Bienen summen, Schmetterlinge schaukeln über der Wiese, ein Zaunkönig schmettert sein Lied aus dem Gebüsch, auf dem Mäuerchen sonnen sich Eidechsen … Naturparadiese voller Leben und Artenvielfalt kann man mit relativ geringem Aufwand im eigenen Garten einrichten. Und das ist keine Frage der Grösse: Wertvoller Lebensraum für Pflanzen und Tiere lässt sich bereits auf wenigen Quadratmetern schaffen. Aufwand und bauliche Massnahmen halten sich dabei in Grenzen.

Ein erster Schritt hin zum Naturgarten kann bedeuten, dass man einen Teil der Rasenfläche mäht und den anderen stehen lässt; einen Kompost oder Kiesplatz anlegt, Steine oder Holz zu einem Haufen aufschichtet, eine gemischte Hecke anpflanzt, mit alten Ziegeln und Fundsteinen kleine Stützmauern und Beete errichtet. Diese Strukturen sind wichtig, weil sie Kleinstlebensräume für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren darstellen.

Die Natur kennt keinen Abfall

Bevor sich die Naturgartenbewegung in den 1970er Jahren von Deutschland aus verbreitete, waren Gärten in erster Linie botanische Anlagen, in denen Tiere als Störenfriede wahrgenommen wurden, mit Ausnahme einiger Nützlinge wie Bienen oder Regenwürmer vielleicht.

Diese «Gärtnerhaltung» ist zwar immer noch weit verbreitet, doch zeichnet sich ein Umdenken ab. Naturnahe Gärten liegen im Trend, das Anlegen von Biotopen ist fast schon Mode geworden. Heutige Hausgartenbesitzer sind offenbar eher bereit, ihre Gartentore für Vögel, Insekten, Fische, Frösche, Eidechsen, Igel und Marder zu öffnen.

Die praktische Umsetzung bereitet allerdings häufig Mühe. Viele Heimgärtner tun sich immer noch schwer, der Natur freien Lauf zu lassen – die Voraussetzung dafür, dass sich Tiere im Garten wohlfühlen. Die Natur selbst kennt keinen Abfall, organisches Material dient Kleinstlebewesen als Nahrung und wird auf diese Weise abgebaut. Den Garten herauszuputzen, Laub und Äste wegzuräumen, entzieht vielen Tieren die Lebensgrundlage, etwa Insekten, Molchen, Amphibien und Igeln, die in Holz- und Laubhaufen Schutz suchen. 

Unordentlich muss ein Naturgarten trotzdem nicht sein. Es herrscht darin mehr Ordnung, als wir meinen, und es bildet sich ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Pflanzen und Tieren.

Die meisten Wildtiere sind allerdings nicht Bewohner, sondern nur Gäste: Sie  erscheinen für Minuten oder Stunden, auf der Suche nach Nahrung oder einem Partner. Da die meisten Tiere mehr als einen Garten als Lebensraum brauchen, ist die Umgebung entscheidend. Die Artenvielfalt hängt somit auch von den Gärten der Nachbarn ab, von den öffentlichen Grünzonen und davon, ob wir mitten in einer Stadt, in der Nähe eines Waldes oder Sees wohnen.

Artenvielfalt ist Nahrungsvielfalt

Gärten sind Trittsteine im Kulturland und gerade für wandernde Tiere überlebenswichtig. Die Naturgartenbewegung hat zum Ziel, dass möglichst viele Gartenbesitzer möglichst viel Natur in den Siedlungsraum hereinholen. Je mehr Gärten naturnah gestaltet sind, desto dichter wird das Netz von Biotopen und desto eher nimmt der Artenreichtum zu. Das bedeutet umgekehrt: Je mehr Arten sich im Garten blicken lassen, desto besser geht es den Tieren in der umliegenden Natur. Damit einheimische Tiere Lebensraum finden, sind sie auf einheimische Pflanzen und Bäume angewiesen. Während man um eine einzige alte Eiche herum über 1000 verschiedene Tierarten feststellen kann, sind es bei einer nicht heimischen Platane nur rund 100.

Hecken sind ebenso wichtige Lebensräume wie Laubbäume, da sie viele Nischen und ein reiches Futterangebot bieten. In Wildstrauchhecken nisten Singvögel, spannen Spinnen ihre Netze auf, finden Bienen, Hummeln, Vögel und Eichhörnchen Nahrung in Form von Nektar und Beeren. Auch Wiesen können artenreiche Lebensräume sein: Allein die Zahl der Insektenarten ist laut Schätzungen von Biologen auf einer Blumenwiese 10- bis 20-mal höher als auf einer Rasenfläche. Zudem leben dort Spinnen, Asseln, Tausendfüssler und Schnecken.

Tiere finden den Weg von selbst

Die Verwandlung einer sterilen Grünfläche in einen bunten Naturrasen vollzieht sich fast von alleine. Eine spezielle Ansaat braucht es nicht; meist genügt es, auf häufiges Mähen, Kunstdünger, Pestizide und Rasensprenger zu verzichten – und schon beginnen Gänseblümchen, Gundelrebe, Löwenzahn und Hahnenfuss zu blühen, tauchen Insekten auf, flattern Falter von Blüte zu Blüte.

Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, mäht nur noch ein- oder zweimal im Jahr. Blumen und Gräser können so absamen, und mit der Zeit wächst eine Wiese, in der Heuschrecken, Schmetterlinge und andere Insekten neuen Lebensraum finden: bunte Vielfalt statt eintönige Monokultur.

Naturgärten sind kleine Ökosysteme, in denen sich Tiere und Pflanzen auf komplexe Weise ergänzen, wo sie aber auch voneinander abhängig sind. So sind zum Beispiel die Raupen von über 50 Schmetterlingsarten auf Brennnesseln als Futterpflanze angewiesen. Je mehr wir über solche Zusammenhänge wissen, desto besser spielt die Dynamik im Ökosystem Garten. Vorausgesetzt, wir lassen sie zu.

Tipps: Regeln für Naturgärtner

  • Nur einheimische Pflanzenarten säen und pflanzen (ausser im Nutzgarten)

  • Keine Kunstdüngemittel oder synthetische Pflanzenschutzmittel einsetzen

  • Garten vielseitig gestalten, mit Nischen und Strukturen

  • Wenig eingreifen, Veränderungen durch natürliche Abläufe zulassen

  • Möglichst keine Maschinen einsetzen

  • Grünzeug kompostieren, möglichst kein Material aus dem Garten entfernen

  • Wasserdurchlässige Wege und Plätze anlegen

  • Naturmaterialien verwenden

  • Keine PVC-Folie, kein chemisch imprägniertes Holz verwenden

  • Lichtquellen im Garten vermeiden (Todesfallen für Insekten)

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