Zum zweiten Mal in Folge werden die Krankenkassenprämien wohl aussergewöhnlich stark steigen. Der Vergleichsdienst Comparis rechnet für das Jahr 2024 mit einem durchschnittlichen Anstieg von 6 Prozent bei den Prämien für die Grundversicherung. Er stützt sich unter anderem auf Daten der ETH-Konjunkturforschungsstelle KOF. Bei manchen Kassen werden sich die Prämien um bis zu 10 Prozent erhöhen, so Comparis. Bereits für 2023 betrug der Anstieg im Schnitt 6,6 Prozent. In den vergangenen gut 20 Jahren waren es durchschnittlich 3,8 Prozent, mit starken Schwankungen.

Wechsel sorgfältig planen

Im Moment können Versicherte nichts tun. Die einzelnen Kassen geben ihre Tarife für das nächste Jahr erst gegen Ende September bekannt. Ab dann kann man Prämien vergleichen und überlegen, ob es sich eventuell lohnt, den Anbieter zu wechseln Krankenkassenwechsel Fragen und Antworten zur Prämienersparnis . Häufig ist das der Fall.

Es ist darum ratsam, schon jetzt einen Wechsel zumindest ins Auge zu fassen und sich darauf vorzubereiten. «Nimmt man sich fest vor, dieses Jahr wirklich die Prämien zu vergleichen und für sich eine passendere Lösung zu finden, tut man das eher», sagt Krankenkassenexpertin Nathalie Hirsiger vom Beobachter-Beratungszentrum.

Ebenfalls lohnt es sich zu prüfen, ob man bei der aktuellen Krankenkasse günstiger fahren kann , zum Beispiel wenn man ein HMO-Modell wählt oder die Franchise anpasst. Zeit dafür ist genug. Bei der Grundversicherung müssen bis spätestens Ende November alle Änderungswünsche bei der Krankenkasse eingehen.

Mehr Psychotherapien, wenig günstige Medikamente

Dass die Krankenkassenprämien 2024 erneut stark ansteigen, hat verschiedene Gründe. Grundsätzlich steigen die Gesundheitskosten. Comparis nennt als Treiber den höheren Bürokratieaufwand, nicht lieferbare günstige Medikamente Der Bund muss Verantwortung übernehmen Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Medikamenten-Knappheit , mehr Psychotherapien, die Umsetzung der Pflegeinitiative sowie «mehr verunsicherte Personen, die sich mit diffusen Beschwerden untersuchen lassen».

Zudem haben die Kassen in den vergangenen Jahren Reserven abgebaut. Zwischen 2019 und 2021 sind die Prämien weniger stark gestiegen als die Kosten. Die Differenz haben die Kassen mit Reserven beglichen. Nun sind sie aber aufgebraucht. Der Bundesrat hat die Kassen 2021 zu diesem Schritt angehalten, weil sie seiner Meinung nach in den Jahren zuvor zu hohe Reserven aufgebaut hatten.

Macht das Parlament genug – oder zu viel?

Krankenkassenexperte Felix Schneuwly kritisiert diese Politik. «Ohne den politisch erzwungenen Reservenabbau wären die Prämien in den letzten Jahren lediglich um rund 2,5 Prozent pro Jahr und Person gestiegen und würden aktuell weiter in diesem Bereich steigen», heisst es in einer Medienmitteilung von Comparis. Genau gleich hatte er bereits vor einem Jahr argumentiert, als Comparis einen ungewöhnlich starken Kostenanstieg für 2023 prognostizierte.

Für Schneuwly bewirken die Massnahmen wenig, die der Bundesrat und das Parlament gegen den Anstieg der Gesundheitskosten ergreifen. Im Gegenteil: Sie würden zu mehr Bürokratie führen, was die Kosten hochtreibe. «Das Parlament muss bei der Reform des Krankenversicherungsgesetzes eher Tempo wegnehmen statt steigern. Und sauber evaluieren, welche Gesetzesänderungen welche Wirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen erzielen würden.»

Ganz anders beurteilt Santésuisse, der Verband der Krankenkassen, die Lage. «Das Parlament hat in der laufenden Legislatur leider wenig getan für die Kostendämpfung», sagt Sprecher Matthias Müller. Regelmässig seien Sparmassnahmen verwässert worden. Es gelte jetzt, falsche Anreize  so schnell wie möglich zu korrigieren. Zum Beispiel, dass Ärztinnen und Ärzte davon profitieren, wenn sie teurere Medikamente statt Generika verschreiben. «Zudem muss der permanente Ausbau von Leistungen gestoppt werden.»

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Weigert sich die Krankenkasse, eine Kostengutsprache zu erteilen? Welche Zusatzversicherungen gibt es überhaupt? Beobachter-Abonnenten erfahren, welche Kosten die Krankenversicherung übernimmt und wo sich eine Zusatzversicherung lohnt. Eine weitere nützliche Hilfestellung: ein Kündigungsschreiben als Mustervorlage.