Wer kennt das Gefühl nicht? Noch immer am Strand wird man in den letzten Ferientagen bereits wehmütig: Bald geht es wieder zurück an den Schreibtisch. Die nächsten Ferien sind noch nicht geplant, der Stapel Arbeit wartet schon. Ist man erst einmal zurück, geht es erst richtig los. Die Ferien, die eigentlich Erholung bringen sollten, scheinen am ersten Arbeitstag schon in weiter Ferne.

Einige haben mit dem Wiedereinstieg in den Berufsalltag sogar besonders Mühe und kämpfen mit einer ausgeprägten Gemütsverstimmung, die Forscher «Post-Holiday-Syndrom» nennen. «Schon der Gedanke an die Arbeit stresst Betroffene, sodass sie versuchen, sich in ihrer Freizeit abzulenken: mit unwichtigen Dingen, Fernsehen, Alkohol», erklärt Psychologe Andi Zemp. «Spätestens am Abend vor dem ersten Arbeitstag kehren die Gedanken aber zurück und die Schlafqualität leidet.»

So finden Sie schneller zurück in den Alltag

Körper und Psyche brauchen nach dem Einstieg ein paar Tage, um wieder in den gewohnten Rhythmus zurückzufinden. Diese Tipps helfen:
 

  • Eingewöhnungszeit einplanen

    Am besten nehmen Sie sich einen ganzen Tag Zeit, um wieder richtig zu Hause anzukommen. Denn auch da häufen sich während einer Abwesenheit Pflichten an: Post, Waschen, Rechnungen, etc. Kehren Sie am Sonntag zurück, sollten Sie sich deshalb vielleicht überlegen, die Arbeitswoche erst am Dienstag wieder zu starten (siehe nächster Punkt).
  • Mit einer verkürzten Woche starten

    Die Arbeitswoche muss nicht zwangsläufig am Montag beginnen. «Es kann Arbeitnehmern helfen, den ersten Arbeitstag auf den Mittwoch zu legen und so die Woche zu verkürzen», weiss Andi Zemp. In der ersten Woche können Sie sich eingewöhnen und Pendenzen priorisieren, die in der zweiten Woche abgearbeitet werden.
  • Einen sanften Einstieg wählen

    Besonders gut für den Wiedereinstieg eignet sich das Aufarbeiten von Post oder E-Mails. Der angehäufte Berg sieht auf den ersten Blick zwar gross aus, eine Umfrage der Hochschule Luzern hat aber gezeigt, dass nach dem Aussortieren nur noch fünf bis 20 Prozent aller E-Mails bearbeitet werden müssen. Unter den übrigen befinden sich viele Newsletter und Nachrichten, die in der Zwischenzeit schon von Kollegen abgearbeitet wurden. Am besten nehmen Sie sich zuerst Zeit, um alle E-Mails zu sichten. Löschen Sie Nachrichten, die Sie nicht brauchen und kategorisieren Sie die anderen nach Ihrer Dringlichkeit. Dadurch sehen Sie gleich, wo Handlungsbedarf existiert (die Frage des Chefs), was noch ein bisschen warten kann (Unterlagen für die Besprechung in zwei Wochen) und was Sie ganz ignorieren können (die Orientierungskopie an Sie und zehn andere Kollegen). Es kann helfen, E-Mails nicht nach Datum, sondern nach Absender zu sortieren. Oft drehen sich die verschiedenen E-Mails eines Absenders nämlich um ähnliche Themen.

    Wenn der Berg schnell schrumpft, haben Sie gleich Ihr erstes Erfolgserlebnis. Falls es etwas länger dauert, können Sie das Durchlesen auch in zwei Etappen aufteilen: zwei Stunden am Morgen nach der Ankunft und zwei Stunden am Abend, bevor Sie nach Hause gehen. 
     
  • Priorisieren

    Verschaffen Sie sich einen Überblick über die anstehenden Aufgaben der nächsten Tage. In einem zweiten Schritt priorisieren Sie mithilfe einer To-Do-Liste: Was muss sofort erledigt werden? Was kann noch ein paar Tage oder sogar eine Woche warten?
     
  • Pausen einlegen

    Nach den Ferien ist die Versuchung gross, den Rückstand so schnell wie möglich aufzuholen. Übertreiben Sie es aber nicht, denn Pausen wirken einem Ansteigen des Stresslevels entgegen. Gehen Sie mit Kollegen essen und nehmen Sie sich während der Arbeit Zeit für Kaffee Koffein 10 Fakten zu Kaffee und Gespräche.
     
  • Keine Termine in den ersten Tagen

    Bedenken Sie vor den Ferien, dass Sie womöglich einige Tage brauchen, um sich wieder einzuarbeiten. Legen Sie Besprechungen und Termine wenn möglich frühestens auf das Ende Ihrer ersten Arbeitswoche.
     
  • Feriengefühl beibehalten

    «Es kann helfen, Beschäftigungen oder Gewohnheiten aus den Ferien auch nach Beginn der Arbeit weiterzuführen», sagt Andi Zemp. Zum Beispiel die begonnene Gartenarbeit am Abend weiterzuführen oder nach dem Aufwachen noch ein paar Seiten in der Ferienlektüre weiterzulesen. So behalten Arbeitnehmer etwas vom entspannten Rhythmus bei.
     
  • Vorfreude schüren

    Leichter arbeiten lässt es sich, wenn das nächste Highlight bereits in Ihrer Agenda steht. Es muss sich dabei nicht unbedingt um einen grösseren Urlaub handeln: Schon nur ein Wochenende oder ein ausgedehnter Tagesausflug helfen, aus dem Alltag auszubrechen.
Beste Prävention: Kein Stress in den Ferien

Im Berufsalltag stehen viele unter Dauerbelastung. Die Ferien sollen deshalb dazu dienen, herunterzufahren und sowohl Körper als auch Psyche Entspannung zu bieten. Sogar das Arbeitsgesetz schreibt Erholung vor: Arbeitgeber müssen ihren Angestellten mindestens zwei Wochen Ferien am Stück gewähren – ständige Erreichbarkeit darf nicht gefordert werden. Trotzdem beobachtet Andi Zemp, dass sich Angestellte schwer damit tun, richtig abzuschalten. «Das hat sicher mit der ständigen Verfügbarkeit von Informationen zu tun, welche die Arbeit betreffen», vermutet er. «Zusätzlich haben Arbeitnehmer zunehmend das Gefühl, nicht mehr richtig abschalten zu dürfen, da dies von Vorgesetzten erwartet werde.»

Wer unbelastet in den Urlaub fahren will, sollte deshalb gut vorbereitet sein:
 

  • Laufende Projekte abschliessen

    Schliessen Sie so viele Projekte wie möglich vor den Ferien ab. Es wird danach einige Zeit dauern, bis sie wieder in der Arbeit drin sind.
     
  • Abwesenheitsnotiz

    Erstellen Sie am letzten Arbeitstag eine Abwesenheitsmeldung und legen Sie einen Stellvertreter für wichtige Angelegenheiten fest. In der Meldung sollte unbedingt stehen, dass Sie E-Mails erst nach Ihrer Rückkehr lesen. Vielleicht hilft es Ihnen, in Ihrer Abwesenheitsnotiz eine spätere Rückkehr zu «simulieren». So kommen Externe noch nicht gleich mit dringenden Angelegenheiten auf Sie zu.
     
  • Schreibtisch aufräumen

    Wer vor den Ferien die Wohnung putzt oder den Schreibtisch aufräumt, kommt mit einem besseren Gefühl zurück. Herrscht auf dem Schreibtisch bei der Rückkehr ein Chaos, steigt der Stresspegel hingegen schnell wieder an.
     
  • Keine E-Mails lesen

    Laut «Gesundheitsförderung Schweiz» liest während der Ferien ein Drittel aller Berufstätigen E-Mails. Dadurch sind Sie mit dem Kopf immer mal wieder im Büro und können nicht richtig herunterfahren. Am besten öffnen Sie das E-Mail-Programm nicht einmal, um Newsletter und andere unwichtige Nachrichten auszusortieren. Zu gross ist die Gefahr, dass Sie beim Scannen auf eine Nachricht stossen, die vermeintlich nicht warten kann. Ist komplette E-Mail-Absenz nicht möglich, rät Andi Zemp zu einer zeitlichen Beschränkung, zum Beispiel 20 Minuten pro Tag.
     
  • Arbeitsunterlagen im Büro lassen

    Einige Arbeitnehmer arbeiten gerne auf dem Flug in die Ferien – schliesslich ist man dann noch nicht weg und hat viel Zeit, letzte Sachen zu erledigen. Wer allerdings gestresst in den Ferien ankommt, braucht länger, um dort abzuschalten. Lassen Sie die Arbeit von Anfang an zu Hause, damit sie gar nicht erst auf die Idee kommen, etwas dafür zu tun. Das gilt auch für das Geschäftshandy.
Wie viel Erholung brauchen wir?

Die holländische Wissenschaftlerin Jessica de Bloom beschäftigte sich eingehend mit der Frage, wie erholsam Ferien sind. Dabei kam sie zum Schluss, dass diese für die Gesundheit zwingend notwendig sind, der Effekt aber oft nicht lange anhält: Glücksgefühle nehmen zu und der Gesundheitszustand verbessert sich bereits kurz nach Ferienantritt. Nach ungefähr der Hälfte der Ferien erreicht die Entspannung meist einen Höhepunkt, gegen Ende der Ferien sinkt sie aber auch schnell wieder. Schon nach zwei bis drei Wochen nach Arbeitsbeginn ist das persönliche Befinden wieder auf demselben Niveau wie vor den Ferien.

Verschiedene Studien zeigen, dass die Dauer der Ferien eine untergeordnete Rolle spielt: Schon bei Kurztrips oder an Wochenenden kann der Erholungseffekt gross sein. Entscheidend ist, wie man die Zeit verbringt. Je weniger Angestellte über Alltagsprobleme und ihre Arbeit nachdenken, desto erholter fühlen sie sich. Experten empfehlen deshalb, einen etwas längeren Urlaub zu planen (z.B. zwei Wochen) und die restlichen Ferientage gut auf das Jahr zu verteilen. Zudem sollten auch Feierabende erholsam sein. Das heisst nicht zwingend, dass Sie nichts unternehmen sollten – Erholung könne auch bedeuten, dass man eine gute Zeit mit Freunden oder der Familie verbringt.

Mehr zu Ferien und Absenzen bei Guider

Ferien sind dazu da, sich von der Arbeit zu erholen. Einige Regelungen bezüglich Ferien und Kurzabsenzen sorgen jedoch immer wieder für Verwirrung. Guider klärt Beobachter-Abonnenten nicht nur darüber auf, sondern zeigt auch, was bei Sonderfällen wie unbezahltem Urlaub oder Ferien während Arbeitsunfähigkeit rechtlich gilt.

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Jasmine Helbling, Redaktorin
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