Der Garten wirkt wie eine Festung. Ein Maschendrahtzaun, gleich dahinter eine drei Meter hohe, blickdichte Thujahecke – ein solcher Flecken Erde verrät viel über die Besitzer. Doch wenn man nicht zur Gattung «Lasst uns in Ruhe, Nachbarn!» zählt: Wie soll der Garten beschaffen sein, der einem entspricht?

Man kann erst einmal herausfinden, welcher Gartentyp man ist. Sandro Gallati, Landschaftsarchitekt bei der Ernst Meier AG in Dürnten ZH, unterscheidet vier Grundtypen. Der «Wimbledon-Typ» möchte eine perfekte Rasenfläche Rasenpflege Das sollten Sie wiesen und akkurat geschnittene Hecken. Unkraut bekämpft er notfalls mit Chemie. Der «Selbstversorger» hat einen naturnahen Garten und ist immer auf der Suche nach der perfekten Beeren- oder Obstsorte. Der «Umweltbewusste» legt Wert auf grosse Artenvielfalt im Garten, der ruhig ein wenig wild sein darf, und bekämpft Schädlinge mit biologischen Mitteln und natürlichen Feinden. Der «unentschlossene Geniesser» schliesslich hat ausser dem Wunsch nach einem schönen Garten keine klaren Vorstellungen. Er lässt sich deshalb ausführlich beraten und den Garten von einer Fachperson pflegen.

Ein Test zeigt Vorlieben auf

Es gibt auch Online-Tests, wie ihn etwa Hans-Peter Forster, Inhaber der Forster Gartenbau AG in Titterten BL und Mitglied der Genossenschaft «Gärtner von Eden», anbietet. Man bewertet Gartenfotos, um seine Vorlieben zu erkennen. Auch hier gibt es vier Typen. «Geniesser», die ihren Garten mit allen Sinnen erleben wollen. «Naturfreunde», die Wert auf naturnahe Lebensräume Naturgarten Buntes Treiben rund ums Haus legen und sich gern selbst betätigen. «Designfreunde», die klare Strukturen und eine formale Gestaltung bevorzugen. Und «Ästheten», die im Garten einen Raum suchen, der Geborgenheit vermittelt und Schönheit bis ins kleinste Detail bietet.

Mehr als eine grobe Orientierung erlauben solche Kategorien aber nicht. «Es gibt selten den reinen Typ», sagt Forster. Zudem wünschten sich alle Kunden einen pflegeleichten Garten. Man solle sich deshalb schon vor dem Hauskauf genau überlegen, ob man wirklich die Musse für einen Garten habe. Auch Gallati empfiehlt, sich im Zweifel mit einer bepflanzten, automatisch bewässerten Terrasse zu begnügen. «Ein Garten braucht immer Pflege.»

Der Pflegeaufwand soll begrenzt sein

Tobias Meyer, Geschäftsführer der Firma Bill + Meyer Gärten in Köniz BE und Mitglied des Zentralvorstands des Berufsverbands Jardin Suisse, bestätigt, dass viele Gartenbesitzer zwar bereit seien, Gartenarbeit zu leisten. «Der Aufwand soll sich aber in Grenzen halten und der Erholung dienen.» Er empfiehlt, zu Beginn eine Collage aus Gartenbildern zu erstellen, die die gewünschten Elemente zeigen. Auf der Website gartendialog.ch kann man nach Beantwortung einiger Fragen eine solche erzeugen lassen. 

Häufig wird die Rolle des Standorts unterschätzt. Wie durchlässig oder nass ist der Boden Garten Auf gute Erde kommt es an ? Gibt es genug Sonne? Gallati hält es für unrealistisch, auf einer Nordseite einen mediterranen Garten oder an einem schattigen, feuchten Standort einen perfekten Rasen anlegen zu wollen.

«Wer ein Haus bauen will, erstellt auch zuerst einen Plan.»

Tobias Meyer, Zentralvorstand Jardin Suisse

Auch nicht empfehlenswert ist es, mal irgendwo zu beginnen. Meyer sagt, der grösste Fehler sei es, sich keine konkreten Gedanken zur Gartengestaltung und zum Budget zu machen. «Wer ein Haus bauen will, erstellt auch zuerst einen Plan.»

Es lohnt sich, einen neuen Garten auch dann komplett zu planen, wenn das Geld zunächst nicht für alles reicht. Bei kleinem Budget empfiehlt es sich, alle Arbeiten, für die man schwere Maschinen braucht, erledigen zu lassen, solange das Terrain gut zugänglich ist. 

Die «Gärten des Grauens»

Eine Kategorie wird in der Gartentypologie gnädig ausgeblendet: der Schottergarten. Gemeint sind nicht Stein- oder Kiesgärten mit standortgerechter Bepflanzung, sondern Geröllflächen, die vielleicht einzelne Aussparungen für Sträucher haben, wenn überhaupt. Die Facebook-Seite «Gärten des Grauens» zeigt eine Menge solcher Steinwüsten.

Schotterflächen auf Unkrautvlies sind ökologisch wertlos, heizen sich im Sommer stark auf und sind auch nicht so pflegeleicht, wie viele glauben. Gartengestalter Forster sagt: «Mit der Zeit bildet sich im Schotter eine nährstoffreiche Schicht, in der Unkraut wächst.» Das sei aber zwischen den Steinen nur schwer zu jäten, sodass man es schliesslich verbotenerweise mit Gift bekämpfe.

In Deutschland haben einzelne Gemeinden die Anlage von Schottergärten bereits verboten.

Unterschätzte Kosten

Laut Gallati sollte man für die Planung 10 Prozent der Auftragssumme der Gartenanlage budgetieren. Forster arbeitet meist mit Pauschalen, die sich nach den Gegebenheiten, den vorhandenen Planungsgrundlagen und den Kundenwünschen richten. Er bietet eine kostenlose «Speed-Planung» von 20 Minuten an, mit welcher der Planer erste Konzeptideen entwickelt. Die Kunden schicken vorher die Ergebnisse ihres Gartentypentests sowie Fotos der Situation ein und füllen einen Fragebogen aus.

Da eine professionelle Planung für mehrere Tausend Franken oft zu aufwendig wäre, ist bei Gallati eine Beratung möglich, bei der vorgefertigte Pflanzkompositionen an den konkreten Standort angepasst werden – wenn es etwa nur darum geht, eine unansehnliche Ecke neu zu gestalten. Dafür muss man mit etwa 35 Franken Planungskosten pro Quadratmeter rechnen.

Die Kosten für die Neuanlage eines Gartens werden häufig unterschätzt. «Wenn man etwas Schönes will, sollte man 10 bis 15 Prozent der Bausumme des Hauses für den Garten rechnen», so Gallati. «Dort wird aber oft gespart – eine Anlage mit Rasen und Hecken ist halt billiger.» Die Spanne ist gross: Forster sagt, er habe Gärten für 70 Franken pro Quadratmeter angelegt, aber auch solche für mehr als 500 Franken.

Der Garten muss zu den Besitzern passen

Gartenplaner stellen immer wieder fest, dass Kunden zu viele Elemente wollen, die das Budget sprengen. Abspecken ist dann schwierig. «Will jemand unbedingt einen Teich, lässt er ihn kaum weg», sagt Gallati. Forster beobachtet, dass ein Sitzplatz mit Feuerstelle bei vielen oben auf der Wunschliste steht. Und laut Meyer werden Themen wie Nachhaltigkeit und Biodiversität immer wichtiger. Gute Gartengestalter brächten diese Themen heute in die Beratung ein.

Was sind die grössten Fehler bei der Gartenanlage? Zu grosse Bäume; steile Böschungen, die nicht terrassiert werden und die man nicht nutzen kann; Stauden, die alles überwuchern, sagt Forster. Neophyten Insekten Das stille Sterben , also fremde Gewächse, die die einheimische Flora verdrängen und vielleicht auf der Liste der verbotenen Pflanzen landen werden, meint Gallati.

Beide betonen, dass ein Garten zu seinen Besitzern passen muss. Aufgepasst, wenn man sich einen bekannten Gartenplaner leisten kann. Das Ergebnis ist chic, hat aber vielleicht wenig mit einem selbst zu tun.

Das andere Extrem wäre, zu wenig in die Gartengestaltung zu investieren – auch einen solchen Umschwung nutzt man kaum. «In Gärten, in denen es nur einen kleinen Sitzplatz beim Haus und sonst lediglich eine Rasen- oder Schotterfläche gibt, fühlen sich die Menschen nicht wohl», sagt Forster. Solche Gärten gebe es leider immer noch viele.

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