solche Anlage aus. Doch die Wirtschaftlichkeit würde darunter leiden, da die Installationskosten bei solch klein dimensionierten Anlagen relativ hoch sind und sich damit weniger schnell amortisieren. Bei einer durchschnittlich grossen Anlage geht man von einer Amortisationsdauer von rund 15 Jahren oder weniger aus. Das ist schon mal beachtlich, angesichts einer Lebensdauer von etwa 30 Jahren. «Unser Elektroauto wirkt wie ein Beschleuniger», sagt Hans Fischer. Denn damit kann er den Anteil Solarstrom, den er selber verbraucht, markant steigern, was zu einer schnelleren Amortisation der Anlage beiträgt.

Hans Fischer mit seinem Elektroauto

Der Strom für das Familienauto kommt direkt vom Dach des Hauses der Fischers.

Quelle: Joseph Khakshouri

Er hat zu Hause eine Kollektorfläche von 46 Quadratmetern mit einer Leistung von 9,3 Kilowatt-Peak installiert. Den e-Golf nutzt das Ehepaar gemeinsam und legt damit wöchentlich rund 200 Kilometer zurück. Natürlich führt der Elektrotechniker genau Statistik: Von April bis Juli hat er den Autoakku mit rund 381 Kilowattstunden (kWh) geladen, davon machte der eigene Solarstrom 329 kWh aus. Ein Deckungsgrad von 86 Prozent lässt sich sehen. Für die Alltagsmobilität reichen also bereits rund zwei bis drei Stunden Ladezeit aus.

Wie lange es bis zur vollen Beladung eines Akkus dauert, hängt von dessen Speicherkapazität ab, von dessen Ladestand (ganz entladen ist ein Akku kaum jemals), von der maximalen Aufnahmeleistung des Autos und der maximalen Abgabeleistung des Ladegeräts oder der Steckdose.

Eine normale Haushaltssteckdose mit 230 Volt (V)/10 Ampere (A) liefert beispielsweise maximal 2,3 Kilowatt (kW) Strom pro Stunde – entsprechend langsam wird der Autoakku geladen. Ein 100-kW-Akku von Tesla bräuchte für eine vollständige Ladung gut 43 Stunden – beim 35-kW-Akku des e-Golfs der Fischers sind es noch gut 15 Stunden. Die blaue CEE-16-Steckdose mit 230 V/16 A bringt bereits 3,7 kW Leistung hin und eine rote CEE-16-Steckdose mit 400 V/16 A sogar 11 kW.

Statt einer Steckdose kann man auch eine Ladestation installieren, die auf 11 oder 22 kW ausgelegt ist. Diese bringt neben einer hohen Leistung auch eine gewisse Intelligenz mit sich, kann mit anderen Systemen kommunizieren, das Lastenmanagement übernehmen oder statistische Daten sammeln.

Eine solche Ladestation mit 22 kW Leistung haben auch Fischers bei sich installiert. Sie erbringt also fast das Zehnfache der Leistung einer normalen Haushaltssteckdose, und eine Ladung des e-Golfs würde damit noch knapp zwei Stunden dauern. Weil nun aber der VW nur mit maximal 7,4 kW beladen werden kann, dauert die vollständige Ladung trotzdem knapp fünf Stunden.

Wie bereits erwähnt: Je höher der Eigenverbrauchsanteil am produzierten Strom, desto besser die Rentabilität der Anlage. Der Anteil lässt sich mittels cleverer Energiemanagement-Software optimieren. Als Technikfreak hat Hans Fischer auch ein solches Smarthome-System installiert. Dieses hat er so programmiert, dass als Erstes immer der Warmwasserboiler mit Solarstrom versorgt wird, danach sein Auto – sofern es in der Garage steht – und als Drittes die Wärmepumpenheizung und die restlichen Strombezüger im Haushalt.

Fehlende Speichermöglichkeiten

Um den Eigenverbrauch zu optimieren, gäbe es für diejenigen, deren Auto tagsüber kaum zu Hause steht, die Möglichkeit, den Solarstrom in einer externen Batterie zu speichern, um ihn über Nacht ins Elektroauto zu transferieren. Für Claudio Pfister von e’mobile ist dies ökologisch durchaus sinnvoll. Ökonomisch hingegen noch nicht, da solche Speicherbatterien nach wie vor relativ teuer sind.

Umgekehrt könnte der Autoakku selbst eigentlich auch als Speicherbatterie fungieren – indem er tagsüber den überschüssigen Strom der Anlage speichert und abends wieder an den Haushalt abgibt. Leider verfügen heute nur wenige Autos über die technischen Voraussetzungen (etwa Nissan Leaf, Mitsubishi Outlander PHEV, Peugeot iOn). Auch die Praxistauglichkeit des Systems wird erst getestet.

Man sieht: Die Installation einer Fotovoltaikanlage, einer passenden Lademöglichkeit und der richtigen Software ist doch nicht so einfach wie am Anfang gedacht. Teilweise hat man es auch noch mit einer jungen Technologie zu tun – entsprechend anspruchsvoll kann die Evaluation der richtigen Komponenten sein. Ausserdem gibt es kaum stationäre Händler, die Ladesysteme verschiedener Hersteller anbieten. Das verlangt gerade dem Laien etwas Einsatz ab. Trotzdem täuscht einen das Bauchgefühl nicht: Die Kombination einer Fotovoltaikanlage und eines Elektroautos ist für Portemonnaie und Umwelt eine sinnvolle Sache.

Weitere Informationen
  • e-mobile.ch: diverse Publikationen, persönliche Beratung für Gemeinden und Unternehmen, aber nicht für Privatpersonen
  • technikblog.ch: Blog von Hans Fischer, unter anderem mit seinen Erfahrungen zum Thema Solarstrom
  • swiss-emobility.ch: E-Mobility-Verband
  • co2tieferlegen.ch: mit Hinweisen zu Fördergeldern für den E-Auto-Kauf
  • lemnet.org: Elektrotankstellen finden
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Matthias Pflume, Leiter Extras
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