Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 23. Juni 2025
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein.
Die Themen:
- Schweiz–EU: Nach den Verhandlungen kommt das Tauwetter
- Wohnen: Die dunkle Seite der Verdichtung
- Prämien: Zahlen zeigen, wie teuer die Abnehmspritze wird
- Kampfjets: Und schon wieder droht ein Milliardendebakel
- Und das Zitat der Woche ist ziemlich undiplomatisch
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Schweiz-EU: Nach den Verhandlungen kommt das Tauwetter
Darum gehts: Am Dienstag haben die Schweiz und Brüssel eine Vereinbarung unterzeichnet, welche die Zusammenarbeit künftig einfacher macht. Sie soll gelten, bis die ausgehandelten Verträge zu den künftigen Beziehungen in Kraft treten. Für die Schweizer Wirtschaft und Forschung bringt das gewichtige Vorteile.
Warum das wichtig ist: Mit dieser Vereinbarung haben Wissenschaftler in der Schweiz jetzt wieder Zugang zu «Horizon Europe» – einem gigantischen Geldtopf –, um ihre Forschung zu finanzieren. Die jeweiligen Standards wollen die Schweiz und die EU wieder wie früher als gleichwertig anerkennen: Für die Industrie ist das eine enorme Erleichterung. Dazu kommen weitere Themen, etwa die Zusammenarbeit im Pandemiefall oder die Stromversorgung.
Das sagt der Beobachter: Diese Vereinbarung kann die Schweizer Wirtschaft auf jeden Fall gerade gut gebrauchen. Allerdings verfällt all das, wenn die Schweiz oder die EU-Mitgliedsstaaten eines oder mehrere der ausgehandelten Abkommen ablehnen. Und wie schnell die gute Stimmung auch wieder kippen kann, zeigt sich gerade an den Grenzen:
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Wohnen: Die dunkle Seite der Verdichtung
Darum gehts: Der Bauboom verdrängt einkommensschwache Gruppen aus den Stadtzentren. Das zeigt eine neue Studie des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) und der ETH Zürich. Besonders betroffen sind Menschen mit geringem Einkommen, ältere Personen, Geflüchtete und Menschen afrikanischer Herkunft.
Warum das wichtig ist: Diese Verdrängung bedroht die soziale Vielfalt in den Städten und verstärkt die Segregation. Die Studie zeigt auf, dass soziale Aspekte stärker in die Stadtentwicklung integriert werden müssen, um eine ausgewogene Wohnraumverteilung und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten.
Das sagt der Beobachter: Massnahmen gegen Ersatzneubauten und Totalsanierungen stoppen die Verdrängung und sichern bezahlbaren Wohnraum für alle. Die Westschweiz und Basel gehen mit gutem Beispiel voran – da gibt es nämlich bereits entsprechende Regulierungen. Sie verhindern, dass Städte zu homogenen Lebensräumen werden, in denen sich nur noch bestimmte Einkommensgruppen Wohnraum leisten können.
⇒ Jetzt Podcast hören: Wie die Wohnungsnot bekämpfen?
Prämien: Zahlen zeigen, wie teuer die Abnehmspritze wird
Darum gehts: Abnehmspritzen wie Ozempic oder Wegovy liegen im Trend. Für viele Übergewichtige sind sie eine grosse Hoffnung. Seit Frühjahr 2024 übernehmen Krankenkassen teilweise die Kosten für die Spritzen. Seit das Präparat Wegovy von der Grundversicherung übernommen wird, steigen die Bezüge stark an, wie neue Auswertungen zeigen. Die Kosten tragen die Prämienzahler. Das sorgt für Fragen in der Politik.
Warum das wichtig ist: Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist vorerst bis Ende Februar 2027 limitiert. Novo Nordisk wird beim Bundesamt für Grundheit einen neuen Antrag einreichen müssen. FDP-Ständerat Damian Müller hat eine Interpellation eingereicht mit dem Titel: Abnehmspritzen in der Grundversicherung – Nachhaltig oder kostentreibend?
Das sagt der Beobachter: Die Krankenkasse zahlt die Behandlung nur unter strengen Vorschriften. Wer sich Wegovy spritzen will, muss stark oder sehr stark übergewichtig sein und mindestens an einer gewichtsbedingten Erkrankung leiden. Für Kinder ist das Medikament nicht zugelassen. Wegovy verschreiben können nur Adipositas-Zentren oder Ärztinnen, die auf hormonproduzierende Drüsen spezialisiert sind.
⇒ Jetzt lesen: Wann die Krankenkasse für Wegovy zahlt
Kampfjets: Und schon wieder droht ein Rüstungs-Debakel
Darum gehts: Es war das teuerste Rüstungsgeschäft in der Geschichte – und es wird wahrscheinlich noch mal massiv teurer. Am Mittwoch informierte Verteidigungsminister Martin Pfister die Öffentlichkeit, dass die amerikanischen F-35-Kampfjets bis zu 1,3 Milliarden Franken mehr kosten könnten. Obwohl das die Verantwortlichen immer ausgeschlossen hatten.
Warum das wichtig ist: Zu dem massiven Aufschlag kommt es, weil die USA jetzt mehr Geld für die Jets wollen. Dass die vereinbarte Summe (die das Stimmvolk 2020 extrem knapp bewilligte) ein Fixpreis sei, das sei ein «Missverständnis» gewesen. Der Bundesrat will jetzt eine Lösung verhandeln. Bei einem Verzicht auf die Flugzeuge könnte die Schweiz ab 2032 ihren Luftraum nicht mehr sichern, warnte Pfister.
Das sagt der Beobachter: Was für ein Debakel. Zwar hatten verschiedene Gutachten und sogar die US-Botschaft in Bern öffentlich bestätigt, dass die vereinbarte Summe fix sei. Aber in den Verträgen gibt es keinen Mechanismus, der das garantiert. Und schon im Sommer 2022 hat die Eidgenössische Finanzkontrolle genau vor dem gewarnt, was jetzt passiert. Ausgang offen. So wie überhaupt bei ganz viel in der Schweizer Armee:
Gute Dienste: So nennt man das in der Diplomatensprache, wenn ein Land zwischen zwei Staaten vermittelt, die nicht offiziell miteinander reden. Das tut die Schweiz für die USA und den Iran seit Jahrzehnten. Allerdings aktuell aus dem benachbarten Aserbaidschan. Die Botschaft in Teheran wurde evakuiert, nachdem israelische Geschosse in der Hauptstadt einschlugen.
«Präsenz zeigen wäre jetzt das Wichtigste – und nicht, sich vom Acker zu machen.» – Roland Rino Büchel, SVP-Nationalrat
In der Schweizer Politik ist man sich einig, dass die Schweiz alles tun sollte, um eine noch grössere Katastrophe abzuwenden. Die Frage ist, wie viel sie tatsächlich ausrichten kann – mit oder ohne Botschafterin im Iran. An den (gescheiterten) Verhandlungen vor Ausbruch der Kämpfe war sie nicht beteiligt – diese liefen via Katar.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Caroline Freigang, Oliver Fuchs und Valentin Grünig.
Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.