Dreiste Inkasso-Methode bringt Millionen
Geldeintreiber fordern systematisch die Bezahlung von Verzugsschäden. Eine rechtliche Grundlage gibt es nicht.
Veröffentlicht am 2. August 2019 - 09:57 Uhr
Zwei Lampen hatte Gino Hollenstein bestellt, bekommen und bezahlt. Als ihn Home24 für eine dritte mahnte, belegte er dem Versandhaus, dass er nichts schuldete.
Doch zwei Monate später meldete sich die Inkassofirma Arvato Infoscore beim Thurgauer und wollte 90 Franken für die Lampe und 137 Franken für «Verzugsschaden». Einen solchen verrechnen Inkassofirmen standardmässig, obwohl es für pauschale Forderungen keine gesetzliche Grundlage gibt – der Bundesrat verlangt, dass der Schaden konkret beziffert sein muss.
Hollenstein ist kein Einzelfall. Allein dieses Jahr gingen zu diesem Thema bei der Stiftung für Konsumentenschutz 410 Meldungen ein. Die Inkassobüros setzen massiven Druck auf – und drohen mit Betreibungen oder dem Anwalt. Nicht immer funktioniert es. «Ich bin 73 – ein Eintrag im Betreibungsregister ist mir wurst», sagt Oskar Meier. Mediashop verlangte von ihm für einen nie gelieferten Artikel 60 Franken. Daraus wurden 390 Franken Schulden bei Infoscore. Er zahlt nicht. «Denen muss das Handwerk gelegt werden!»
700 Millionen Franken nehmen Inkassofirmen in der Schweiz jährlich ein. Eine Stichprobe des Beobachters zeigt: Die ungerechtfertigten Aufschläge machen zwischen 40 und 70 Prozent der Gesamtforderung aus. Hochgerechnet würde das bedeuten, dass die Branche jährlich mehrere Hundert Millionen Franken ungerechtfertigt eintreibt. Das tut sie mit System: Auf der Website des Inkassoverbands wird behauptet, das Eintreiben unbelegter Verzugsschäden sei korrekt. Die verbandsinternen Richtlinien zur Höhe der Verzugsschäden bestätigen die Stichprobe.
Die Firmen, die mit Infoscore arbeiten, geben sich bedeckt. «Wir arbeiten mit anerkannten Unternehmen zusammen», erklärt Home24. Die Buchhandelskette Weltbild gibt an, die Zusammenarbeit sei wegen des «problematischen Zahlungsverhaltens gewisser Kunden» nötig. Bei Orell Füssli heisst es: «Die Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, müssen sich an die Gebührentabelle des Inkassoverbands halten.»
Die Stiftung für Konsumentenschutz fordert eine grundlegende Korrektur: Betreibungen sollen nur noch möglich sein, wenn die Forderungen belegt sind. «Die Inkassobranche wird nie aus eigenen Stücken von ihrer ‹erfolgreichen› Praxis ablassen. Das kann nur über gesetzliche Vorgaben funktionieren.»
Fordert das Inkassobüro einen Verzugsschaden? Beobachter-Abonnenten wehren sich gegen unberechtigte Forderungen mit dem Musterbrief «Bestreitung des Verzugsschadens», der praktisch heruntergeladen und ausgedruckt werden kann.
14 Kommentare
Ich habe von Inkasso arvato Infoscore unglaublich Rechnungen bekommen..eigentlich habe ich die Rechnung bezahlt..kann es nicht beweisen..von 50.45 ab wicklung ging über Klarna Bank..jetzt sollte ich sage schreibe 208.30 bezahlen..unglaublich..können sie mir irgendwie helfen gruß M.Grünenfelder
Hallo Martina, ich bekomme seit über einem Jahr Post von Arvato mit ungerechtfertigten Forderungen. Es wird ständig wieder etwas Neues gefordert und gedroht. Passieren tut nichts. Die Briefe wandern bei mir jedes Mal in den Abfalleimer. Ich empfehle Ihnen, das Gleiche zu tun. Das gleiche Spiel hatte ich bereits einmal mit Debitors Management, nach unzähligen Schreiben von denen war dann (nach etwa 1 Jahr) Schluss, höre nichts mehr. Nicht einschüchtern lassen! LG Karin
Ich erhielt auch einen Brief, von einer unbezahlten Rechnung + div. Gebühren. Zudem schrieben sie das ich ja einen Kontostand von xxx habe. Wie zum Teufel können die meinen Kontostand erfahren???
Bin bei der CS. Das macht mir echt sorgen! Ich glaube nicht, das die CS einfach meinen Kontostand preisgibt oder gibt es wirklich kein Bankgeheimnis mehr?
Diese Firma heisst nicht Arvato, sondern nur Infoscore. Infoscore kauft uralte Adresse, mischen diese Adressen mit Rechnungen von Dritten und tauscht die Kundennummer beim Gläubiger aus. Aktueller Fall Ende März 2023
richtige Mafia methoden.
!!! Betrug!!! Arvato Infoscore aus Schlieren hat mich am 30.03.23 angeschrieben. Eine Mahnung bekam ich nicht, sie meinten ich sei umgezogen und die Mahnung kam zurück. Deshalb bekam ich nur eine Forderung den Ausstand zu begleichen. Ich wohne übrigends seit 16 Jahren an der selben Adresse. Auf der Forderung stand nur ein Betrag und das es angeblich von Amazon aus Verl kommt und darunter Stand eine Kundennummer die ich bei Amazon aus Verl habe. Nach Rücksprache von Amazon gibt es die Kundennummer garn nicht und es gibt auch keinen offenen Betrag mehr. Alle Rechnungen werden sofort von meiner Kreditkarte bezahlt. Nach telefonischer Rückfrage bei arvato Infoscore aus Schlieren soll es um ein Headset gehten das ich im Dezember bei Amazon gekauft habe. Ich habe aber niemals ein Headset bestellt und auch keine andere Bestellung im Dezember bei Amazon durchgeführt. Die Fallbearbeiterin von arvato Infoscore schickt mir jetzt die Rechnung von Amazon zu. Solch eine Rechnung gibt es nicht, sofern sie mir eine zuschicken, ist diese Rechnung eine Fälschung und das wäre dann Dokumentenfälschung.